Feel-Good-Momente waren beim SummerSlam 2012 rar gesät. Brock Lesnar zwang Triple H im Kimura Lock zur Aufgabe und CM Punk verteidigte seinen Titel, indem er John Cena den Sieg stahl. Während Chris Jericho und Dolph Ziggler erwartungsgemäß die Show stahlen, griff Sheamus gegen Alberto Del Rio zu unfairen Mitteln.
United-States-Champion Santino Marella vs. Antonio Cesaro
Nach dem Aufbau der letzten Wochen ging Cesaro als Favorit in sein erstes WWE-Titel-Match. Dieser Rolle wurde er von Anfang an gerecht und dominierte Marella. Der versuchte derweil immer wieder, in die Ecke zu seiner Cobra-Socke zu kriechen... bis Antonio sie sich schnappte und zerfetzte. Daraufhin drehte Marella auf, verpasste dem Schweizer seine Comeback-Moveserie und schien das Match drehen zu können.
Er suchte unter seinem Outfit nach einer weiteren Cobra und wurde allen Ernstes fündig, als er sie sich im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Allerwertesten zog. Dummerweise wurde die Cobra aber von der auf dem Apron posenden Aksana abgelenkt, so dass Cesaro Santino zunächst einen Headbutt in die Magengrube und im Anschluss den Neutralizer verpassen konnte. Schön abgeschlossener Push für Antonio, der sehr stark dargestellt wurde und nun nach seinen Ankündigungen den US-Titel durch den European-Championship ersetzen dürfte. Sieger und neuer United-States-Champion: Antonio Cesaro.
Dolph Ziggler vs. Chris Jericho
Der potentielle Showstealer eröffnete den SummerSlam und eins vorweg: es war definitiv das beste Match des Abends. Dabei sellte Jericho von Anfang an die "Verletzungen", die ihm Ziggler bei der letzten SmackDown-Show zugefügt hatte. Apropos sellen: Darin ist wohl niemand besser als diese beiden, was sie auch munter unter Beweis stellten. Ob sie sich nun gegenseitig im hohen Bogen aus dem Ring schleuderten, Ziggler Jericho mit einem unglaublich hoch eingesprungenen DDT auf die Matte hämmerte oder Y2J mit einem Codebreaker aus dem Nichts zurück kam - langweilig wurde es nie. Kurz vor Ende traktierte Y2J den Showoff mit einer Schlagsalbe auf dem Top Turnbuckle, nur um ihn anschließend mit einer wunderschönen Hurricanrana zurück auf die Matte zu schicken.
Nachdem Dolph wenig später den Lionsault mit den Knien abfing, wobei er natürlich perfekt die verletzten Körperpartien des Ayatollah of Rock 'n' Rolla traf, schien das Match gelaufen. Doch Chris kam auf den allerletzten Drücker noch mal aus dem Pin. Die Entscheidung brachten die Walls of Jericho, oder besser gesagt: der Liontamer. Denn Dolph wäre nicht Dolph, wenn er am Ende nicht noch mal wie ein Champ den Submission Hold - die richtige Variante, nicht die lahme Boston-Crab-Variante - gesellt hätte, wobei es aussah, als würde Jericho ihn jeden Moment in zwei Hälften brechen.
Großes Finish, wobei man sich fragen muss, wie sinnvoll das Ergebnis ist. Schließlich wird Y2J sich demnächst wieder verabschieden, um mit seiner Band Fozzy auf Tour zu gehen, während Ziggler im Hinblick auf seinen anstehenden Money-in-the-Bank-Cash-In ein paar Siege gut gebrauchen könnte, um als potentieller Champ glaubwürdig zu wirken. Sei's drum, das Match war jedenfalls erstklassig. Sieger: Chris Jericho
Kane vs. Daniel Bryan
Daniel Bryans Niederlagenserie ist Geschichte. Der GOAT musste zwar von seinem selbsternannten "Anger Management Therapist" Kane reichlich Prügel einstecken, brachte aber seine Trademark Moves durch und verpasste der Big Red Machine zudem einen sehenswerten Suicide Dive. Das vergleichsweise kurze Match endete, nachdem Kane den Chokeslam zeigte und Bryan anschließend noch den Tombstone verpassen wollte. Der konnte sich aber aus dem Ansatz herauswinden und rollte Kane ein. Sieger: Daniel Bryan.
Von Charlie Sheen war derweil weder etwas zu sehen, noch erwähnten ihn die Kommentatoren. Nach dem Match ging ein stinkwütender Kane backstage auf die Suche nach D-Bryan. Stattdessen traf er auf Josh Mathews, der ihn interviewen wollte und dafür im hohen Bogen durch die Gegend geschleudert wurde. AJ kündigte anschließend via Twitter an, Kane werde bei RAW erfahren, welche Konsequenzen diese Aktion habe; da heißt es: abwarten.
