Von Jens Huiber aus New York City
Ach, ja: Eines wollte Anastasija Sevastova dann doch noch loswerden während ihrer Pressekonferenz nach dem Viertelfinal-Sieg gegen Sloane Stephens. Sie habe ja eigentlich zwei Coaches, nicht nur Ronald Schmidt. Sondern auch Marco Mirnegg, dessen Aufschläge beim Aufwärmen exakt jene der geschlagenen Titelverteidigerin simuliert hätten. Um die 200 in der Weltrangliste hätte Mirnegg gestanden. Nur, falls Ihr das nicht auf dem Zettel gehabt habt, liebe Vertreter der New York Times, Daily News, etc.
Platz 204 weist die ATP-Statistik für den gebürtigen Linzer aus. Anastasija Sevastova wird ab Montag mindestens auf Position 17 der Weltrangliste stehen, bei einem Erfolg gegen Serena Williams ihr Karriere-Hoch von 15 einstellen.
Wie das funktionieren soll? "Mit Stopps vielleicht."
Mit Drop Shots Stephens müde gespielt
Was Sevastova eher halb im Scherz gesagt hat. Der Dropshot gehört natürlich zu ihren besten Waffen, Sloane Stephens hat sie aber auch mit ihrem soliden Grundlinienspiel immer näher an den Rand der körperlichen Erschöpfung gebracht. Gegen Serena wird dies schwieriger werden, schließlich wird erst abends gespielt. Dazu soll es ab Donnerstag in New York abkühlen.
Cool war im Match gegen Stephens vor allem aber auch Coach Schmidt. Der Steirer ging mit Thomas Muster in dessen zweiter Karriere-Stufe als Trainer auf die Ochsentour durch die unteren Tennis-Etagen, hat seine Lebensgefährtin Sevastova davon überzeugt, trotz einiger Verletzungen wieder auf die Tour zurückzukehren.
Schmidt überredet Sevastova zu Comeback
Schmidt war in der Hitze des Gefechts die Ruhe selbst, Anastasija Sevastova nicht so sehr. Wie üblich meldete die 28-Jährige nach jedem abgegeben Punkt dringenden Redebedarf an, Schmidt reagierte mit buddhistischer Gelassenheit. Erst nach dem Matchball griff er sich ungläubig an den Kopf, feierte in der Box mit Marco Mirnegg, während sich im Arthur Ashe Stadium ungläubiges Schweigen breit machte.
Gegen Serena Williams hat Sevastova noch nie gespielt, die Stopps wären in der Tat eine Überlegung wert. Die Schnelligkeit der 23-fachen Major-Siegerin wird allerdings gerne unterschätzt, ebenso wie die Antizipationsfähigkeit Serenas. Gegen Karolina Pliskova gelang nicht alles perfekt, aber gut genug.
Serena verlor die letzten beiden US-Open-Halbfinals
Anastasija Sevastova hat andere Qualitäten als die Tschechin, in erster Linie eine Beinarbeit, die tatsächlich Weltklasse suggeriert. Und Ronnie Schmidt in der Box. Der wird sicherlich nicht darauf vergessen, seinem Schützling die jüngere Halbfinal-Geschichte von Serena Williams zu erzählen. Die besteht nämlich aus zwei Niederlagen in Folge: 2016 gegen Pliskova, im Jahr davor gegen Roberta Vinci.