Blut, Striemen und ein tauber Arm

Maurice Kneisel
30. April 201211:54
CM Punk befreit sich per Feuerlöscher aus Jerichos Walls of Jericho© 2012 wwe, inc. all rights reserved
Werbung
Werbung

Extreme Rules endete mit einem blutüberströmten John Cena, der sich nach seinem Sieg gegen Brock Lesnar erst mal verabschiedete. Auch CM Punk und Chris Jericho wurden dem Hardcore-Motto der Veranstaltung gerecht, während Daniel Bryan Sheamus zwar nicht den Titel abnehmen, sich aber für die Pleite bei WrestleMania revanchieren konnte.

United-States-Champion Santino Marella vs. The Miz

Gleich zum Einstieg zeigte die WWE, dass ihnen das Gemecker der Smark-Fraktion durchaus nicht verborgen bleibt: The Miz schnappte sich das Mikro und erklärte, nicht begeistert davon zu sein, in der Preshow ran zu müssen. Schließlich habe er bei WrestleMania 28 John Laurinaitis den GM-Posten gesichert und im Vorjahr noch im Main Event von Extreme Rules gestanden.

Alles richtig und trauriger Beleg für den Abstieg des ehemaligen WWE-Champions. Zu allem Überfluss musste er auch noch die erwartungsgemäße Niederlage gegen Santino einstecken. Während der Italo-Kanadier weiter auf einer Welle des Erfolges schwimmt, muss man sich bei seinem Gegner ernsthafte Sorgen um dessen Zukunft machen.

Eine Rückkehr in den Main Event scheint aktuell noch unwahrscheinlicher als bei Leuten wie Dolph Ziggler oder Jack Swagger. Quo vadis, Miz? Sieger und weiterhin United-States-Champion: Santino Marella.

Randy Orton vs. Kane (Falls Count Anywhere Match)

Eine intensive Fehde und eine zünftige Klopperei im Rahmen einer gut gewählten Matchart - genau so musste diese Veranstaltung starten. Beide Männer bekamen genug Zeit, um sich durch die Halle zu prügeln und ihre Umgebung als Waffe zu nutzen, zudem wurde Zack Ryder involviert.

Der Long Island Iced Z dürfte somit als nächster Fehden-Gegner gegen Kane ins Rennen ziehen, nachdem sich dies bereits seit Jahresbeginn angekündigt hat. Ein wichtiger Schritt für Ryder auf dem Weg nach vorne, nachdem er zuletzt eher auf dem absteigenden Ast schien.

Ein Sieg für Orton war nach dem Ergebnis bei WrestleMania erwartungsgemäß und auch die richtige Entscheidung, das Finish mit dem in einen RKO gekonterten Tombstone sehenswert. Alles richtig gemacht und der Fehde einen sinnvollen Abschluss verpasst, nun können sich beide Superstars neuen Aufgaben zuwenden. Sieger: Randy Orton.

Brodus Clay vs. Dolph Ziggler

Soll Clay/Hornswoggle vs. Ziggler/Swagger eigentlich ernsthaft so etwas wie eine Fehde werden?! Vor knapp drei Monaten stand Ziggler noch im Main Event beim Royal Rumble und Swagger schien sich endlich von seinem ausgedehnten Aufenthalt im WWE-Doghouse erholt zu haben... doch aktuell kann man der Darstellung des talentierten Duos leider nichts Positives abgewinnen.

Die WWE sieht einiges im Funkasaurus und beim Publikum kommt er auch nicht schlecht an - beides offensichtlich. Trotzdem ist es traurig, mit ansehen zu müssen, wie zwei derart talentierte Wrestler zugunsten Clays konsequent demontiert werden. Ganz zu schweigen davon, dass Hornswoggle restlos jedes Segment abwertet. So etwas hat bei einem Pay-per-View einfach nichts verloren. Sieger: Brodus Clay.

Intercontinental-Champion Big Show vs. Cody Rhodes (Tables-Match)

Codys Weg zum World-Heavyweight-Titel dürfte noch eine Weile auf sich warten lassen, was angesichts der Vielzahl an Upper- und Midcard-Heels im aktuellen SmackDown-Kader aber zu erwarten war. Entsprechend ist die Entscheidung, ihm die Intercontinental-Championship, welche während seiner letzten Regentschaft endlich wieder an Wertigkeit gewonnen hatte, zurück zu geben, goldrichtig.

