Im Main Event von Extreme Rules in der PPG Paints Arena von Pittsburgh Pennsylvania landete überraschenderweise weder WWE Champion AJ Styles gegen Rusev noch Roman Reigns gegen Bobby Lashley, sondern das offiziell 30-minütige Iron Man Match zwischen Intercontinental Champion Dolph Ziggler und Seth Rollins. In einem Feuerwerk bewiesen beide Männer, dass ihr Match dieses Spots auf der Card absolut würdig war.
Sin Cara vs. Andrade "Cien" Almas (Kickoff Match)
Sieger: Andrade "Cien" Almas per Hammerlock DDT. Die Tatsache, dass Almas und SAnitY sich knapp drei Monate nach dem Roster Shakeup vergleichsweise glücklich schätzen dürfen, immerhin im Kickoff eines B-PPVs gelandet zu sein, unterstreicht das bisherige völlige Versagen bei den diesjährigen NXT-Call-ups.
Ein völlig unbedeutender Sieg gegen einen völlig unbedeutenden Jobber wird den Ex-NXT-Champion kein Jota nach vorne bringen. Er benötigt nun dringend Ernst zunehmende Fehden gegen Upper-Midcard-Faces wie Jeff Hardy, falls man Cien perspektivisch als den neuen Latino-Star aufbauen will.
The New Day vs. SAnitY (Tables Match) (Extreme Rules Kickoff)
Sieger: SAnitY nach einem Flying Elbow Drop von Eric Young gegen den auf einem Tisch aufgebahrten Kofi Kingston. Im Vergleich zu Andrades "Erfolg" wiegt dieser gegen eins der erfolgreichsten Teams der WWE-Geschichte merklich mehr, auch wenn er leider im Kickoff etwas verschwendet wurde.
Die Matchart war die perfekte Wahl, um SAnitY ihre Form des Chaos' ausleben und gleichzeitig als Einheit auftreten zu lassen, durch die Stipulation wurde der New Day zudem nicht sonderlich geschwächt. Die Paarung bietet viel Potential, insbesondere auch in der Konstellation Killian Dain vs. Big E, die in ihrem jeweilige Stable das größte Single-Star-Potential besitzen, und sollte fortgeführt werden.
Raw Tag Team Champions "Woken" Matt Hardy & Bray Wyatt vs. The B-Team
Sieger und neue Raw Tag Team Champions: The B-Team, nachdem sie den Tag-Finisher der Champs verhindern und Bo Dallas Matt Hardy per Slingshot auf die Matte befördern konnte. Es ist tatsächlich passiert, das "Best Team" hat den Titel gewonnen! Was einerseits die Krönung eines verdienten Pushes für zwei Jobber ist, die sich trotz jahrelangem Katastrophen-Bookings und Demütigungen vor laufenden Kameras - falls sie denn überhaupt auftreten durften - stets rein gehangen und merklich verbessert haben, zeigt gleichzeitig auch die Planlosigkeit des Bookings von Matt Hardy und Bray Wyatt.
Seit dem Titelgewinn hat ihre Storyline merklich an Momentum verloren, Wyatts Verkehrsunfall hat die Situation im Zweifel auch nicht verbessert. Nun kann man ihnen ein Re-Match geben und im Anschluss die Fehde Matt vs. Bray neu starten, denn ein erneuter Titelgewinn würde beide Teams nicht voranbringen. Dass dies für Matt vs. Bray Reloaded gilt, darf aber auch bezweifelt werden.
Finn Balor vs. "Constable" Baron Corbin
Sieger: Finn Balor per Rollup als Konter gegen End of Days. Ein kurzes Match endete auf die für beide Männer sinnvollste Weise, denn Finn benötigte einen Sieg und Corbin darf in seinem neuen Gimmick keinesfalls schwach dargestellt werden, was man durch den Überraschungseffekt des Konters bewerkstelligte. Es ist klar, dass Corbin den Iren bei Raw erneut hart attackieren und somit ein Match beim SummerSlam einleiten wird, das aufgrund der vollgepackten Card aber wohl auch nicht prominenter platziert werden wird.
