Federer und die magische 20: "Ein Sieg wäre enorm speziell"

Von Ulrike Weinrich
Roger Federer peilt die Titelverteidigung bei den Australian Open an
© getty

Roger Federer kann am Sonntag erneut Geschichte schreiben. Mit einem Sieg im Finale der Australian Open gegen Marin Cilic (9.30 Uhr im LIVETICKER) würde der Superstar seinen 20. Grand-Slam-Titel holen. Den Kroaten traf Federer vor rund zwei Wochen zufällig im Urlaub auf den Malediven.

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Von Ulrike Weinrich aus Melbourne

Vor dem langen Gang durch den "Walk of Champions" bis auf den Centre Court der Rod Laver Arena werden Roger Federer am Sonntagabend Ortszeit wahrscheinlich noch einmal Urlaubsgefühle der besonderen Art überkommen. Zumindest, wenn er vor dem Finale (19.30 Uhr Ortszeit/9.30 MEZ) in Richtung seines kroatischen Gegners blickt. Es ist erst rund zwei Monaten her, da verbrachte Marin Cilic mit seiner Verlobten Kristina Milkovic entspannte Tage auf den Malediven.

Ebenfalls auf der malerischen Insel im Indischen Ozean zu Gast: Federer - samt seiner Großfamilie. "Zunächst wollten wir uns gegenseitig nicht stören. Dann schickte Marin nach zwei Tagen ein SMS und meinte, wir könnten uns ja mal treffen", berichtete der Maestro: "Ich schrieb zurück, sicher, lass' mich wissen, wenn du Bälle schlagen möchtest. Ich wollte gerne meinen Spiel-Rhythmus ein wenig behalten."

Treff auf den Malediven - Urlauber-Tennis und Kuchen

Federer und Cilic spielten also zweimal 45 Minuten. Ganz entspannt, wie Urlauber eben - ohne Coaches, ohne Druck. "Das war lustig", befand der Schweizer. Auch außerhalb des Platzes trafen sich die Familien. "Wir nahmen ein paar Drinks zusammen, und ich lernte Marins Verlobte kennen." Man aß Kuchen, lachte und hatte Spaß zusammen: "So habe ich den Mensch hinter dem Spieler ein wenig besser kennengelernt", erzählte Titelverteidiger Federer nach seinem Finaleinzug beim Happy Slam.

Der Überraschungs-Semifinalist Hyeon Chung hatte die Partie beim Stand von 6:1, 5:2 für den 19-maligen Major-Rekordchampion wegen einer riesigen Blase unter dem Fuß aufgeben müssen. Der Südkoreaner hatte zuvor unter anderem den an Position vier gesetzte Alexander Zverev (Hamburg) und Rekordsieger Novak Djokovic aus Serbien ausgeschaltet.

Die "unvorstellbare" 20 als magische Zahl im Briefkopf

Damit erreichte Federer zum sechsten Mal in seiner beispiellosen Karriere ohne Satzverlust ein Grand-Slam-Endspiel. "Die Dinge müssen okay laufen, wenn ich in dieser Phase des Turniers noch keinen Satz verloren habe", meinte der Weltranglistenzweite vor dem letzten Akt seiner "Mission 20": "Bis jetzt läuft alles wunderbar. Ich hoffe, ich habe noch ein gutes Match in mir."

Wenn das so ist, dann steht die magische Zahl bald im ohnehin schon proppevollen Briefkopf von Roger Federer. Und das 15 Jahre nach seinem ersten Major-Erfolg - damals in Wimbledon. "Ich habe nie gedacht, dass es mal 20 werden könnten", meinte der 36-Jährige, "das ist eine unvorstellbare Zahl. Sie erscheint jetzt gerade nah, aber doch noch weit weg, weil ja noch ein Match gespielt werden muss." Und das gegen die Urlaubsbegegnung vom letzten November.

Federer 2014 in Flushing Meadows von Cilic "zerstört"

Bereits bei seinem vorerst letzten Grand-Slam-Coup im Juli 2017 in Wimbledon war der 1,98 Meter große Cilic der Finalkontrahent von Federer. Damals litt der Kroate unter einer Blase am Fuß und spielte unter Tränen zuende. Der "FedExpress" triumphierte damit im Rasen-Mekka zum achten Mal - und holte sich zum zweiten Mal nach den Australian Open 2007 eine Major-Trophäe mit einer makellosen Bilanz von 21:0 Sätzen.

Acht von neun Duellen mit der aktuellen Nummer sechs der Welt hat Federer gewonnen, doch die eine Niederlage ist ihm noch in schlechter Erinnerung. Im Halbfinale der US Open 2014 "zerstörte" Cilic ihn beim 3:6, 4:6, 4:6 regelrecht, wie der Schweizer es in Melbourne nannte. "Marin hat die Power und den Glauben, um große Titel gewinnen zu können. Er geht nicht nur auf den Platz, um dabei zu sein", sagte Federer über den 29-Jährigen mit Wohnsitz Monte Carlo.

"Keine Revanche" - aber "Chila" will trotzdem gewinnen

Cilic, von seinen Freunden nur "Chila" genannt und seit seinem New-York-Streich vor dreieinhalb Jahren ein Volksheld, denkt mit gemischten Gefühlen an die bislang letzte Begegnung mit dem wohl bekanntesten Eidgenossen auf Grand-Slam-Ebene zurück. "Auf der einen Seite war das Finale von Wimbledon natürlich ein tolles Erlebnis, auf der anderen Seite auch wieder nicht", erklärte er. Trotzdem sehe er das anstehende Duell mit Federer "nicht als Revanche".

Cilic hat auf dem Weg in sein drittes ganz großes Endspiel insgesamt 6:13 Stunden länger auf dem Court gestanden als sein sieben Jahre älterer Sonntags-Gegner. Im Halbfinale hatte er dem Briten Kyle Edmund beim 6:2, 7:6 (7:4), 6:2 aber wenig Chancen gelassen. "Urlaubsbekanntschaft" Federer jedenfalls glaubt, das Erfolgsgeheimnis von "Fedlic" beim Happy Slam 2018 zu kennen. "Das gemeinsame Training in den Tropen hat uns hier ins Finale geholfen", meinte er - und schmunzelte.