tennisnet: Frau Rittner, die Niederlage von Angelique Kerber in der ersten US Open-Runde wirkt wie ein dramatischer Höhepunkt dieser Saisonkrise. Wie erklären Sie sich das neuerliche Scheitern?
Barbara Rittner: Sie hat nicht das nötige Selbstvertrauen und die Sicherheit gehabt, die du auf diesem Niveau brauchst. Es war schnell zu sehen, dass sie die innere Handbremse nicht lösen konnte. Sie hat sich sehr bemüht, hat vieles versucht. Die Körpersprache war viel besser als in den letzten Monaten. Der Mut hat ihr gefehlt.
tennisnet: Über den Tag hinaus: Wo sehen Sie die Ursache für die vielen Niederlagen der Saison, den Sturz auch von Platz 1 in der Rangliste?
Rittner: Ich meine, dass sich Angie vielleicht zu wenig Zeit genommen hat, sich letztes Jahr von den Strapazen der wahnsinnig erfolgreichen, aber eben auch körperlich auszehrenden Saison zu erholen. Deshalb hat es ihr später oft an der nötigen Frische gemangelt. Sie wollte immer, auch mit aller Gewalt, aber sie stieß dann an Grenzen. Sie hat diese Probleme bekommen, weil sie es besonders gut in der Vorbereitung auf diese Saison machen und sich nur keine Blöße geben wollte. Angie ist halt auch ein sehr ehrgeiziger Mensch.
tennisnet: Wimbledon, das Duell mit der späteren Siegerin Muguruza, wurde von vielen als Wendepunkt interpretiert - trotz Niederlage. Diese Hoffnung wurde in New York zerstört.
Rittner: Es war für sie nicht leicht in den letzten Monaten. Sie hatte auch Verletzungsprobleme, das war auch ein Hemmnis in den Matches dieses Sommers bis zu den US Open. Allerdings muss man auch sagen, dass ihre Gegnerin Osaka ein echtes Juwel im Frauentennis ist. Von der wird man noch einiges hören. Es ist nicht so, dass Angie gegen Laufkundschaft verloren hat.
tennisnet: Kommt sie aus dieser schwierigen Situation wieder heraus?
Rittner: Zunächst muss man mal festhalten: Sie muss sich und anderen eigentlich gar nichts mehr beweisen, denn was sie alles in den letzten Jahren geschafft hat, ist einfach nur überragend. Sie hat dem deutschen Tennis wieder Bedeutung und Geltung verschafft, als Nummer 1 und zweimalige Grand Slam-Siegerin. Deshalb fand ich es teilweise auch ungeheuerlich, wie hart sie angegangen wurde in letzter Zeit. Ich bin überzeugt, dass sie 2018 stark zurückkommen kann. Ich wünsche ihr, dass sie nach den letzten Turnieren in Asien dann mal richtig Ferien macht. Und Tennis einfach vergessen kann, sich Zeit zur Regeneration nimmt. Wir brauchen eine frische, ausgeruhte Angelique Kerber auch für das Fed-Cup-Team.