Im Toyota Center von Houston, Texas stiegen vergangene Nacht bei den Survivor Series die Brand Wars zwischen Raw und SmackDown. Dabei fiel das Overbooking deutlich geringer aus, als im Vorfeld zu erwarten war. Stattdessen konzentrierte man sich voll auf die Rivalität zwischen Raw und SmackDown, selbst das Aufeinandertreffen zwischen den beiden World Champions Brock Lesnar und AJ Styles lief clean ab.
Matt Hardy vs. Elias (Kickoff Match)
Sieger: Elias per Drift away. Nach der kurzen Fehde mit Jason Jordan, die nur genutzt wurde, um diesen zu pushen, gewährte man dem Drifter einen Erfolg gegen dessen Verbündeten. Ein Filler-Match ohne großen Sinn oder Perspektive, das Elias immerhin mal wieder einen Sieg gebracht hat, während Matt weiter durchhängen wird, bis a) man sich tatsächlich mit TNA einigen und ihm sein Broken-Gimmick geben kann, oder b) Jeff von seiner Verletzung zurückkehrt.
WWE Cruiserweight Champion Enzo Amore vs. Kalisto (Kickoff Match)
Sieger: Enzo Amore per JawdonZo. Enzos Titelverteidigung war angesichts der miserablen Darstellung von Kalisto, mit dem man offenkundig schon so kurz nach seinem Wechsel in die Division keinerlei Pläne mehr hat, noch sicherer als das Amen in der Kirche. Diese Fehde sollte damit beendet sein und der Lucha wird sich zu den übrigen Ex-Cruiserweight-Champs gesellen, die ohne große Perspektive durchhängen und bestenfalls mal eine nicht völlig sinnlose Fehde spendiert bekommen.
Montag bei Raw dürfte sich dann der nächste Rivale für Enzo zeigen, hier bleiben eigentlich nur noch zwei Optionen: 1. erhält Hideo Itami, der zuletzt bei NXT schon nicht mehr zu sehen war, tatsächlich seinen Call-up. Die Hoffnung, dass man den Japaner perspektivisch sonderlich besser darstellen wird, dürften allerdings gering ausfallen. 2. Man hat sich, wie zuletzt spekuliert wurde, tatsächlich mit Neville geeinigt und er kehrt zurück, um seinen Thron als König wieder einzufordern. Diese Fehde hätte ohne Frage das Potential, der Division endlich mal wieder einen dringend benötigten Aufschwung zu verleihen - zumindest im Titelrennen.
Kevin Owens & Sami Zayn vs. Breezango (Kickoff Match)
Sieger: Kevin Owens und Sami Zayn per Popup Powerbomb von Owens an Fandango. Wenn Raw ein Filler-Match ohne Aufbau erhält, muss SmackDown natürlich nachziehen, und so kam wohl diese Ansetzung zustande. Das Match hatte immerhin den Sinn, die beiden Heels zu präsentieren und so zu versuchen, einen Eingriff im Main Event etwas weniger wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Immerhin wurden KO und Zayn nicht für die berichteten Vorfälle auf der Europatour bestraft, sondern durften einen bedeutungslosen Sieg einfahren.
The Shield vs. The New Day
Sieger: The Shield per Triple Powerbomb vom Turnbuckle, woraufhin Dean Ambrose Kofi Kingston pinnte. Einen besseren Opener hätte man nicht wählen können, um der Halle gleich zu Beginn der Main Show richtig einzuheizen. Die beiden populärsten Stables der letzten Dekade erhielten massig Zeit und lieferten sich eine große Schlacht, die ausgiebig mit Chant-Duellen und "This is awesome" abgefeiert wurde. Der Shield-Sieg war im Vorfeld klar, da man mit dem Trio und natürlich primär mit Roman Reigns deutlich größere Pläne hat.
Der New Day wurde aber nichtsdestotrotz gleichwertig dargestellt und letztlich benötigte es die spektakuläre Super-Variante des Shield-Finishers, um die Einhörner besiegen zu können. Da diese Fehde leider nicht weitergehen kann, wird der Shield sich nun, nach Romans Genesung, wieder diversen wild zusammengewürfelten Multi-Men-Teams stellen, bevor einer der drei turnt und man versucht, sie/Reigns noch stärker zu pushen als zuvor.
