Von Jens Huiber aus Paris
Wenn sich junge Tennistalente fragen, an wem sie sich in puncto Einstellung ein Beispiel nehmen könnten, dann sollte ganz oben auf der Liste der Name Simona Halep stehen. Montagfrüh etwa, vor ihrem Match gegen Carla Suarez Navarro, war die Rumänin mit ihrem Coach Darren Cahill um gleich 20 Minuten zu früh auf den Court Philippe Chatrier gekommen, hatte sich selbständig und tatsächlich auch vollumfänglich aufgewärmt, hernach höchst konzentriert mit Cahill ihre Einheit abgespult. Die Spanierin? Eher weniger. Kein Aufwärmen, gleich volles Tempo von der Grundlinie.
Hier gleich einen causalen Zusammenhang zum 1:6 und 1:6 aus Sicht von Suarez Navarro ausmachen zu wollen, wäre indes grob fahrlässig. Das erste Match auf Chatrier am Montag war deutlich enger, als das Ergebnis suggeriert nicht das Bild jener Partie, in der die Spanierin in den meisten Ballwechseln ebenbürtig war. Wo allerdings in der Regel Simona Halep immer näher an die Grundlinie gerückt ist, ihre gesamten 1,68 Meter Körpergröße in ihre Schläge gelegt hat. Mithin so beeindruckend, dass sich Coach Cahill zu stehenden Ovationen genötigt sah.
Nicht nur Defensive
Elina Svitolina andererseits ist auf dem Boden gewesen zu Beginn des dritten Satzes gegen die Kroatin Petra Martic im Suzanne Lenglen, eine der Physiotherapeutinnen des Turniers musste Hand an den Rücken der Ukrainerin legen. 2:5 nicht viel später der Zwischenstand, der die Wettquoten auf einen Viertelfinal-Einzug von Svitolina hat rapide sinken (oder steigen, je nach Blickwinkel) lassen. Fünf Spielgewinne in Folge später hatte die Führende in der WTA-Jahreswertung eine bemerkenswerte Wende vollendet, erstmals einen Platz unter den besten Acht in einem Major gebucht.
Angelique Kerber hat vor wenigen Woche in Stuttgart die Defensivkünste Elina Svitolinas gerühmt, in Wahrheit ist die 22-Jährige durchaus in der Lage, auch Tempo zu machen. Svitolina und Halep haben sich erst kürzlich getroffen, im Finale von Rom, der schlussendliche Drei-Satz-Erfolg der Ukrainerin war auch dem Umstand geschuldet, dass Halep zu Beginn des zweiten Durchgangs umgeknickt war. Indes: Der Triumph von Rom war bereits der vierte von Svitolina in der laufenden Kampagne, davor war sie in Istanbul, Dubai und Taipeh City erfolgreich gewesen.
Im internen Vergleich der beiden Titelaspiranten steht es 1:1, Haleps Sieg in Sofia reicht allerdings schon vier Jahre zurück. Die 25-jährige Rumänin darf dennoch als leichte Favoritin gelten, zumal sie den Vorteil genießt, sich in Paris schon auf eine Finalerfahrung berufen zu dürfen: 2014 war das, als Simona Halep im Endspiel Maria Sharapova in drei Sätzen unterlegen war.
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