"Holy Shit!" Ein astreines Mark Out-Festival

Von Maurice Kneisel
WWE-Champion CM Punk setzt bei TLC: Tables, Ladders & Chairs seinen Titel aufs Spiel
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Die WWE hat das Pay-per-View-Jahr mit einem echten Kracher beendet, denn TLC bot einen Mark Out-Moment nach dem anderen. CM Punk verteidigte seine WWE-Championship nach einem irren Three-Way mit krassen Bumps, Zack Ryder holte den US-Titel und Daniel Bryan cashte erfolgreich seinen Money in the Bank-Koffer ein.

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United-States-Champion Dolph Ziggler vs. Zack Ryder

Wie kann man besser in einen Pay-per-View einsteigen, als mit zwei absoluten Smark-Lieblingen? Gar nicht, und Baltimore feierte Zack Ryder auch erwartungsgemäß von Anfang bis Ende ab. Selbst später am Abend, im Match zwischen Cody Rhodes und Booker T, waren noch "Woo Woo Woo"-Chants zu hören. Wieso? Na, weil der Long Island Iced Z sich endlich seinen großen Traum vom Solotitel erfüllen konnte. Die beiden Männer lieferten einen kurzweiligen, ansehnlichen Opener ab, in dem einmal mehr klar wurde, dass sie nicht nur hinter den Kulissen, sondern auch im Ring hervorragend harmonieren. Dabei stellte nicht nur Ziggler wieder mal seine unglaublichen Seller-Qualitäten unter Beweis; auch Ryder belegte mit seinem Summersault Plancha nach draußen sowie einem perfekt platzierten Missile Dropkick, dass er eben nicht nur ein sympathischer Spaßvogel, sondern auch ein guter Worker ist. Den Titel hat sich der neben CM Punk derzeit heißeste Superstar der WWE dementsprechend redlich verdient. Sieger und neuer United-States-Champion: Zack Ryder.

Tag-Team-Champions Air Boom vs. Primo & Epico

Das erste von drei nachträglich auf die PPV-Card gepackten Matches zeigte das lang erwartete Comeback von Air Boom auf der großen Bühne. Nach Evan Bournes Suspendierung mussten sie sich zuletzt bei Superstars den Cousins aus Puerto Rico geschlagen geben, die daraufhin überraschend früh dieses Titelmatch spendiert bekamen. Geschadet haben dürfte es ihnen nicht, denn die neuen Colons verkauften sich sehr gut und zeigten schönes Teamwork, als sie Bourne in ihrer Ecke isolierten. Jerry Lawler gab derweil alles, um die umwerfend heiß aussehende Rosa Mendes als Managerin der beiden over zu bringen. Gibt die WWE Primo, Epico und Rosa als Gespann eine echte Chance, haben sie definitiv eine gute Zukunft in der Tag Team-Division vor sich, für einen Titelgewinn wäre es hier aber eindeutig noch zu früh gewesen. Bourne und Kingston konnten derweil einmal mehr zeigen, wie hervorragend sie harmonieren, die beiden passen einfach perfekt zueinander. Sieger und weiterhin Tag-Team-Champions: Air Boom.

Randy Orton vs. Wade Barrett (Tables Match)

Das Tables-Match war von den vorab angekündigten definitiv die Enttäuschung des Abends. In den vergangenen Wochen und Monaten wurde Barrett hervorragend als ernstzunehmender Gegner für einen der absoluten WWE-Topstars aufgebaut - und somit zugleich auch als ernsthafter Titelanwärter. Hier wurde aber deutlich, dass die Writer Orton nach seinen zahlreichen Niederlagen der letzten Wochen keine weitere zumuten wollten. Zwar wurde Barrett dabei nicht schwach dargestellt und hatte das Match über weite Strecken im Griff. Enttäuschend war eher, dass den Beiden wenig Zeit gegeben wurde, außerdem war das Aufeinandertreffen - auch wenn der Brite sich gleich zu Beginn eine Platzwunde an der Stirn zuzog - doch recht brav für ein Hardcorematch. Der vermeintliche RKO aus dem Nichts, bei dem Randy den vom zweiten Seil heranspringenden Wade in der Luft abfing und durch den Tisch, auf dem er gerade noch gelegen hatte, beförderte, kam leider auch nicht so überraschend wie intendiert. Zum einen, weil Wade sich auffällig viel Zeit ließ; und zum anderen, weil Orton mittlerweile ständig RKOs aus dem Nichts zeigt, so dass man diese schon erwarten muss. Schade drum. Sieger: Randy Orton.