Beim New Day hingegen erscheint die Perspektive schwieriger: Ihre Fehde gegen die Usos ist vorbei und sollte, so großartig sie auch war, zumindest noch eine Weile abkühlen, bevor man beide Teams wieder gegeneinander stellt. Ohne die Tag-Titel bleibt bei SmackDown allerdings wenig zu tun für Big E, Xavier Woods und Kofi. Die Fehde gegen Owens und Zayn wurde bereits mehrfach angedeutet und wird sie wohl für ein paar Monate beschäftigen, danach wird es schwieriger, attraktive Paarungen zu finden.
Women's 5-on-5 Traditional Survivor Series Elimination Match
Sieger: Team Raw (Asuka als einziger Survivor). So erfreulich es auch ist, dass die WWE Asuka auch im Main Roster gewaltig pushen will, hat es dieses Match leider auch unfassbar berechenbar gemacht. Durch ihre Einbindung stand der rote Brand schon im Vorfeld als Sieger fest und exakt so kam es auch. Alicia Fox wurde tatsächlich nicht gleich zu Beginn eliminiert, stattdessen musste sich SmackDown-Captain Becky Lynch früh nach Rollup von Bayley verabschieden. Nia Jax wurde von der überraschend stark dargestellten Tamina per Countout ausgeschaltet und zu diesem Moment war klar, dass Asuka am Ende Team SD alleine abfertigen würde.
So blieben Tamina und Natalya übrig, nachdem letztere Sasha Banks im Sharpshooter zum Abklopfen gezwungen hatte, und die Japanerin durfte die berühmt-berüchtigen "Odds" bewältigen und beide nach Hause schicken. Um es kurz zu machen: Das Match diente ausschließlich dazu, Asuka zu pushen und so wird sie sich wohl auch zeitnah auf die Jagd nach Alexa Bliss' Titel machen.
Intercontinental Champion The Miz vs. United States Champion Baron Corbin
Sieger: Baron Corbin per End of Days. Miz ist ohne Frage einer der größten und bedeutendsten Midcard-Champions der WWE-Geschichte und der Einzige, der sich in den letzten Jahren auf die Fahne schreiben konnte, den Titeln ernsthaft Wert und Bedeutung gegeben zu haben. Aber, wie üblich, bleibt zugleich auch seine Rolle, sich für (fast) jeden jüngeren, aufstrebenden Wrestler hinzulegen. Corbin stellte dabei keine Ausnahme dar, denn der Lone Wolf benötigte den Erfolg bedeutend dringender als der Awesome One.
Corbin erholt sich nach wie vor von dem erfolglosen Cash-in des Money in the Bank-Koffers und braucht jeden Erfolg gegen größere Namen, den er kriegen kann, entsprechend war dieses Booking in einem eher kurzen Match die richtige Wahl. Beide werden sich nun wieder ihrer jeweiligen Midcard-Division widmen, Corbin mit etwas mehr Momentum und Miz aufgrund seiner Verdienste ohne Schaden.
Raw Tag Team Champions Cesaro & Sheamus vs. SmackDown Tag Team Champions The Usos
Sieger: The Usos per Superfly Splash von Jey gegen Sheamus. Keine Überraschungen in diesem Match: Beide Teams lieferten, wie gewohnt, ab und zeigten eins der besten Matches des Abends. Dass die Bar großartige Worker sind und den Zwillingen einen besseren Kampf liefern würden als Ambrose und Rollins, war zu erwarten, allerdings ebenso, dass sie gegen das derzeit eindeutig beste Tag Team der WWE verlieren würden.
Die Fans im Toyota Center feierten das Match entsprechend ausgiebig ab. Für die Usos geht es nun vermutlich noch ein wenig gegen Chad Gable & Shelton Benjamin weiter, vorstellbar wäre auch eine Fehde mit den Bludgeon Brothers, nachdem diese Breezango zerstört haben werden.
Doch die Titel werden Jimmy & Jey mit Sicherheit in nächster Zeit nicht abgeben. Das Duo ist derart stark, dass als ernsthafte Konkurrenten ausschließlich der New Day in Frage kommt. Bei The Bar hingegen erscheint ein Titelwechsel zurück zum Shield deutlich wahrscheinlicher, die Fehde wird garantiert weiter gehen, da Raw aktuell keine anderen ernstzunehmenden Teams zur Verfügung hat.
