Nach der nächsten Sternstunde blieb Leon Draisaitl ganz cool. Mal wieder. Der Eishockey-Nationalspieler von den Edmonton Oilers ist nicht gerade als Lautsprecher bekannt, erst recht nicht, wenn es um seine eigenen Heldentaten geht. Die Lobeshymnen übernehmen traditionell andere.
"Leon spielt wie von einem anderen Stern. Ich weiß nicht, ob irgendjemand davon überrascht ist. Ich bin es nicht. Er ist an so vielen Abenden der beste Spieler der Welt und zeigt genau das regelmäßig", schwärmte diesmal Draisaitls kongenialer Teamkollege Connor McDavid, von Experten selbst als der derzeit wohl kompletteste Eishockeyspieler des Planeten eingeschätzt.
Nach dem 5:1 im zweiten Spiel des Play-off-Viertelfinals bei den Vegas Golden Knights war aber (mal wieder) Draisaitl das Thema. In der Nacht zu Sonntag führte der gebürtige Kölner sein Team mit einem Doppelpack zum 1:1-Ausgleich in der Best-of-seven-Serie und beeindruckte selbst den Gegner: Vegas benannte die Oilers nach Draisaitls 1:0 in der 3. Minute auf Twitter kurzerhand in "The Leon Draisaitlers" um.
Im ersten Spiel hatte der Ausnahmespieler gar vierfach getroffen, die 4:6-Niederlage damit aber nicht verhindern können. In acht Play-off-Partien hat der Superstar - ja, das ist er in den USA - nun 13 Tore erzielt. So schnell gelang dies in der mehr als hundertjährigen NHL-Geschichte noch niemandem. Der 27-Jährige ist auf dem besten Weg, in die Riege der ganz Großen der NHL aufzusteigen: Wayne Gretzky, Spitzname "The Great One" und Klubikone bei den Oilers, sagte jüngst, er sei "verzückt" von Draisaitls Spiel.
Gedanke an den Stanley Cup treibt Leon Draisaitl an
Was fehlt, ist der Titel. Der Gedanke an den Stanley Cup treibt Draisaitl an - und ist das Thema, um das es bei seinen Antworten in diesen Wochen immer wieder geht. Dass für ihn nun der NHL-Rekord von 19 Toren in einer Postseason, aufgestellt von Reggie Leach und Jari Kurri vor fast 50 Jahren, in Reichweite ist? Nebensache.
"Wir bereiten uns einfach auf das nächste Spiel vor. Ich denke, es ist ein Klischee, und jeder wird es sagen, aber so ist es nun mal. Das ist die Art, wie wir arbeiten", sagte Draisaitl. Spiel drei findet am Dienstag (2.30 Uhr MESZ/Sky) in Edmonton statt.
Dann will auch Gretzky auf der Tribüne sitzen. Die NHL-Legende gab laut Süddeutscher Zeitung zuletzt den Tipp ab, Draisaitl werde 50 Treffer in den Play-offs erzielen.
Selbst bei der aktuellen Quote des Stürmers eine wohl kaum zu erreichende Marke, doch der überirdische Glaube an Draisaitl zeugt von dessen immenser Stärke. Die nächste Sternstunde dürfte wohl nur eine Frage der Zeit sein.