tennisnet: Wenn man Ihnen beim Training zusieht, merkt man: Sie sind richtig heiß auf Tennis. Ist dies bei Ihnen ein Dauerzustand?
Matthias Bachinger: Nein, das ist sicher nicht immer so. Aber im Moment stimmt es. 2017 war nicht einfach, vor allem die ersten sechs Monate. Ich war verletzt, bin zurückgefallen auf 500. Es war eine ganz neue Situation für mich. Ich musste mich mit Challenger-Qualis rumärgern, mich zurück kämpfen. Habe auf Futures gespielt. Und im Mai habe ich mich dann schon gefragt: will ich das jetzt so beenden - oder doch noch einmal Gas geben?
tennisnet: Ganz offensichtlich haben Sie sich für das Gasgeben entschieden.
Bachinger: Genau. Ich habe mir gesagt: Du gibst jetzt noch einmal alles für den Sport - und dann schaust Du einfach, wie es geht. Und seit Juni, Juli läuft es wieder sehr, sehr gut. Ich habe mich auf Platz 180 verbessert, da ist natürlich noch Luft nach oben, aber wenn mir das jemand vor Beginn des Jahres gesagt hätte, hätte ich sofort unterschrieben. Mein Ziel war die Quali für die Australian Open, das habe ich relativ easy geschafft - und jetzt bin ich heiß auf mehr.
tennisnet: Sie wirken sehr fit.
Bachinger: Ja! Ich bin endlich wieder gesund, kann mit Freude auf den Platz gehen. Klar, ein paar kleine Wehwehchen hat man immer. Aber mit meinen großen Baustellen, den Knien, habe ich keine Probleme. Jetzt wird der Angriff auf die Top 100 kommen. Ich werde alles reinlegen, bin dafür mental und körperlich bereit, am Ende weiß man halt nie, was dabei rauskommt. Und mit dem Alter wird man ja auch weiser.
tennisnet: Und erfahrener. Sie haben schon mehrmals erfolgreich die Qualifikation für ein Major geschafft. Hilft Ihnen das in Hinblick auf Australien?
Bachinger: Ja, klar. Es kommen zwar viele Junge nach, die unglaubliches Tennis spielen, aber halt noch nicht so viel Erfahrung haben wie ich. Ich bin jetzt zwar erst 30 Jahre alt, aber halt schon zehn Jahre dabei. Ich gehe gelassener in die Turniere, ich versuche alles, aber man sollte es nicht erzwingen wollen. Zu viel Druck geht oft in die Hose. Das ist meine Erfahrung. Für mich ist es wichtig, mit Gelassenheit und Spaß auf den Platz zu gehen. Wenn man Angst hat, verspannt auf den Platz geht, dann kann man kein gutes Tennis spielen.
"Félix zweifelt nicht"
tennisnet: Leichter gesagt als getan.
Bachinger: Nein, nein. Jetzt etwa in Australien spielen zu dürfen, das ist ein Privileg. So versuche ich, in die Sache reinzugehen. Das funktioniert natürlich nicht immer. Aber wenn ich professionell arbeite, gelassen bleibe, werde ich auch erfolgreich sein.
tennisnet: Zur Professionalität gehört auch, am Material zu arbeiten. Wie viel haben Sie denn in der Offseason experimentiert?
Bachinger: In der Vorbereitung experimentiere ich schon ein bisschen, weil ich einen sehr schweren Schläger spiele und versuche, da ein wenig runterzugehen. Nicht nur kopfschwer, sondern generell schwer. Aber bis jetzt hat es noch nie geklappt, da runterzugehen. Ich fühle mich damit wohl, spiele relativ flat, wenig Topspin, deshalb liegt mir der schwere Schläger. Aber ich sage mir dennoch jedes Jahr: komm, geh etwas runter mit dem Gewicht. Man fühlt sich allerdings einfach wohl mit dem Material, mit dem man Erfolg gehabt hat. Ich bin auf Position 80 gekommen, da fällt es im Kopf schwer, etwas zu ändern. Ich habe auch heuer etwas Neues versucht - werde aber auf jeden Fall beim Prestige Pro von HEAD bleiben. Da geht es nur um das Gewicht und die Saite.
tennisnet: Wie schwierig war für Sie der Weg zurück über die Futures?
Bachinger: Zu dem Zeitpunkt war es für mich eigentlich vollkommen egal, welches Turnier ich gespielt habe. Ich war so heiß auf den Wettkampf, wollte einfach rausgehen, um Punkte zu spielen und Turniere zu gewinnen. Und dann waren die beiden Futures, die ich gespielt habe, in Bozen,. das war richtig klein und schnuckelig, und gar nicht schlimm. Zumal ich ein Turnier gewonnen habe. Da habe ich mich durchgebissen, das hat mir gutgetan. Ich würde es nicht noch einmal machen, aber zu jenem Zeitpunkt hat es mir gut getan.
tennisnet: Sie haben die jungen Spieler erwähnt, gegen die Sie ja auch auf der Challenger-Tour gespielt haben. Gibt es da jemanden, der Sie besonders beeindruckt hat?
Bachinger: Zum einen der Maxi Marterer. Da hoffe ich wirklich, dass der jetzt so richtig durchstartet. Unter den Top 100 ist er ja schon. Maxi ist ein guter Kerl, und ich freu mich, wenn er Erfolg hat.
tennisnet: Und international?
Bachinger: Félix Auger-Aliassime. Gegen den habe ich im Herbst in Bratislava gespielt. Da war ich zwar nicht ganz fit, aber trotzdem: Von der Persönlichkeit und von der Athletik her ist der Junge unheimlich weit. Seine Einstellung ist einfach top. Félix zweifelt nicht, wenn er mal Bälle ins Aus schlägt, er jammert nicht rum, wenn er einen Fehler gemacht hat, lässt nicht den Kopf hängen. Den finde ich sehr, sehr gut.
tennisnet: Der Einstieg ins Erwachsenen-Tennis scheint von Jahr zu Jahr schwieriger zu werden ...
Bachinger: Wir haben ja schon vor ein paar Jahren gedacht, dass es für die 17- und 18-Jährigen fast ummöglich ist, unter die Top 50 zu kommen. Jetzt sind mit Shapovalov und Rublev einige sehr Junge dabei, über Sascha Zverev müssen wir natürlich gar nicht reden. Der ist absolute Weltklasse.