Beide Männer brauchen dringend Erfolge, doch bei Balor wirkt es nicht zwingend so, als ob die WWE noch mit ihm als Main Eventer plant. Entsprechend muss der Sieg im Rubber Match eigentlich an den Constable gehen, der in seiner neuen Rolle weiter aufblüht und zweifelsfrei das Potential für mehr hat.
SmackDown Women's Champion Carmella vs. Asuka (zusammen mit James Ellsworth)
Siegerin und weiterhin SmackDown Women's Champion: Carmella, nachdem James Ellsworth sich erwartungsgemäß aus dem Käfig befreien und Asuka ablenken konnte. Dies nutzte Mella , indem sie die Japanerin in den Käfig hämmerte und anschließend pinnte. Nach dem Match verpasste Asuka noch mehreren Crew-Mitgliedern eine Abreibung, bevor sie Ellsworth weiter abfertigte.
Der Fokus richtet sich weiterhin auf Asuka vs. Ellsworth, eine Fehde, die wohl weitergehen wird. So unterhaltsam dies auch ist, muss doch gleichzeitig die Frage gestellt werden, ob man überhaupt noch mit Asuka als Women's Champion plant? Carmellas starker Run geht ebenfalls weiter und sie sollte sich allmählich einer anderen Gegnerin zuwenden. Im Zweifel wird James aber ein weiteres Titelmatch der beiden beim SummerSlam herbeiführen - Asukas vorerst letzte Chance, endlich den Titel zu holen und sich aus ihrer seit WrestleMania anhaltenden Abwärtsspirale zu befreien.
United States Champion Jeff Hardy vs Shinsuke Nakamura
Sieger und neuer United States Champion: Shinsuke Nakamura, nachdem er schon vor dem Ertönen des Ringgongs hinter dem Rücken des Referees Jeff einen Low Blow verpasste und ihn dann per Kinshasa ausknockte. Man musste Zeit sparen, um die vollgepackte Card durchzukriegen und hat das hier auf die bestmögliche Art gemacht. Nakamura gewinnt endlich seinen ersten Titel im Main Roster, seine Heel-Persona wird effizient weiter voran gebracht und Hardy dabei nicht geschwächt - perfekt gemacht!
Nachdem Shinsuke die WWE-Championship in diversen Anläufen nicht holen konnte, war der zeitnahe Gewinn des B-Titels ungemein wichtig und gibt ihm ein wichtiges Momentum zurück. Nach dem Match kehrte Randy Orton zurück, der vor seiner Verletzung bereits Differenzen mit beiden Männern hatte, und attackierte überraschend Jeff. Ob dies nun zu einem 3-Way beim SummerSlam führen wird, oder Randy Jeff aus der Fehde zieht, um diesen nicht erneut bei einem PPV gegen Nakamura verlieren zu lassen, werden die kommenden Wochen zeigen.
Braun Strowman vs Kevin Owens (Steel Cage Match)
Sieger: Kevin Owens, nachdem Braun ihn von der Spitze des Käfigs durch ein Kommentatorenpult chokeslamte. Kein Käfigmatch ohne grausamen Sturz von KO. Der Ex-Universal-Champ bewies hier einmal mehr seine Bereitschaft, sich für seinen Sport aufzuopfern und nahm einen brutalen Bump, was bei Vince McMahon aber vermutlich weniger zählen wird als sein Körperumfang. Gleichzeitig kassierte Strowman tatsächlich eine Niederlage, wirkte dabei aber natürlich gewohnt dominant und "muss" nach WWE-Logik als amtierender Money in the Bank-Sieger Matches verlieren, damit sein Cash-in überraschender wirkt.
Die dank großartiger Schauspielkunst beider Männer ungemein unterhaltsame Fehde, in der Owens leider aber immer wieder extrem schwach dargestellt wird, sollte zu einem Re-Match beim SummerSlam führen, bei dem Strowman die in ihm herrschenden Zweifel völlig zerstören und sich später am Abend die Universal Championship holen wird.