Intercontinental-Champion The Miz vs. Rey Mysterio
Das Unwichtigste vorweg: Rey hatte mal wieder beim Kostümverleiher seines Vertrauens vorbei geschaut und sich ein tendenziell eher peinlich aussehendes Batman-Kostüm für sein Match besorgt. Belassen wir es dabei. Klar weniger peinlich war sein Match mit The Miz, bei dem es munter hin und her ging. Miz setzte dabei auf seine körperliche Überlegenheit und setzte Mysterio unter anderem mit einer Powerbomb zu. Der wiederum kam mit seiner überlegenen Schnelligkeit und Technik immer wieder zurück.
Das Ende schien gekommen, als er die Vorwahl von San Diego erfolgreich wählte und anschließend aufs Top Rope stieg, um The Miz mit dem Flying Bodysplash den Rest zu geben. Der Champ setzte sich aber perfekt getimt im letzten Moment auf, so dass Mysterio direkt hinter ihm auf die Matte krachte. Eine ebenso starke wie witzig anzusehende Szene. Anschließend versuchte der IC-Champ sich am Skull Crushing Finale, das zunächst noch abgewehrt wurde, wenig später im zweiten Versuch aber durchkam. Die Titelregentschaft von Mizanin, der einmal mehr zu überzeugen wusste, geht verdient weiter. Sieger und weiterhin Intercontinental-Champion: The Miz.
World-Heavyweight-Champion Sheamus vs. Alberto Del Rio
Nach dem mäßigen letzten PPV-Match der Beiden bei Money in the Bank wurde das Rückmatch in den letzten Wochen wenig sinnvoll aufgebaut. Die völlig unnötige Niederlage von Del Rio gegen Orton schadete dem Herausforderer und die zwischenzeitliche Absage, bevor der tapfere keltische Krieger doch noch die Wiederansetzung forderte, hat auch niemanden weitergebracht. Hinzu kommt: Wenn Sheamus so tapfer und babyfacig ist, wie er immer dargestellt wird, wieso schlägt er dann seinen Gegner mit Ricardo Rodriguez' Schuh nieder? Zugegeben, der wollte ihn eigentlich Alberto zuwerfen, aber ein John Cena hätte das Teil sicher trotzdem nicht eingesetzt.
Dazu das Pin mit Del Rios Bein auf dem Seil - es war ein sehr eigenwilliges Ende eines bis dahin wenig ereignisreichen Matches. Angesichts des Finishs kann man fest davon ausgehen, dass die Fehde in die dritte Runde geht - fragt sich nur, wer das nach den beiden enttäuschenden Matches überhaupt noch sehen will. Die Stimmung in der Halle sackte an dieser Stelle wieder merklich ab. Sieger und weiterhin World-Heavyweight-Champion: Sheamus.
WWE-Tag-Team-Champions Kofi Kingston & R-Truth vs. Prime Time Players
Hätten die Prime Time Players die Titel gewonnen, wenn A.W. noch ihr Manager wäre? Diese Frage werden wir wohl niemals wirklich beantworten können. Fakt ist, dass sie in einem durchschnittlichen Tag-Team-Match zwar mit den Champions halbwegs mithielten, man aber nie wirklich den Eindruck hatte, sie könnten sich tatsächlich die Titel sichern. Für Begeisterung sorgten in erster Linie Kofi Kingston mit einigen spektakulären Einlagen - darunter seinem sehenswerten Springboard Bodysplash nach draußen - und R-Truth mit seinem Entertainer-Talent.
Nachdem Kofi mit besagtem Move Titus außerhalb des Rings ausgeschaltet hatte, machte Truth mit dem Little Jimmy gegen Darren Young die Titelverteidigung klar. Nun bleibt abzuwarten, ob es der vorerst letzte Auftritt der PTP bei einem Pay-per-View war. Angesichts der nicht zu verachtenden Zahl an jungen, hungrigen Tag Teams, die die WWE in letzter Zeit ins Rennen geschickt hat, ist dies durchaus möglich. Sieht nicht so gut aus mit den "millions and millions of dollars", den WWE-Verantwortlichen dürften zudem die an A.W. gerichteten "Kobe Bryant"-Chants zu Beginn des Matches in der Heimstätte des Lakers-Stars, dem Staples Center, nicht geschmeckt haben. Sieger und weiterhin WWE-Tag-Team-Champions: Kofi Kingston & R-Truth.
Seite 2: Triple H vs. Brock Lesnar und das Triple-Threat-Match
WWE-Champion CM Punk vs. John Cena vs. Big Show
Es war von vorneherein absehbar, dass The Big Show hier seine beiden Gegner ordentlich verkloppen, am Ende aber das Pin würde einstecken müssen. Die Wenigsten dürften allerdings erwartet haben, dass der Riese derart überlegen dargestellt würde. Die erste Hälfte des Matches dominierte er locker und setzte sowohl Punk als auch Cena gehörig zu. Deren Comeback-Versuche schmetterte Show ein ums andere Mal locker ab.