Die Frage, was das einmonatige Big-Show-Intermezzo sollte, beziehungsweise ob ein WrestleMania-Moment für einen zugegebenermaßen verdienten Babyface-Veteranen auf Kosten eines der größten WWE-Talente stattfinden musste, bleibt dennoch offen.

Auch die Darstellung der beiden in diesem Match, bei dem Show Rhodes munter durchprügelte und letztlich an seinem eigenen Gewicht scheiterte, muss hinterfragt werden. Sieger und neuer Intercontinental-Champion: Cody Rhodes.

World-Heavyweight-Champion Sheamus vs. Daniel Bryan (2-out-of-3 Falls Match)

Na, wer sagt's denn? Die Befürchtung, Bryan könnte einmal mehr von Sheamus zerlegt werden, hat sich nicht bewahrheitet. Stattdessen wurde der ehemalige Champ stark dargestellt, schenkte den ersten Fall per Disqualifikation sogar selbst her und zwang den Iren anschließend per Yes Lock zur Aufgabe.

Man konnte nicht erwarten, dass Sheamus den Titel nach gerade mal einem Monat schon wieder abgeben muss, von daher ging - trotz D-Bryans extremer Overness - die Titelverteidigung in Ordnung. Das Publikum bewies der WWE derweil einmal mehr, dass Bryan und sein "Yes"-Chant mittlerweile absoluten Kultstatus besitzen, entsprechend werden die Writer gar keine andere Wahl haben, als ihm über kurz oder lang einen weiteren Run zu spendieren.

Vorerst wird Sheamus aber wohl mit Alberto del Rio fehden. Wer Bryans nächster Gegner wird, bleibt derweil abzuwarten, ein paar Siege würden ihm aber definitiv nicht schaden. Sieger und weiterhin World-Heavyweight-Champion: Sheamus.

Seite 2: Der Chicago Street Fight und Cenas Sieg mit Abschied

Ryback vs. Aaron Relic & Jay Hutton

"GOLDBERG! GOLDBERG! GOL..." Danke WWE, wir kapieren's langsam. The Wrestler formerly known as Skip Sheffield ist euer Flavor of the Month und ein astreiner Goldberg-Klon, was neben Aussehen und Darstellung auch beim ein oder anderen Move mehr als deutlich wird.

Nicht, dass Ryback so viele zeigen könnte, denn dafür sind Squash-Matches einfach nicht geeignet - was übrigens auch der Grund ist, wieso man diese für gewöhnlich in Wochenshows verbrät. Wie schon beim Funkasaurus will das Unternehmen auch Ryback mit dem Holzhammer nach oben kloppen. Der Jobber-Quickie ist eines PPVs unwürdig, aber sei's drum. Sieger: Ryback (D'Uh!)

WWE-Champion CM Punk vs. Chris Jericho (Chicago Street Fight)

Die Fans in Chicago wurden im zweiten Jahr in Folge nicht um ihren Feel-Good-Moment gebracht. CM Punk verteidigte nach einem knallharten Street Fight seinen Gürtel gegen Chris Jericho, der diesen vor der anstehenden Fozzy-Tour im Sommer wohl nicht mehr um die eigenen Hüften schnallen wird.

Dass er trotzdem nach wie vor zu den besten und professionellsten Workern im Business gehört, dürften alleine die Bilder von seinem Rücken nach dem Match beweisen, auf denen die Abdrücke von CMs Schlägen mit dem Kendo Stick mehr als sichtbar waren.

Die Fehde der beiden Männer wurde vor einem Publikum, das Y2J für seine Aktionen gegen ihren Liebling lautstark ausbuhte, gekonnt weiter geführt, indem man Punks Familie involvierte. Absolutes Highlight des Matches war CM Punks Flying Elbow vom Top Rope gegen den auf dem Kommentatorenpult platzierten Jericho.

Die Crowd honorierte das erstklassige Match mit lautstarken "This is awesome"-Chants. Am Ende gelang Chris noch das obligatorische retadierende Moment gegen den Go To Sleep, letztlich bekam er Punks Knie aber doch noch zu spüren und die sprichwörtliche Messe war gelesen. Sieger und weiterhin WWE-Champion: CM Punk.

Divas-Champion Nikki Bella vs. Layla

Erst war Beth Phoenix "verletzt", dann sollte sie doch ran und letzten Endes wurde sie durch eine "Mystery Diva" ersetzt. Schöne Finte der WWE, um mit der Internet Wrestling Community zu spielen. Und was machen sie dann? Schicken nicht etwa, wie im Netz gerüchtet, Kharma in die Halle, sondern Layla.