Divas-Championesse Beth Phoenix vs. Kelly Kelly

Schön für den Divas-Titel, dass dieses Match doch noch auf die PPV-Card kam. Trotzdem hätte man es sich sparen und die Zeit lieber auf Orton vs. Barrett verwenden sollen. Es war das typische Beth-Kelly-Match, in dem die Glamazone ihre Gegnerin zunächst verspottete, nur um sich anschließend eine wütende Angriffsserie einzufangen. Es gab wieder einige Near-Falls nach Einrollern durch K2 - nur dass dieses Mal ein Titelwechsel von Anfang an so abwegig wirkte, dass man diese nicht ernst nehmen konnte. Am Ende konterte Kelly dann immerhin den Glam Slam - was langsam zum Standard zu werden scheint - um sich doch noch einen harten Slam und die Niederlage einzufangen. Zu Recht, eine Titelverteidigung wäre witzlos gewesen. Siegerin und weiterhin Divas-Championesse: Beth Phoenix.

Triple H vs. Kevin Nash (Suspended Sledgehammer Ladder Match)

Was sollte man hier erwarten? Sicherlich nicht das, was kam. Ja, Kevin Nash ist mittlerweile selbst für seine Verhältnisse verdammt langsam. Und ja, Triple H hat eine leichte Wampe angesetzt. Aber im Ring haben die beiden trotzdem absolut abgeliefert. Es wurde neben dem Main Event das härteste und brutalste Match der Show. Gerade Nash, bei dem man im Vorfeld nicht sicher sein konnte, in welcher körperlichen Verfassung er sich befindet, nahm einige heftige Bumps. Vor allem sein Sturz von der Leiter durch einen Tisch war ein echtes Highlight. Die erste Hälfte des Matches verbrachten sie außerhalb des Rings, verprügelten sich mit Leitern und Tischen oder schleuderten sich gegenseitig in und über die Barrikade. Ein echtes Highlight für alle Kliq-Fans gab es dann am Ende, als Hunter nach unzähligen Schlägen mit dem Vorschlaghammer sowie dem Pedigree vor dem knieenden Nash stand, der ihn per Kliq-Geste um Gnade bat. Die gab es nicht, dafür die Suck it-Geste und einen Schlag mit dem Hammer in die Visage. Ein intensives Ende für ein intensives Match, das äußerst unterhaltsam war. Sieger: Triple H.

Jack Swagger vs. Sheamus

Mal wieder musste Swagger gegen Sheamus ran, mal wieder zog er den Kürzeren. Hier muss man sich - noch mehr als bei den Diven - fragen, ob es wirklich nötig war, diesem Match einen Platz auf der PPV-Card einzuräumen. Vor allem, nachdem Swagger bereits in Wochenshows vom Iren verprügelt wurde. So ließ man The Great White einmal mehr triumphieren, auch wenn der All-American American immerhin nicht ganz chancenlos dargestellt wurde. Dessen Status in den letzten Monaten und im Allgemeinen seit dem Verlust des Welt-Schwergewichts-Titels ist und bleibt seinem Talent unangemessen, zudem ist nicht ersichtlich, wohin die Storyline-Writer mit ihm wollen. Logisch wären ein Face-Turn und ein damit verbundener Push. Ob es dazu kommt, bleibt jedoch mehr als fraglich. Dieses Match war jedenfalls ebenso kurz wie unnötig. Sieger: Sheamus.

Welt-Schwergewichts-Champion Mark Henry vs. The Big Show (Chairs Match)

Apropos kurze Matches: Henrys einst so stark aufgebauter Welt-Schwergewichts-Titel-Run endete schon nach mickrigen 5:30 Minuten. Die Dominanz des World's Strongest Man wurde zugunsten von The Big Show geopfert, Henry versuchte zu Beginn sogar, mit seinem Titel die Halle zu verlassen. Nachdem er dann doch ins Match zurück kam und Big Shows Rücken sowie dessen rechte Hand mit der Ringtreppe und Stuhlschlägen ramponiert hatte, holte er zu einem weiteren Schlag aus - und wurde von Big mit dessen vermeintlich kaputter Hand per WMD ausgeknockt. Sieger und neuer Welt-Schwergewichts-Champion: The Big Show. Im Anschluss sorgte Henry dann dafür, dass die Fehde zwischen den beiden Riesen weitergehen kann, indem er den neuen Champ weiter mit einem Stuhl attackierte und schließlich per DDT darauf beförderte. Und dann kam der große Mark Out-Moment des Abends in Form von Daniel Bryan, der ausgerechnet gegen den Mann seinen Koffer einlöste, der zuvor versucht hatte, ihm zum Cash-In gegen Henry zu verhelfen. Wie nötig es war, dass der gerade noch ausgeknockte Big Show unmittelbar nach dem Pin aufstand - sei es drum, er trottere sich nach kurzem Staunen und kurzem Grinsen von dannen. Daniel Bryan feierte derweil abwechselnd mit den Fans und verhöhnte Michael Cole. Sieger und neuer Welt-Schwergewichts-Champion: Daniel Bryan.

