Zverev war mit der Gewissheit einer Führung im direkten Vergleich gegen Djokovic ins Spiel gegangen: Im Vorjahr in Rom hatte er den damals strauchelnden Serben im Endspiel bezwungen und sich seinen ersten Masters-Titel geholt. Während der Weltranglisten-Vierte in dieser Beziehung noch zwei Titel draufgelegt hat, muss er auf Sieg Nummer zwei gegen den Djoker warten: Denn nach vielversprechendem Beginn war das Match letztlich eine klare Sache für Djokovic.
"Falscher" Zverev-Doppelfehler sorgt für Vorentscheidung
Zwar war es Zverev, der beim 1:1 und 0:30 als erster Akteur kurz an Breakchancen schnupperte, ab dann jedoch fand Djokovic seinen gewohnten Groove, während Zverev zu schnell ungeduldig wurde.
Bei der Vorentscheidung in Satz eins hatte der 14-fache Major-Champ dennoch Glück: Djokovic kam beim 3:2 zu zwei Breakchancen, dank eines Zverev-Doppelfehlers, der keiner war: Der zweite Aufschlag des Deutschen hatte die T-Linie noch gekratzt, wie das TV-Hawk-Eye zeigte; Zverev jedoch, womöglich irritiert von Djokovics ausgebliebenem Rückschlag, challengte nicht und setzte anschließend eine Vorhand knapp ins Aus. Ein Break mit Folgen: Während Zverev immer mehr Fehler einstreute und plötzlich ungeduldig wirkte, spielte Djokovic nun fast fehlerfrei, mit altbekannter kontrollierter Offensive, und holte sich Satz eins mit Break Nummer zwei.
Zverev war nun genervt, nach dem Djokovic-Break zum 3:1 musste dann auch der Schläger dran glauben.
Der Wutausbruch setzte noch kurzfristig neue Energie beim 21-Jährigen frei, ein 15:30 bei Aufschlag Djokovic war jedoch nicht gut genug. Im Gegenzug gab es an Djokovic nur gar kein Vorbeikommen mehr, das Break zum 5:1 war die logische Folge. Auch wenn Zverev im Anschluss noch drei Matchbälle bei Aufschlag Djokovic abwehren konnte, war das Match nach nur einer Stunde Spielzeit mit Matchball Nummer vier zu Ende.
Die entscheidende Bilanz: Während beide in punkto Gewinnschlägen fast gleichauf lagen (Zverev 7, Djokovic 6), waren 24 unerzwungene Fehler bei Zverev deutlich zu viel - Djokovic unterliefen lediglich 9. Nur 56 Prozent erste Aufschläge (davon nur 53 Prozent erfolgreich, 40 Prozent bei den zweiten) waren ebenfalls zu wenig.
Djokovic neue Nummer 2 der Welt
Djokovic wird dank des Finaleinzugs in der Weltrangliste am kommenden Montag an Roger Federer vorbeiziehen und die neue Nummer zwei stellen, selbst wenn Federer in Shanghai siegen sollte: Denn der Schweizer kann seine 1.000 Punkte vom Vorjahressieg allenfalls verteidigen, Djokovic hat aufgrund seiner Auszeit 2017 durch die Endspielteilnahme bereits ausreichend Punkte hinzugewonnen.
In den kommenden Wochen hat Djokovic zudem gute Chancen, auch an Rafael Nadal vorbeizuziehen und wieder die Weltranglistenspitze zu übernehmen: Sollte er nämlich das Finale gewinnen, läge er nur noch 215 Punkte hinter dem Spanier.
Die Form spricht für den Djoker: Er hat 26 seiner letzten 27 Matches gewonnen - und dabei 17 am Stück. Seit Beginn des Wimbledon-Turniers verlor er einzig in Montréal gegen Stefanos Tsitsipas.