Der präzisen Vorhand seines Gegners knapp vor die Linie konnte Philipp Kohlschreiber nur machtlos hinterherschauen, dann musste er auch schon ans Netz, um Horacio Zeballos zu gratulieren. Als Titelverteidiger beim ATP-Turnier in München war für den Augsburger diesmal im Achtelfinale Schluss, 6:7 (5:7), 4:6 unterlag er seinem argentinischen Kontrahenten. "So ist es: Wenn man Mann gegen Mann da drin steht, kriegt man mal eine mit", sagte er - und wirkte dabei doch einigermaßen ratlos.
Viermal hatte Kohlschreiber, derzeit die Nummer 39 der Weltrangliste, gegen den momentan 24 Positionen tiefer eingestuften Zeballos bereits gespielt - und jedes Mal gewonnen. Dieses Mal aber kam er mit dem ein Jahr jüngeren Gegner nicht zurecht, vor allem, weil dieser immerhin 77 Prozent seiner Aufschläge ins Feld brachte und Kohlschreiber gut, aber nicht sehr gut retournierte. "Meine Returns, das war zu dünn", sagte er und meinte damit vor allem die Qualität seiner Schläge: "Ich war immer ein bisschen zu spät dran."
Zverev chancenlos, Monfils und Fognini raus
Nach 1:38 Stunden und dem zweiten Matchball war damit Schluss, was den 33 Jahre alten Kohlschreiber zu der Erkenntnis brachte, dass dieses Jahr irgendwie ein wenig eigenartig für ihn verläuft. Vom "spielerischen Niveau" her sei er mit sich bislang ja "zufrieden", betonte der dreimalige Gewinner der BMW Open, doch "punktemäßig ist es schlechter als letztes Jahr". Und das, räumte er ein, "macht ein bisschen nachdenklich". Weniger Punkte heißt: schlechtere Platzierung auf der Weltrangliste, heißt stärkere Gegner zu Beginn großer Turniere.
Der an Nummer fünf gesetzte Kohlschreiber war am vierten Tag der BMW Open nicht der einzige Spitzenspieler, der vorzeitig scheiterte. Am Nachmittag verlor der an Nummer sechs gesetzte Mischa Zverev (Hamburg) in nur 49 Minuten mit 2:6, 1:6 gegen Martin Klizan (Slowakei), der an Nummer eins gesetzte Franzose Gael Monfils unterlag nach sechswöchiger Verletzungspause in seinem Auftaktmatch gegen den Südkoreaner Heyon Chung mit 2:6, 4:6. Zuvor war der an Nummer vier gesetzte Italiener Fabio Fognini mit 3:6, 2:6 gegen den Argentinier Guido Pella ausgeschieden.
Keinen Plan B
Kohlschreiber war ob seines frühen Scheiterns derart überrascht, dass er erst mal keinen Plan B bereit hatte. "Ich habe schon geplant, länger dabei zu sein", sagte er. Deshalb war auch kein Start ab Sonntag in Madrid vorgesehen: "Da wollte ich eigentlich nicht spielen, jetzt muss ich mal überlegen". Eine Woche später in Rom will er auf jeden Fall dabei sein, selbstverständlich auch bei den French Open (ab 28. Mai), vor denen ihm aber etwas mulmig ist. Er wird, siehe wenig Punkte, wohl nicht gesetzt sein, es droht ein starker Auftaktgegner.
Im Viertelfinale von München stehen am Freitag noch drei von zehn gestarteten deutschen Spielern: Dabei kommt es zum Duell zwischen Alexander Zverev (Hamburg) und Jan-Lennard Struff (Warstein), Qualifikant Yannick Hanfmann (Karlsruhe) trifft auf den an Nummer zwei gesetzten Spanier Roberto Bautista Agut. Ein Deutscher erreicht damit sicher im Halbfinale.
Das ATP-Turnier in München im Überblick