Kranke Bumps und ein halber Fehlschuss

Maurice Kneisel
16. Juli 201211:09
Tensai (l.) schleudert Dolph Ziggler spektakulär übers Kommentatorenpult2012 wwe, inc. all rights reserved.
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Money in the Bank 2012 ist Geschichte, die Koffer wurden vergeben. Zum Auftakt durfte Dolph Ziggler jubeln, scheiterte wenig später aber fast am Cash-In gegen Sheamus. Die Show endete mit einem feiernden John Cena, der sich das WWE-Championship-Äquivalent sicherte. Den Titel verteidigte zuvor CM Punk gegen Daniel Bryan.

Kofi Kingston & R-Truth vs. Hunico & Camacho

Bedeutungslos, aber unterhaltsam - so lässt sich das Preshow-Match wohl am treffendsten zusammenfassen. Die gut zusammen arbeitenden Hunico und Camacho dominierten größtenteils den Matchverlauf, zudem sorgte ersterer mit einer Attacke auf Truths kleinen Kumpel Lil Jimmy gleich zu Beginn für einen Schmunzler.

Die Highlights gehörten jedoch den Tag-Team-Champs, die nach R-Truths überstandener Verletzungspause endlich wieder gemeinsam im Ring standen: zunächst spazierte Kofi, nachdem er in die Ecke gewhippt wurde, den Ringpfosten hoch, um sich mit dem Rücken zu Hunico abzufedern und ihn mit einer spektakulären Hurricanrana niederzustrecken.

Die Entscheidung kam, als nacheinander zunächst Truth Camacho in Kofis Trouble in Paradise und dieser ihn anschließend wiederum in den Little Jimmy schickte. Sieger: Kofi Kingston & R-Truth.

World-Heavyweight-Championship Money-in-the-Bank-Match

Der Start war reichlich holprig: Sin Cara machte seinem wenig vorteilhaften Beinamen als menschliche Botch-Maschine mal wieder alle Ehre und verhaute eine Aktion auf der Leiter gegen Dolph Ziggler, der dabei reichlich unschön auf die Ringmatte klatschte. Wenig später schleuderte Tensai, der dominant dargestellt wurde und seine schmächtigeren Gegner munter verkloppen durfte, den armen Dolph einmal quer übers Kommentatorenpult, so dass dieser mit Schmackes in einen der Sessel krachte.

Die Aktion war zweifelsohne so geplant, die Landung hingegen eher nicht. Im Anschluss hämmerte Tensai dann noch Cara mit einer Powerbomb auf eine draußen aufgebahrte Leiter, ähnlich wie schon Sheamus im Vorjahr. Wollen wir für den Mexikaner hoffen, dass dies nicht zur Tradition verkommt. Es folgte das obligatorische Wettklettern, während dem vor allem Tyson Kidd, der immer wieder seine kleinen Highlights präsentieren durfte, stark dargestellt wurde.

An einem Punkt war Santino alleine im Ring und auf der Leiter, musste aber feststellen, dass seine Cobra unter Höhenangst leidet - eine schon sensationell dämliche Szene. Cody Rhodes traf es noch schlimmer - ihm kletterte zur Ablenkung Vickie Guerrero hinterher. Am Ende war dann Christian auf dem Weg zum Sieg, wurde aber vom reichlich leidgeprüften Showoff gestoppt, der ihn gegen eine weitere Leiter schleuderte und sich selbst unter dem lauten Jubel der Zuschauer den Koffer sicherte. Sieger: Dolph Ziggler.

World-Heavyweight-Champion Sheamus vs. Alberto Del Rio

Die großartige Stimmung aus dem Opener übertrug sich leider nicht auf dieses Match. Die Schuld daran kann man allerdings nicht den Leuten in der Halle zuschieben, sondern der Action - oder besser: dem Mangel daran - im Ring. Eine fade Matchstory sah Del Rio erwartungsgemäß die Verletzung, die er Sheamus durch die Attacke mit der Motorhaube im Vorfeld verpasst hatte, ausnutzen.

Es folgten zahlreiche Haltegriffe und weitere Attacken auf den lädierten Arm des Iren, wodurch das Tempo gehörig verschleppt wurde. Gegen Ende drehte der Champion, der immer wieder ins Match zurück kam, dieses dann aber und verpasste Alberto seine Signature Moves in Serie, angefangen mit dem Irish Curse Backbreaker und gekrönt - na klar - vom Brogue Kick, zur Abwechslung mal nicht aus dem Nichts.

Anschließend setzten Berto und Ricardo Rodriguez noch gegen das Bleichgesicht nach, woraufhin Ziggler in die Halle kam und sein Titelmatch einfordern wollte. Dies gefiel Del Rio gar nicht und er kassierte einen Schlag mit dem Koffer. Derweil hatte Sheamus sich wieder aufgerappelt und nietete Dolph per Brogue Kick nieder - kein Ringgong, kein Cash-In, der Showoff darf es demnächst noch mal versuchen. Sieger und weiterhin World-Heavyweight-Champion: Sheamus.

