Mit Zwillingen kennt sich Roger Federer bestens aus. Er ist stolzer Vater von Zwillingstöchtern, Charlene und Myla, acht Jahre alt. Und auch stolzer Vater von Zwillingssöhnen, Leo und Lenny, drei Jahre alt.
Als nun am Montagabend die große Gala der Sport-Oscars im prunkvollen "Salle des Etoiles" in Monte Carlo vorüber war, die "Laureus World Sports Awards", da war es schon wieder ein Fall für Zwei. Da hatte Federer noch ein Zwillingspärchen hinzubekommen. Der Mann, der im Tennis die Rekorde und Bestleistungen wie nach Belieben pulverisiert, posierte schlussendlich mit gleich zwei Auszeichnungen für die Fotografen und Kameracrews - erst hatte ihm Boris Becker die Trophäe für das Comeback des Jahres 2017 in die Hände gedrückt.
Und später, Höhepunkt und Abschluss der abendlichen Show im Fürstentum, war es die legendäre Martina Navratilova gewesen, die dem Maestro den Laureus als Weltsportler der letzten Saison übergeben hatte. "Du begeisterst Millionen mit Deinem Spiel", sagte Navratilova, "du bist ein wahrer Champion." Und dann umarmten Fürst Albert und Gattin Charlene den Centre Court-König, der auch ein persönlicher Freund der Herrscherfamilie ist. Royals unter sich, irgendwie.
Dank an Nadal
Federer wäre nicht Federer, wenn er in diesem Moment nicht auch an einen Kumpel und Rivalen gedacht hätte, der unzertrennlich mit seiner eigenen Karriere verbunden ist. Auf der Bühne dankte er wie selbstverständlich Rafael Nadal für die gemeinsamen Jahre in der Weltspitze: "Ohne ihn wäre ich nicht der, der ich jetzt bin. Wir haben uns immer gegenseitig zu Höchstleistungen angetrieben." Auch Nadal stand auf der Liste der Nominierten für den Weltsportler-Oscar, genau wie Lewis Hamilton, Mo Farah, Cristiano Ronaldo und Chris Froome, aber an Federers Triumphen und seiner unwiderstehlichen Rückkehr-Kampagne nach sechsmonatiger Verletzungspause kam mal wieder keiner vorbei.
Auch bei den Laureus Awards ist der sympathische Nimmersatt nun einzigartig. Bisher gewannen Usain Bolt und Federer jeweils vier Mal die Wahl zum Weltsportler einer Saison, Federer hat jetzt den fünften Oscar in der Tasche. Und den sechsten, den Comeback Award, noch dazu. "Diese Auszeichnung bedeutet mir unheimlich viel, weil sie von vielen ehemaligen Superstars des Sports kommt", sagt Federer, "im Moment ist alles wie ein Traum für mich. Ein Traum, der gar nicht mehr aufhört."
Tatsächlich hat Federer in den beiden ersten Monaten dieser Saison ja schon wieder Ausrufezeichen gesetzt, die ihn für die nächste Oscar-Auszeichnung erstrangig qualifizieren. In Melbourne verteidigte er im Januar seinen 2017 grandios errungenen Australian-Open-Titel, schraubte seine Siegmarke bei den alles entscheidenden Grand-Slam-Festspielen auf die runde Zahl 20. Und noch vor anderthalb Wochen war in Rotterdam eine der größten, wenn nicht die größte Karriereleistung des Tennis-Ästheten perfekt, der vorerst letzte Sprung auf Platz 1 der Weltrangliste als ältester Spieler der Geschichte, mit 36 Jahren und 195 Tagen.
Alterloser "Maestro"
"Jeder, der weiß, wie viel Arbeit hinter dieser Leistung steht", sagt Federer, "kann sich vorstellen, wie tief meine Freude darüber ist." Dass er den Coup in Rotterdam noch schaffte, den Gipfelsturm, war auch das Glück der Laureus-Leute: Denn damit war Federers höchstpersönliche Anwesenheit in Monte Carlo sicher - und keine weitere Nummer eins-Jagd in dieser Woche bei den Dubai Duty Free Championships.
Federer wirkt alterslos in diesen Tagen, jugendlich frisch kommt er daher, so wie sein aggressiv, dynamisch ummodelliertes Spiel. Man hat den Eindruck, es könne immer und immer weiter gehen für den Schweizer Superstar, diesen Sporthelden der ganzen Welt. Aber Federer ist keiner, der Illusionen anhängt, er ist kein Träumer.
Er weiß, dass er sich auf der Zielgeraden seines Tennislebens befindet. Er spielt ohnehin schon ein stark eingeschränktes Programm, das ihm ermöglicht, die erwünschten Schwerpunkte zu setzen, prioritär bei den Grand Slams. "Es gibt noch keinen Masterplan, wie ich mal aufhören werde", sagt Federer, "ich werde aber merken, wenn es Zeit ist aufzuhören." Im Moment, so Federer, "arbeite ich aber noch so, dass es ohne Beschränkung weitergeht."
Und danach? Angst hat Federer nicht vor der Zeit ohne Profitennis. Im Gegenteil. "Ich werde auch das genießen", sagt er, "und dann sind es andere, die Ansprüche stellen werden und sollen. Meine Frau, meine Kinder. Sie geben dann den Takt vor." Er selbst kann sich durchaus vorstellen, hier und da Schaukämpfe zu spielen, Events zu organisieren. Nur mit der ständigen Herumreiserei, etwa als Trainer, werde es "definitiv vorbei" sein: "Ich habe ja schon lange genug aus dem Koffer gelebt."