Das Profi-Herrentennis sieht einigen Veränderungen entgegen. Es wirkt ein wenig, als wolle man sich seitens der Verbände auf die kommende Zeit ohne ihrer Top-Stars Roger Federer, Rafael Nadal, Novak Djokovic oder Andy Murray rüsten. Selbstverständlich spielt auch der finanzielle Aspekt hierbei eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Der Davis Cup wird vom internationalen Tennisverband ITF fast bis zur Unkenntlichkeit umgekrempelt, und auch die ATP zieht mit diversen Neuerungen nach.
Die Wiederbelebung eines World-Team-Cup-Formats und die daraus resultierende Umstrukturierung im Australischen Tenniskalender sind nur ein Beispiel. Bereits im November letzten Jahres wurde mit den #NextGen-Finals ein völlig neuer Wettbewerb mit dazugehörigem "Race to Milan" und einschlägigen Marketingkampagnen aus dem Boden gestampft. Was gerne an dieser Stelle vergessen wird, war die damit einhergehende Beerdigung der ATP-Challenger-Tour-Finals.
Ende der Challenger-Tour-Finals
Von 2011 bis 2015 trafen sich alljährlich im brasilianischen Sao Paulo die Jahresbesten des sogenannten "Unterbaus". Die Challenger-Finals waren mit einem Gesamtpreisgeld von 220.000 US-Dollar und 125 Weltranglisten-Punkten für den Turniersieger das mit Abstand bestdotierte Turnier der ATP-Challenger-Tour. Nun wurde diese Veranstaltung, die zugegebenermaßen kaum im Fokus des öffentlichen Interesses stand, mehr oder weniger stillschweigend liquidiert.
Es stand zu befürchten, dass die "zweite Liga des Herrentennis" in Zukunft vielleicht noch stiefmütterlicher behandelt werden würde, als das bereits eh schon der Fall gewesen sein mag. Doch es kam anders. Da viele Spieler der "nächsten Generation" vorrangig auf der Challenger-Tour unterwegs sind, hat die ATP zumindest ihre interne Berichterstattung mit Live-Streams und ausgiebigeren Berichten von den Turnieren abseits der großen Arenen und Plätze intensiviert. So war es absehbar, dass der Reformdrang der Organisation auch nicht vor der Challenger-Tour halt machen wird. Auch hier sind entsprechende Veränderungen für die kommende Saison vorgesehen.
Was passiert mit der Challenger-Tour?
Als vorrangiges Ziel wird dabei ausgegeben, die Aufstiegsmöglichkeiten von einem Level zum nächsten innerhalb der Profi-Tour zu verbessern. Es soll den Spielern ein klarer, eindeutiger und fairer Weg geebnet werden, was gleichwohl bedeutet, dass die Gesamtanzahl von Profis, die in der ATP-Weltrangliste auftauchen, verringert werden soll. Über 2.000 Spieler sind dort im Moment noch gelistet. Durch das Aufheben der Vergabe von Weltranglistenpunkten auf der Mehrzahl der Turniere auf der im nächsten Jahr neu-eingeführten ITF-World-Tennis-Tour kann dies erreicht werden.
Die ATP-Challenger-Tour soll zudem professionalisiert und die Standards auf den Turnieren verbessert werden. Bei circa 180 Turnieren in 40 Ländern stellt dies eine herausfordernde Aufgabe dar.
Das sind die Veränderungen zum Saisonstart 2019 im Einzelnen
- Einführung eines Hauptfeldes mit 48 Spielern. 4 Spieler treten in der Qualifikation an. Die Turniere haben hierbei Plätze für Spieler von der ITF-World-Tennis-Tour zu reservieren. Es besteht auch die Möglichkeit, einen Einzelwettbewerb mit 56 Spielern auszutragen.
- Re-Branding der Turniere analog zum Punktesystem auf der ATP-World-Tour mit fünf Kategorien: Challenger Tour 125, Challenger Tour 110, Challenger Tour 100, Challenger Tour 90, Challenger Tour 80. Die Turniere der höchsten Kategorie vergeben ein Gesamtpreisgeld in Höhe von 137.560 Euro, die der niedrigsten von 46.600 Euro.
- Sämtliche Turniere finden nur noch über 7 Tage von Montag bis Sonntag statt, beginnend mit der Qualifikation am Montag. Der Hauptfeldwettbewerb und die Doppel starten dienstags.
- Alle Turniere müssen "Hospitality", also die Unterkunft, für alle Spieler des Hauptfeldes stellen.
- Jeder Spieler erhält ab der ersten Runde Preisgeld. Schätzungen zufolge werden im kommenden Jahr rund eine Million US-Dollar mehr an Preisgeld ausgeschüttet, ausgehend von der gleichen Anzahl an veranstalteten Turnieren.
- Durch die Sieben-Tage-Regelung entfallen Special Exempts (SE).
- Die allgemeinen Bedingungen auf den Turnieren sollen verbessert werden. Hierfür wird von den Veranstaltern verlangt, mehr Practice-Courts zur Verfügung zu stellen. Auch die Anzahl der von der ATP gestellten Stuhlschiedsrichter soll erhöht werden sowie die medizinische Versorgung verbessert werden. Mehr qualifizierte Physiotherapeuten und ein Turnierarzt sollen während der Turnierwoche den Spielern bereitgestellt werden.
Bei all den angekündigten Veränderungen bleibt eine Konstante jedoch bestehen. Auch die neue Saison wird traditionell mit dem Hartplatz-Event in Nouméa, Neukaledonien eröffnet. Dies hat der erste Teil des neuen Turnierkalenders bereits offenbart. Playford in Australien und das texanische Waco sind die weiteren Austragungsorte in der ersten Woche des Jahres 2019.