In den USA haben sie Angelique Kerber vor einigen Jahren einen anerkennenden Spitznamen verpasst: "Houdini". Der Entfesslungskünstler mit Weltruhm, geboren in Budapest - gestorben in Detroit, war dafür bekannt, sich wie von Wunderhand aus äußerst vertrackten, ja nahezu aussichtslosen Situationen befreien zu können.
Speziell die Amis lieben das. Und Kerber hatte ihnen in einigen Matches der Vergangenheit genau das geboten: Thrill und Nervenkitzel. Das vergessen sie dort nicht. Das große Zittern allerdings möchte die Weltranglistenvierte zumindest in den ersten Runden von "Cincy" gerne vermeiden. Schließlich gilt es für die 30-Jährige, bei ihrer US-Open-Generalprobe in Ohio Selbstvertrauen zu sammeln.
Kerber: "....meinen Rhythmus auf Hartplatz finden"
"Ich weiß, dass ich vor New York noch Matches brauche. Das will ich hier in dieser Woche schaffen: Meinen Rhythmus auf Hartplatz finden", sagte Kerber bei der All-Access-Presserunde. Beste Erinnerungen an das Lindner Family Tennis Center in Mason vor den Toren der großen Stadt hat sie allemal: 2012 und 2016 erreichte die Kielerin jeweils das Finale der Western & Southern Open. Einmal stand Li Na im Weg - und in Kerbers Traumsaison vor zwei Jahren dann Karolina Pliskova.
Beim Coupe Rogers in der vergangenen Woche in Montreal gelang der Linkshänderin der perfekte "Umschwung" von Rasen auf ihren zweiten Lieblingsbelag noch nicht. Kerber blieb beim 4:6, 1:6 in ihrem Auftaktmatch gegen Alizé Cornet hinter den Erwartungen zurück - vor allen Dingen hinter den eigenen. Aber wer will es der frischgebackenen Wimbledonsiegerin verdenken - nur rund drei Wochen nach ihrem bislang triumphalsten Titelgewinn, der ihr Grand-Slam-Pokal Nummer drei bescherte.
"Angie" will in "Cincy" ihr Tennis der letzten Monate spielen
Sie fühle sich inzwischen "besser" als noch in Montreal und habe nach dem frühen Aus in Kanada "viel auf Hartplatz trainiert", erzählte Kerber: "Mein Ziel ist es, da rauszugehen und mein Tennis der letzten Monate zu spielen." Dem Zufall überlässt sie dabei nichts. Am Ohio River ist auch Fitnesscoach Rob Brandsma dabei, auf den nicht zuletzt Coach Wim Fissette große Stücke hält.
Kerber, die in der ersten Runde ein Freilos hat, trifft in ihrer Auftaktpartie auf Anastasia Pavlyuchenkova aus Russland. In der oberen Hälfte des Draws könnten auf die Flushing-Meadows-Gewinnerin von 2016 im Viertelfinale theoretisch Carolina Garcia (Frankreich/Nr. 6) und im Halbfinale Branchenführerin Simona Halep (Rumänien) warten.
Wimbledon-Triumph noch nicht zu 100 Prozent realisiert
Das ist aber zunächst Zukunftsmusik - wie so vieles. "Die US Open stehen zwar vor der Tür, aber ich denke noch nicht daran", betonte die an Position vier gesetzte Kerber, die ihren Wimbledon-Coup noch nicht zu 100 Prozent realisiert hat: "Es ist immer noch ein bisschen verrückt, wenn ich daran denke, dass ich dort gewonnen habe."