Raw Women's Champion Alexa Bliss vs. SmackDown Women's Champion Charlotte Flair
Siegerin: Charlotte Flair per Figure Eight. Auch in diesem Match war das Ergebnis keine Überraschung. Beide Frauen wurden erwartungsgemäß stark dargestellt und bewiesen, dass sie derzeit zurecht an der Spitze ihrer jeweiligen Division stehen. Doch Charlotte war nach ihrem großen, emotionalen Titelgewinn die logische Siegerin und sollte den Titel nun eine Weile halten, zumal sie seit ihrem Wechsel zu SmackDown alles andere als stark gebookt wurde.
Ihre nächste Gegnerin wird logischerweise Natalya sein, der ein Re-Match zusteht, im Anschluss wird sie die SmackDown-Frauen-Division sicherlich eine Weile dominieren, bevor Carmella ihren Koffer eincasht und ihr den Titel abnimmt. Auf Alexa wartet derweil Asuka, auf die sie spätestens beim Royal Rumble treffen und sich dann wohl auch von ihrem Gürtel verabschieden dürfte.
Universal Champion Brock Lesnar vs. WWE Champion AJ Styles (Champion vs. Champion Match)
Sieger: Brock Lesnar per F5, nachdem er Styles beim Versuch eines Phenomenal Forearm in der Luft abfing. Positiv ist zunächst anzumerken, dass man dieses Match nicht durch Eingriffe von außen ruinierte, sondern den Fans ein faires Match bot, in dem beide Männer absolut ablieferten. Jinder Mahal konfrontierte Styles backstage zu Beginn der Show und wurde auch bei dessen Entrance noch einmal mit einer kurzen Promo eingeblendet, in der er ankündigte, sich seine WWE Championship zurück zu holen.
Im Anschluss folgte ein Match, das so verlief, wie man es erwarten durfte: Lesnar spielte seine Kraft aus, um Styles zu dominieren und ausgiebig zu suplexen. Der WWE-Champ hielt mit Kontern und seiner Schnelligkeit sowie Akrobatik dagegen. Es wurde ein unterhaltsames Match, das belegte, wie sinnvoll der Last-Minute-Wechsel von Mahal zu Styles war.
Der Sieg für Lesnar war logisch und das Biest wird nun weiter Raw dominieren, bevor er seinen Titel an Reigns weiterreichen muss. Styles derweil wird sich Mahal stellen und die Frage, ob man dem Franchise Player von SmackDown nun den Titel lässt, oder ihn tatsächlich wieder an Jinder zurück reicht, kann ohnehin nur Vince McMahon himself beantworten.
Men's 5-on-5 Traditional Survivor Series Elimination Match
Sieger: Team Raw (Triple H & Braun Strowman als Survivor). Es kam, wie es kommen musste: Nach sechs Brand-Matches stand es 3-3 und das Elimination Match der Männer musste die Entscheidung in den Brand Wars liefern. Somit machte auch die Entscheidung, Lesnar vs. Styles nicht in den Main Event zu packen, absolut Sinn, denn der Ausgang in diesem 5 on 5 Match war deutlich offener. Braun Strowman hatte es von Anfang an auf Shane McMahon abgesehen, was sich bis zur Entscheidung durchziehen sollte.
Das Monster among Men dominierte das Match und schaltete Shinsuke Nakamura sowie Bobby Roode aus, bevor er vom gesamten SD-Team durch ein Kommentatorenpult geschickt und somit temporär aus dem Match genommen wurde. Im Anschluss eliminierte John Cena Samoa Joe, wurde anschließend aber überraschend durch Kurt Angle ausgeschaltet. Randy Orton schickte wenig später Finn Balor per RKO nach Hause, um auf 2-3 aus Sicht des Blue Brand zu verkürzen.
Doch damit endete die Aufholjagd auch schon, denn wenig später tauchten Owens und Zayn aus dem Publikum auf und attackierten Shane und Randy. Während McMahon mit Sami beschäftigt war, nutzte Strowman die Ablenkung, um sich einzuwechseln und Orton per Running Powerslam auszuschalten. Auf Raw-Seite waren neben ihm somit noch Strowman, HHH und Angle übrig, SmackDown blieb nur noch sein Commissioner. Während Braun auf ihn wartete, wechselte Hunter sich plötzlich selbst ein, um die Familienfehde im Ring fortzuführen - sehr zu Strowmans Ärger.
