Angelique Kerber stapfte völlig frustriert vom Platz, wenig später schlich Alexander Zverev ermattet aus dem Stadion: Innerhalb von 20 Minuten endeten die Hoffnungen der deutschen Tennisstars in der zweiten Runde des Hartplatz-Turniers in Cincinnati. Die verpatzte Generalprobe vor den US Open in New York (ab 28. August) störte die Kielerin allerdings sichtlich mehr als den zuletzt erfolgsverwöhnten Youngster.
Beim Handschlag würdigte Kerber ihre Gegnerin Ekaterina Makarova keines Blickes. 2:40 Stunden hatte sie sich gegen die Niederlage gestemmt, sieben Matchbälle abgewehrt und doch verloren. Nach dem 4:6, 6:1, 6:7 (11:13) gegen die von Krämpfen geplagte Russin fiel es Kerber schwer, mit dem nächsten Rückschlag fertig zu werden. Das Match sei ein einziges "Auf und Ab" gewesen, sagte sie, vor allem im dritten Satz: "Sie hatte Chancen, ich hatte welche. Am Ende hat ein Punkt entschieden."
"Noch nie so gut gefühlt"
Mit nur einem Sieg auf Hardcourt, einem schmerzenden Ellbogen und ohne Selbstvertrauen reist Kerber nach Flushing Meadows, wo sie im vergangenen Jahr Platz eins der Weltrangliste und ihren zweiten Grand-Slam-Titel erobert hatte. Die Zweifel an der Wende zum Guten standen ihr in Cincinnati ins Gesicht geschrieben.
Wie Zuversicht in der Niederlage aussieht und sich anhört, zeigte Zverev, der seinen Bezwinger Frances Tiafoe (USA) nach dem 6:4, 3:6, 4:6 am Netz in den Arm nahm. Das frühe Aus nach seinen Triumphen in Washington D.C. und beim Masters in Montréal hakte der 20-Jährige schnell ab und richtete den Blick nach vorne. Nach den Erfolgen der vergangenen zwei Wochen spüre er viel Vertrauen in sein Spiel, sagte Zverev: "Ich habe mich vor einem Grand Slam wahrscheinlich noch nie so gut gefühlt."
Bis zum Turnierstart in New York kann der gebürtige Hamburger die Kraft sammeln, die er für die anstrengenden Major-Matches über drei Gewinnsätze braucht. Zverev ist sich durchaus bewusst, dass er im Big Apple um den Titel mitspielen kann, zumal einige der etablierten Stars verletzt fehlen. Die Vorjahresfinalisten Novak Djokovic und Stan Wawrinka haben ihre Saison bereits beendet - ebenso Kei Nishikori. Marin Cilic und Milos Raonic sind angeschlagen, und auch Roger Federer plagen seit Montréal Rückenprobleme.
Kleiner Favoritenkreis
Dennoch zählt Zverev den Schweizer, den er im Finale von Montréal bezwingen konnte, zu den Top-Favoriten in New York. "Roger und Rafa (Nadal, d. Red.) sind die Stärksten", sagte er: "Dahinter kommen einige Jungs, und ich denke, zu dieser Gruppe gehöre ich auch."
Eine Gruppe, in die Angelique Kerber eingeordnet werden kann, gibt es derzeit nicht. In Wimbledon hatte sie sich nach ihrer couragierten Vorstellung gegen die spätere Siegerin Garbine Muguruza "auf einem guten Weg" gewähnt. Zwei Turniere später ist die Krise zurück - und der Absturz im Ranking kaum noch zu vermeiden.
SID cp ma