Prime Time Players vs. Epico & Primo

Es sagt schon einiges über den Stellenwert der Tag-Team-Titel aus, dass die Champions, die endlich wieder gemeinsam im Ring stehen können, in der Preshow auftreten, während die einzige laufende Fehde es auf die Main Card schaffte. Der Stimmung war diese Ansetzung definitiv nicht zuträglich, die Halle wurde endgültig still.

Dabei gab es durchaus sehenswerte Szenen, wie beispielsweise einen Handstand von Primo auf dem Turnbuckle, nachdem er in die Ringecke geschickt wurde - aus diesem heraus verpasste er Darren Young eine wunderschöne, flüssig durchgezogene Headscissor.

AW gab derweil den gewohnt nervtötenden Lautsprecher. Erst am Ende, nachdem seine Ex-Schützlinge Epico und Primo überraschend den Sieg gegen die Nummer-1-Herausforderer einfuhren, verging es ihm kurzzeitig, bevor er sich mit den am Kommentatorenpult sitzenden Champs anlegte und dafür von R-Truth eine Dusche aus der Wasserflasche abbekam.

Nun bleibt abzuwarten, wo der Sinn von diesem Match und Ergebnis lag: wird daraus ein Three-Way um die Gürtel, oder haben die WWE-Kreativen nur schon wieder den Spaß an den Prime Time Players verloren und das Ganze verläuft im Sande? Sieger: Primo & Epico.

Seite 2: Der Showstealer und das bekannte Ende

WWE-Champion CM Punk vs. Daniel Bryan (No DQ, Special Referee: A.J.)

Match of the Night? Na klar, und zwar lässigst! CM Punk und Daniel Bryan stahlen erwartungsgemäß die Show und zeigten nicht nur das längste, sondern auch das intensivste Match des Abends. Dabei wurde A.J. schon früh im Verlauf nach einem durch Bryan verursachten Zusammenstoß mit Punk vom Apron nach draußen geschickt und musste in den Backstage-Bereich gebracht werden.

Ohne Ablenkung konzentrierten sich beide Männer voll darauf, den jeweils anderen so richtig schön fertig zu machen und malträtierten sich mit technisch hochwertigem Wrestling, Stühlen und Kendo Sticks. Als A.J. schließlich in den Ring zurückkehrte, wirkte sie einmal mehr hin- und hergerissen, ließ die Beiden sich um einen Stuhl prügeln und verhinderte einmal, dass Bryan den Kendo Stick aufnehmen konnte.

Dennoch nahm der Punk in den Yes!-Lock und nutzte dabei das Gerät, um ihm ordentlich zuzusetzen. Ein weiteres Highlight war ein GTS-Versuch durch Punk, den D-Bry konterte, indem er sich von dessen Schultern abfederte und ihm eine Hurricanrana verpasste - sensationell! Am Ende thronten Bryan und Punk auf dem Ringpfosten, hinter ihnen im Ring war ein Tisch aufgebaut.

Nach einigem Hin und Her setzte CM sich durch und schickte seinen Rivalen per Side Suplex hindurch, das anschließende Pin führte zum Sieg. Während Punk ausgiebig feierte und A.J. dabei munter ignorierte, sah diese reichlich bedient aus und schien sich um Daniel zu sorgen. Die Storyline düfte also noch nicht ad acta gelegt sein, sondern beim SummerSlam ihr großes Finale erleben. Sieger und weiterhin WWE-Champion: CM Punk.

Ryback vs. Curt Hawkins & Tyler Reks

"Feed me more!" Statt mehr Hänflingen bekam der Mann, der Rob van Dams ausgediente Outfits aufträgt, dieses Mal seine beiden Gegner der letzten Wochen in einem Handicap-Match vorgesetzt. In seinem bislang längsten und härtesten Match musste Ryback überraschend viel einstecken, die häufig wechselnden Hawkins und Reks setzten ihm gehörig zu.

Als Zuschauer musste man einfach überrascht sein, wie vergleichsweise schwach das Muskelpaket dargestellt wurde. Am Ende war's trotzdem egal, der King of "Goldberg"-Chants schleuderte Hawkins aus dem Ring, schnappte sich Reks, verpasste ihm das Shell Shocked und Schluss war. Sieger: Ryback.