Ein echtes Highlight fand dabei außerhalb des Rings statt, als er CM wie zum Chokeslam um die Kehle packte, um ihn mit voller Wucht mit dem Rücken voran gegen die Ringseile zu schleudern. Von dort aus federte der Champ zurück und knallte mit reichlich Wucht auf den Hallenboden. Nachdem die beiden Favoriten sich halbwegs zurück gekämpft hatten, gelang es Punk, Show in den Koji Clutch zu nehmen, woraufhin Cena den Save machte. Wenig später folgte erneut der Koji Clutch. Cena sah seine Chance gekommen und nahm Big Show parallel in einen grottenschlecht angesetzten STF, bei dem er unmöglich den Kopf umfassen und die Hände lediglich auf dessen Glatze ablegen konnte.
Nichtsdestotrotz gab Show auf und Cena und Punk stritten sich darum, wer denn nun gewonnen habe - eine wirklich schwierige Frage angesichts der verheerenden STF-Variante. RAW-GM AJ Lee ließ das Match daraufhin neu starten, es sollte aber nur noch ein kurzes Intermezzo werden. Schnell kam Johnboy mit dem Attitude Adjustment durch, wollte pinnen - und wurde von Punk aus dem Ring geschleudert. Der staubte anschließend den Sieg ab und ließ einen miesepetrig guckenden Cena zurück. Sieger und weiterhin WWE-Champion: CM Punk.
Triple H vs. Brock Lesnar
Nach dem Aufbau der letzten Wochen, bei dem Lesnar ein ums andere Mal Reißaus vor dem stinkwütenden Triple H nahm, wurde der ehemalige UFC-Champion hier sehr stark dargestellt und dominierte das Gros des Matchverlaufs. Immer wieder attackierte das Biest Hunters linken Arm, der die Verletzung sowie den früheren Bruch entsprechend sellte. Nachdem Brock sich lange Zeit in erster Linie auf den lädierten Arm konzentriert hatte, verpassten sich beide Männer gegenseitig ihre Finisher, nur um jeweils aus den Pins auszukicken.
Triple H kam ins Match zurück, indem er eine alte Blessur Lesnars ausnutzte: immer wieder traktierte der COO dessen Magenpartie mit Kniestößen. Es war ein vergleichsweise langsames Match, in dem das Tempo ein ums andere Mal verschleppt wurde. Als es nach dem zweiten Pedigree gerade so wirkte, als würde Hunter den Sieg einfahren, kam Lesnar mit dem Kimura Lock zurück. Beim ersten Mal konnte HHH sich noch mit Schlägen befreien, nur um gleich wieder darin zu landen. Dieses Mal setzte Brock zudem eine Nierenschere an und "brach" scheinbar einmal mehr den linken Arm seines Gegners. Triple H klopfte daraufhin ab, Sieger: Brock Lesnar.
Fazit
Erwartungsgemäßes Ende, Feel-Good-Moment zum Abschluss der größten Party des Sommers? Von wegen! Stattdessen musste man einem geschlagenen, am Boden zerstörten Triple H dabei zusehen, wie er sich langsam, zunächst sogar unter den "You tapped out"-Rufen eines Teils des Publikums, aus der Halle schleppte. Es hatte etwas von Abschied, von aktivem Karriereende und es bleibt abzuwarten, was RAW kommende Nacht bringt.
Auch die übrige Show wartete nicht unbedingt mit Mark-freundlichen Ergebnissen auf: die Ober-Babyfaces John Cena, der in L.A. merklich wenige Fans hatte, und Rey Mysterio konnten nicht gewinnen beziehungsweise mussten eine Niederlage einstecken, Sheamus verteidigte seinen Titel mithilfe schmutziger Tricks. Was bleibt, sind ein seltsames Gefühl in der Magengegend und jede Menge Fragezeichen, auf die in den kommenden Wochen und Monaten die Antworten erst noch gefunden werden müssen. Zwischen Punk und Cena wird es definitiv weitergehen, Big Show hingegen hat man durch die doppelte Niederlage aus dem Rennen genommen.
Auch bei Sheamus und Del Rio ist nach dem dreckigen Ende das letzte Wort mit Sicherheit noch nicht gesprochen, hier ist vor allem interessant, ob der Ire sich nun charakterlich endlich weiterentwickelt. Wirklich zufriedenstellend war der Pay-per-View aber nicht, da einerseits mehrfach Langeweile aufkam (Sheamus/Del Rio, Tag-Team-Match) oder das Booking Fragen aufwarf, wie beim schnellen zweiten Ende des WWE-Titel-Matches oder der Entscheidung, Jericho gewinnen zu lassen. Zudem muss man einmal mehr den Aufbau der Card hinterfragen.
Zwar wurden keine unnötigen Filler, wie mittlerweile bei PPVs üblich, hinzugefügt; dafür verballerte man gleich zu Beginn mit Y2J vs. Ziggler und dem Auftritt von Daniel Bryan seine Munition und platzierte dafür in der Mitte mit dem World-Heavyweight- sowie dem Tag-Team-Match zwei Kämpfe, die die Stimmung merklich abfallen ließen. Über den größten Stimmungskiller des Abends, den Auftritt von Kevin Rudolf direkt vor dem Main Event, sollte man lieber gar kein Wort verlieren. Nur so viel: bei manchen "Musikern" ist Playback tatsächlich ratsam.