Angelique Kerber: Das "komische" Spiel als Weckruf

Von Jörg Allmeroth
Angelique Kerber, US Open
© getty

Angelique Kerber spielte gut, vergab dann zwei Matchbälle, verlor ihre Linie - und kämpfte sich dennoch in die dritte Runde der US Open. Vielleicht ist der Zittersieg ein gutes Omen...

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Auf der Tribüne des Arthur Ashe-Stadions blies Wim Fissette erst mal ganz dick die Backen auf - und dann erleichtert die Luft aus. Auch an dem gewöhnlich ruhigen, gelassenen Belgier war der US Open-Nerventhriller nicht ganz spurlos vorüber gegangen, das kleine Drei-Satz-Drama mit seiner Chefin, der Wimbledonsiegerin Angelique Kerber.

Haushoch mit 6:2 und 5:2 geführt, zwei Matchbälle versiebt, dann schwer eingebrochen und gerade so über die Ziellinie gerettet: Das Kerber-Zitterspiel in der zweiten Runde gegen die Schwedin Johanna Larsson, der 6:2, 5:7, 6:4-Sieg in einer wahren Achterbahnfahrt - das war nichts für schwache Nerven oder Herzkranke.

Auch vor dem Wimbledon-Triumph gab es das "komische Spiel"

"Irgendwie habe ich immer so ein komisches Spiel drin bei Grand Slams", sagte Kerber hinterher. Und tatsächlich: Erst kürzlich bei ihrem größten Karrieretriumph auf den grünen Tennisfeldern des All England Club im Südwesten Londons war es im Zweitrunden-Duell mit der jungen Amerikanerin Claire Liu extrem holprig zugegangen, damals musste Kerber sogar ein 0:1-Satzdefizit ausbügeln.

In Wimbledon hatten sich Kerber und Übungsleiter Fissette nach jener trüben Vorstellung hingesetzt und harte Manöverkritik betrieben - unter der klaren Prämisse: Nur mit mehr Mut, Courage und Aggressivität ist ein Siegeslauf möglich, ein Titelgewinn sogar. Viel anders dürfte die Devise auch jetzt nicht lauten: Denn gegen die aufmüpfige Schwedin verfiel Kerber zwischenzeitlich in alte Verhaltensmuster, spielte zu passiv, verhalten und ängstlich.

Kerber: "Ich habe ihr das Heft des Handelns überlassen"

Sie überließ ihrer Gegnerin komplett die Regie, wirkte nur noch wie die Nebendarstellerin auf der großen Bühne. "Ich habe mich praktisch zurückgezogen im Spiel. Und das Heft des Handelns ihr überlassen", sagte Kerber später selbstkritisch, "das darf und soll sich nicht wiederholen."

Schon gar nicht in der dritten Runde gegen den slowakischen Temperamentbolzen, die unberechenbare Dominika Cibulkova. Gegen die drahtige Kleine dürfte es hitzig zugehen. Und "ziemlich laut", wie Kerber sagte: "Sie pusht sich schon außergewöhnlich auf dem Platz. Da muss man hart dagegen halten."

Umdenken gegen Cibulkova - "Ich muss da aggressiver spielen"

7:5 führt Kerber im direkten Vergleich, die schwerste Niederlage gegen das 29-jährige Energiebündel erlebte sie vor knapp zwei Jahren, im Endspiel der WTA-WM in Singapur. Aber vor Wimbledon, beim Turnier in Eastbourne, hatte Kerber in dieser Saison das letzte Wort, gewann sicher 6:3 und 6:3.

"Es wird eins dieser Spiele, für die du hart trainierst und arbeitest. Ich muss da wieder aggressiver spielen, die Initiative ergreifen", sagt Kerber.

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