Ein Teil des Publikums, der sich offenkundig vorab informiert hatte, quittierte das Ganze mit "We want Kharma"-Chants. Ganz ehrlich? Das hatte Layla nicht verdient. Nach knapp einem Jahr Verletzungspause und knallharter Reha stand sie endlich wieder im Ring.

Ihre Qualitäten hatte sie zuvor im Rahmen von LayCool durchaus unter Beweis gestellt, schade, dass einige Enttäuschte das wohl anders sahen. Sei's drum, Lay ist zurück und Championesse, die Bellas dürften derweil ihren letzten PPV bestritten haben und die Liga nach der kommenden RAW-Ausgabe verlassen. Siegerin und neue Divas-Championesse: Layla.

Brock Lesnar vs. John Cena (Extreme Rules Match)

Was für ein gefundenes Fressen für alle Cena-Hasser: Erst wird der Gute blutig geprügelt und man stoppt das Match, um ihn zu behandeln - und am Ende fährt er zu allem Überfluss auch noch den Sieg ein! Zugegeben: derartige Unterbrechungen wirken im Rahmen einer hasserfüllten Fehde einfach deplatziert, ganz besonders in einem Extreme-Rules-Match.

Das kann man allerdings John nicht zum Vorwurf machen, vor allem, da er sich im Laufe des Matches noch eine (vermeintlich) schwerere Verletzung am linken Arm zuzog und den Main Event trotzdem zu Ende brachte. Zwischenzeitlich kassierte er sogar eine weitere blutige Wunde und schrie vor Schmerz, Brock blieb bei einem Sprung aus dem Ring im obersten Seil hängen und hatte Glück, dass er ohne schlimmere Knieverletzung davon kam - wann gab es in der WWE zuletzt ein derart brutales und vor allem intensives Match zu sehen?

Beide Männer gaben alles, Lesnar steckte zum Schluss trotz acht Jahren Pause sogar das Attitude Adjustment auf die Ringtreppe ein. Ob all die angebliche Kollegen-Kritik am Biest nun echt war oder nicht - er hat bewiesen, dass er bereit ist, für das Wrestling zu leiden und sich sogar für seinen angeblichen Intimfeind John Cena hinzulegen.

Der schnappte sich, völlig am Ende, anschließend noch das Mikro und kündigte an, nun wohl eine Weile von der Bildfläche zu verschwinden und für dieses Segment vermutlich ohnehin von Vince McMahon vor laufenden Kameras gefeuert zu werden.

Grund sind ein paar anstehende Filmrollen. Während Cena sich nach den Niederlagen der letzten Zeit mit einem Sieg in die Pause verabschiedete, muss man nun abwarten, wie es mit Lesnar weiter geht. Angeblich soll er sich als nächstes Randy Orton widmen. Sieger: John Cena.

Fazit

In den letzten Jahren war Extreme Rules eigentlich immer eine eher lasche Veranstaltung, bei der das Wort "Hardcore" nicht unbedingt zu Recht genutzt wurde. Dieses Mal hat man es in erster Linie mit dem Main Event, aber auch mit Punk vs. Jericho und dem Opener zwischen Orton und Kane geschafft, dem Motto gerecht zu werden.

Es war eine unerwartet heftige Show mit einigen astreinen Highlights, an die man sich auch am Jahresende noch gerne erinnern wird. Bei den Titelgewinnen für Cody Rhodes und Layla kann man sich zwar über das Wie streiten, sie machen aber absolut Sinn.

Zudem wurde Daniel Bryan in seinem Match gegen Sheamus wieder stärker dargestellt und durfte sogar einen Fall via Submission einfahren - der Hype um den American Dragon hat also offenkundig auch bei den Verantwortlichen seine Wirkung gezeigt. Kritisch zu betrachten sind in erster Linie die komplett überflüssigen Filler-Matches, vor allem das von Ryback.

Die WWE ist zwar seit eh und je davon überzeugt, dass Squashes gegen namenlose Jobber Wirkung erzeugen, aber alleine die Tatsache, dass zwei Nobodys einen Pay-per-View-Auftritt spendiert bekamen, während The Miz und Santino in der Preshow ran mussten und einige andere größere Namen gar nicht zu sehen waren, ist inakzeptabel.

Den Gesamteindruck der Veranstaltung trübt dies zum Glück aber kaum, der Einstieg ins neue WWE-PPV-Jahr macht definitiv Lust auf mehr.

Alle WWE-Champions im Überblick