Layla, Kaitlyn & Tamina Snuka vs. Beth Phoenix, Natalya & Eve

Kann man sich ein noch größeres Highlight auf einer PPV-Card vorstellen als ein Ryback-Match? Na klar, ein komplett aussagefreies Diven-Match! Bisschen hin und her, Eve durfte auch wieder in den Ring und am Ende pinnte Layla wieder einmal Beth. Mehr gibt es dazu wirklich nicht zu sagen. Siegerinnen: Layla, Kaitlyn & Tamina Snuka.

WWE-Championship Money-in-the-Bank-Match

Schon zu Beginn der Veranstaltung feierte The Miz sein Comeback und verkündete nicht nur, nun ein großer Filmstar zu sein, sondern auch an diesem Match teilzunehmen. Durch die Platzierung im Main Event war eigentlich klar, wer hier gewinnen würde - aber eins nach dem anderen.

Nachdem Big Show zu Beginn munter um sich kloppen durfte, taten sich die anderen vier Männer zusammen und begruben ihn außerhalb des Rings unter so ziemlich allen Leitern, die sie finden konnten. Anschließend kabbelten sich vor allem Cena, Chris Jericho und Miz um den Koffer, Kane hatte bis auf einige Power Moves wenig Anteil am Match. Nach einer ausgiebigen Auszeit kehrte Show dann aber doch zurück und räumte kräftig auf.

Nacheinander fertigte er seine Gegner ab und schleuderte ihnen jeweils eine bis mehrere Leitern hinterher. Anschließend zog er seine schon bekannte, extra verstärkte Superleiter unter dem Ring hervor. Kleine Korrektur an dieser Stelle: bekannt war das Teil scheinbar nur uns Zuschauern, die Kommentatoren gaben derweil munter vor, so etwas noch niemals gesehen zu haben. Das Übliche halt.

Big ging auf Klettertour, den Koffer konnte er sich aber natürlich nicht sichern, da er immer wieder gestoppt wurde. Am Ende war Cena auf dem Weg zum Sieg, doch Jericho klammerte sich an seinen Rücken und schaltete ihn vorerst per Sleeperhold aus. Während John sich ausruhte, buhlten Y2J und Miz um den Koffer - bis Big Show hinzu kam und beide nacheinander per WMD ausschaltete.

Besonders genial dabei: Jerichos Weltklasse-Mimik. Anschließend war auch Cena wieder zur Stelle, hämmerte seinem Gegenüber den Koffer wiederholt in die Visage und hielt ihn beim zweiten Mal sensationellerweise plötzlich in Händen. Sieger: John Cena.

Fazit

Cena hat den Koffer und keinen schockt es. Durch die Platzierung im Main Event musste man dieses Ergebnis einfach kommen sehen, doch das Match war klar unterhaltsamer als im Vorfeld erwartet. Die Teilnahme von The Miz war der Spannung definitiv zuträglich, zudem schuf man mit der frühen Herausnahme der Big Show ein kleines Überraschungsmoment und Jericho war, wie üblich, in Hochform.

Abzuwarten bleibt nun, wie man den Cash-In verkauft, schließlich ist angesichts von Johns Gimmick nicht vorstellbar, dass er sich einen "unfairen" Vorteil verschafft. Wird er einfach im Vorfeld eines Pay-per-Views ein Titelmatch fordern? Es wäre gleichermaßen passend und unfassbar lahm. Abwarten muss man auch, wie Zigglers Run mit dem Koffer verkauft wird. Im Zweifelsfall setzt es das übliche Chicken-Heel-Verfahren mit mehrfach verhunzten Versuchen - den ersten gab es ja schon - und dem anschließenden Titelgewinn.

In jedem Fall hat die WWE mit Dolph die richtige Wahl getroffen, der auch im Money-in-the-Bank-Match wieder mit einigen absolut grenzwertigen Spots bewiesen hat, wie viel er zu riskieren bereit ist. Durch die lautstarken Ovationen bei seinem Sieg dürfte die WWE sich zudem bestätigt fühlen.

Dazu das WWE-Titel-Match, das sämtliche Erwartungen bestätigt hat - da kann man eigentlich nicht meckern... eigentlich. Denn während das Ryback-Match durch die überraschend starke Darstellung von Hawkins und Reks immerhin Neues brachte und das zweite Tag-Match zwar öde, aber doch immerhin durch eine Storyline aufgebaut war, sind das stinklangweilige World-Heavyweight-Match und der komplett überflüssige Diven-Schmus nicht zu entschuldigen.

Wieso packt man Kaitlyn und Tamina, die nicht mal in den Weeklys Auftritte erhalten, in den Pre-Main-Event eines Pay-per-Views? Das Einzige, was dadurch erreicht wurde, war einmal mehr, die Stimmung abzutöten. Ein Glück, dass das Finale dies wieder umbiegen konnte. Liebe WWE, bitte lasst doch endlich diese unsäglichen PPV-Filler. Die will wirklich kein Mensch sehen.

Alle WWE-Champions im Überblick