Es sollte der größte Erfolg in seiner jungen Karriere werden - und es wurde der schwärzeste Tag seines Lebens. Thomas Muster, 22 Jahre alt, hatte mit seinem Comeback-Sieg im Halbfinale nach 0:2-Satzrückstand gegen Yannick Noah das Endspiel des Turniers von Key Biscayne erreicht und somit ein Aufeinandertreffen mit Ivan Lendl.
Doch dazu soll es nicht kommen: Muster wird am Halbfinal-Abend auf dem Weg in die Stadt von einem betrunkenen Autofahrer umgefahren. Musters vorschnelle Selbst-Diagnose und Entwarnung in Richtung seines geschockten Coachs Ronnie Leitgab - leider falsch. Kreuz- und Seitenband-Riss im linken Knie lautet das Urteil, die Karriere hängt am seidenen Faden.
Auf dem Weg zum Comeback entsteht eines der vielleicht bekanntesten Sportlerfotos überhaupt: Muster, gefesselt an eine Holzbank mit einer Stütze für das Bein - auf dem Tennisplatz. Aggressionsbewältigung, wie er es später nannte.
Comeback gegen Lendl, Wiedergutmachung gegen Bruguera
Im Spätjahr kehrt Muster zurück, zunächst in einem Schaukampf gegen seinen eigentlichen Miami-Gegner Ivan Lendl, dann richtig. Zu Beginn der Saison 1990 folgt der siebte Karrieretitel, insgesamt 44 stehen bei Muster letztlich auf dem Erfolgszettel, unter anderem der größte, der bei den French Open 1995.
Vor allem aber der letzte Titel sollte für Muster einen Kreis schließen - der in Key Biscayne im Jahr 1997, acht Jahre nach dem Unfall. Muster besiegt auf dem Weg ins Endspiel Grant Stafford, Tommy Haas, Alex Corretja, Jonas Björkman und Jim Courier; im Finale trifft er auf seinen langjährigen Konkurrenten um die Titel auf Sand, Sergi Bruguera, dem er beim 7:6 (6), 6:3, 6:1 letztlich keine Chance lässt. "Es ist sehr emotional für mich, wenn ich daran denke, was vor acht Jahren geschehen ist", bewertet Muster seinen Sieg, der gleichzeitig sein letzter Titel auf der Tour ist.
Der Sieg in Miami - gleichzeitig der letzte Auftritt des Österreichers in Key Biscayne. 1998 und 1999 tritt er in Florida nicht mehr an, auch nicht in seinen Comeback-Jahren 2010 und 2011.