Doch bevor es zum Kampf kommen konnte, wechselte Angle sich wiederum ein. Er schien nach einem Angle Slam und dem Angle Lock vor dem Sieg für Team Raw zu stehen, doch plötzlich kam Triple H in den Ring und verpasste seinem Team-Mitglied den Pedigree, bevor er Shane zum Pin auf Angle schleifte. Anschließend verpasste er auch Shane den Pedigree und das Match war vorbei.
Anschließend wollte er mit Strowman den 4-3-Sieg für Team Raw feiern, doch der war alles andere als begeistert. Er schickte Hunter zu Boden und sagte ihm seine Meinung, woraufhin der einen Pedigree versuchte - und stattdessen zwei Running Powerslams kassierte. Die Survivor Series endeten mit einem jubelnden Braun Strowman, der die Halle verließ und einem ausgeschalteten Triple H.
Im Fokus des Matches standen eindeutig der Push von Strowman sowie die Fehden HHH vs. Angle und SmackDown vs. Owens & Zayn. Alles andere schien nur Beiwerk zu sein, die übrigen Beteiligten - einschließlich Cena - sind hier keinen Schritt weitergekommen. Bei Raw wird es definitiv einmal mehr zur Konfrontation von Kurt durch Hunter & Stephanie kommen, man kann aber davon ausgehen, dass der immer mehr zum Face turnende Braun sich einmischen wird. Bei SmackDown wird Shane ohne Frage Owens & Zayn für die Niederlage verantwortlich machen und sie vermutlich die Konsequenzen spüren lassen.
Fazit
Raw hat die Brand Wars gewonnen und das war keine Überraschung. Generell fehlte es dem PPV an irgendwelchen Schockern, stattdessen konzentrierte man sich überraschend stark auf das Wrestling, da die Match-Ausgänge in den meisten Fällen ohnehin keine weiterreichenden Folgen haben würden. Das kann aber durchaus positiv gewertet werden, denn man entschied sich gegen das erwartete Overbooking, selbst im Main Event fiel dies extrem gering aus, indem lediglich Owens & Zayn eingriffen und man sich sogar einen sicher geglaubten Auftritt von Kane sparte.
Dieser wird sicherlich zeitnah zurückkehren, um seine Fehde mit Braun fortzuführen, der ohne Frage zu den großen Gewinnern des Abends zählt. Schien es nach der Niederlage gegen Lesnar noch so, als sei Strowmans Monster-Push vorbei und lediglich dazu genutzt worden, Brock noch stärker wirken zu lassen, bevor der sich für Reigns hinlegen muss, so rückte Braun bei den Series klar in den Mittelpunkt. Mit Kane und der Konfrontation mit Triple H, die sicherlich Folgen haben wird, hat man nun reichlich Potential, das Monster among men weiterhin relevant zu halten.
Apropos Lesnar: Auch dessen Match profitierte enorm davon, dass man auf das sicher geglaubte Eingreifen von außen verzichtete. Die Series hatten insbesondere mit Shield vs. New Day und Usos vs. Bar zwei hervorragende Matches, dazu Lesnar vs. Styles und das perspektivisch sinnvolle gebookte 5 on 5 der Männer. Charlotte und Alexa lieferten ebenfalls ab und Flair erhielt nach einigen Monaten der Bedeutungslosigkeit durch den Sieg gegen Bliss zusätzliches Momentum. Leider fehlen ihr bei SmackDown allerdings die passenden Gegnerinnen, da keine der anderen Frauen wirklich stark gebookt wird - eine Rückkehr von Paige beim blauen Brand statt bei Raw wäre entsprechend sinnvoll.
Unter dem Strich steht ein unterhaltsamer Big-4-PPV, der sich nach vielen schwachen Jahren zum zweiten Mal in Folge wieder relevant anfühlte. Es gab zwar nur wenige Überraschungen, dennoch war die Show spannend und die Survivor Series gewinnen durch das Brand Wars-Theme enorm, da sie dadurch endlich wieder hervorstechen. Einziges Manko bleibt, dass man nur wenige Storylines vorantreiben konnte. Diese Arbeit fällt nun den Wochenshows zu, die knapp zwei Monate vor dem Start auf die Road to WrestleMania dringend abliefern müssen.