Intercontinental-Champion Cody Rhodes vs. Booker T

Erst attackierte Rhodes Booker backstage hinterrücks, dann beim ersten Anlauf unmittelbar nach dem Diven-Match. Vor dem Main Event kam das Aufeinandertreffen zwischen dem IC-Champ und dem Kommentator dann doch noch zustande und wusste positiv zu überraschen. Einerseits, weil Booker T sich in guter Form präsentierte und bewies, dass er es noch immer drauf hat. Weiterhin, weil Cody eben nicht - wie zu befürchten war - schwach dargestellt wurde. Zwar hatte der Five Time WCW Champion offensiv seine Phasen, Rhodes schien aber nie in Gefahr, seinen Gürtel zu verlieren. Am Ende brauchte es dann auch nicht mal die Cross Rhodes zur Entscheidung, sondern zweimal nacheinander das Beautiful Disaster, Codys Springboard Kick an den Kopf. Die Storyline wurde konsequent den gesamten PPV über fortgeführt, das Match wusste zu unterhalten und als Krönung blieb einem die gesamte Veranstaltung über Booker am Kommentatorenpult erspart - perfekt! Sieger und weiterhin intercontinental-Champion: Cody Rhodes.


WWE-Champion CM Punk vs. Alberto Del Rio vs. The Miz (TLC Match)

Der Main Event wurde zur absoluten Krönung. Nach einem guten Beginn, während dem Del Rio und The Miz, die sich früher am Abend bereits backstage gezofft hatten, zunächst zusammen arbeiteten, entwickelte sich ein starker Three Way, der keine Wünsche offen ließ. Als man schon dachte, Punk, der zuvor beide Gegner draußen ausgeschaltet hatte, sei auf dem Weg, sich frühzeitig seinen Titel zu holen, griff Ricardo Rodriguez ein und kettete ihn mit Handschellen an die Leiter. Diese Idee gab es zwar nicht zum ersten Mal, sie wurde aber hervorragend weiter ausgebaut. Punk befreite sich und nutzte im weiteren Verlauf die Kette, um seine Gegner zu verdreschen. Dann ging das Wettklettern los und alle drei Männer sahen zwischenzeitlich wie der sichere Sieger aus. Zwei absolute Mark Out-Momente hatte das Match auch noch zu bieten: Zunächst holte Del Rio Punk und Miz mit einem perfekt getimten Springboard Enzuigiri vom Top Turnbuckle, wobei der Champ draußen durch einen Tisch krachte. Als man gerade dachte, es geht nicht heftiger, kletterte Rodriguez auf die Leiter. Punk kam hinzu, stieß diese um und der Announcer segelte im hohen Bogen aus dem Ring und draußen durch einen Tisch. Eine unglaubliche Szene, die erneut zu lautstarken "Holy Shit!"-Chants im Publikum führte. Was das FCW-Talent sich teilweise antut, ist einfach nur sensationell. Zum Schluss sah dann Miz schon wie der Sieger aus, als er Punk mit den Handschellen ans Ringseil kettete. Doch der schraubte mal eben den Turnbuckle auseinander, kletterte Miz und Del Rio hinterher und schaltete beide aus, um sich seinen Titel wieder zu holen. Mehr Unterhaltung geht einfach nicht! Sieger und weiterhin WWE-Champion: CM Punk.

Fazit

Genau so musste das WWE-PPV-Jahr enden. Nach durchwachsenen Survivor Series und im Allgemeinen eher mittlmäßigen Major-Pay-per-Views haute die Liga einmal mehr einen hervorragenden "kleinen" raus. Zu bemängeln wäre nur, dass es nicht drei zusätzliche Matches gebraucht hätte, die allesamt eher kurz ausfielen. Vor allem Swagger vs. Sheamus war komplett überflüssig. Weiterhin hätte man sich beim Tables-Match sicher etwas mehr Härte und ein weniger vorhersehbares Ende gewünscht. Ansonsten wusste die Show aber absolut zu überzeugen, vor allem die positive Überraschung Triple H vs. Nash, die gut durchgezogene Storyline zwischen Rhodes und Booker T sowie der überragende Main Event waren äußerst unterhaltsam. In Erinnerung bleiben werden aber vor allem die Ergebnisse, mit denen die WWE in erster Linie der Smart-Mark-Fraktion nochmal einen riesengroßen Feel-Good-Moment bescherte. Ryders Titelgewinn und Punks Erfolg alleine hätten wohl schon gereicht, aber Bryans erfolgreichen Cash-In hatten wohl die wenigsten auf dem Zettel. Das tröstet einen sogar über das enttäuschende Ende des Henry-Runs hinweg. Alles in allem ein gelungener Pay-per-View, der sich definitiv im oberen Mittelfeld der Shows 2011 einreiht.

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