SmackDown Tag Team Champions The Bludgeon Brothers vs. Team Hell No
Sieger und weiterhin SmackDown Tag Team Champions: The Bludgeon Brothers per The Bludgeoning gegen Daniel Bryan, während Kane auf dem Apron hing. Da die Champs Team Hell No bereits im Vorfeld backstage attackiert hatten und Kane, der wohl tatsächlich verletzt war, am Match praktisch nicht teilnahm, fiel die Titelverteidigung glaubhaft aus und verschaffte Harper & Rowan zusätzliches Heel-Momentum gegen zwei absolute Publikumslieblinge. Falls das Ganze nicht zu einem erneuten Streit zwischen Bryan und Kane führen sollte, ist ein Re-Match die logische Konsequenz.
Stand jetzt endet Daniels Vertrag am 31. August und ein Auftritt beim SummerSlam könnte sein letzter in der WWE sein. Ob die beiden Parteien sich noch auf eine Vertragsverlängerung einigen werden - oder dies längst getan haben - wird auch das Booking der kommenden Wochen zeigen. Im Interview mit The Business Times deutete er immerhin zuletzt an, dass eine Verlängerung wahrscheinlich sei.
Roman Reigns vs. Bobby Lashley
Sieger: Bobby Lashley per Spear out of nowhere. Die Sensation des Abends fand tatsächlich statt, Reigns musste sich dem bislang so katastrophal gebookten Lashley geschlagen geben und das Titelmatch beim SummerSlam wird nun voraussichtlich Lesnar vs. Lashley lauten. Dass Bobby ihn zudem mit dem gemeinsamen Finisher besiegte, war das zusätzliche Salz in der Suppe. Doch dieses Ergebnis macht vor allem deutlich, dass man Reigns nicht beim SummerSlam erneut gegen Brock verlieren lassen will.
Niemand dürfte glauben, dass Lashley dort tatsächlich den Titel gewinnt, selbst ein kurzzeitiger Triumph wäre eine handfeste Überraschung. Lesnar wird zur UFC zurückkehren und somit vorerst raus sein, entsprechend ist ein erfolgreicher Cash-in von Strowman nach dem Match die wahrscheinlichste Variante. Somit hätte man mit Braun, Bobby und Roman drei Männer im Universal-Titelrennen und hielte sich weiterhin die Option offen, Reigns perspektivisch seinen Sieg gegen Lesnar doch noch zu geben, falls dieser wieder in den WWE-Ring zurückkehrt.
Raw Women's Champion Alexa Bliss vs. Nia Jax (Extreme Rules Match)
Siegerin und weiterhin Raw Women's Champion: Alexa Bliss per DDT auf einen Stuhl. Dieses Match als chaotisch zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung. Mickie James griff ausgiebig für Alexa ein, provozierte somit ein Eingreifen Ronda Rouseys, die gemeinsam mit ihrem Ehemann im Publikum saß, und Natalya als Jax' Begleiterin durfte auch mitmischen. Letztlich hat man damit alles richtig gemacht, denn Bliss konnte Jax glaubwürdig besiegen, ohne sie dabei zu sehr zu schwächen.
Waffen wurden munter eingesetzt und Rousey vs. James als Übergangsfehde hat ein neues Momentum erhalten, nachdem Ronda die Veteranin windelweich prügelte. Nach dem Matchverlauf könnte man auch Bliss vs. Jax noch einen Monat weiterführen, stünde dann aber erneut vor der Herausforderung, eine Titelverteidigung glaubwürdig zu verkaufen, da Bliss' Regentschaft sicherlich weitergehen soll.
WWE Champion AJ Styles vs. Rusev
Sieger und weiterhin WWE Champion: AJ Styles per Phenomenal Forearm. Es bleibt dabei: AJ Styles darf einfach keinen PPV headlinen! So schade das auch ist, soll es die Leistungen beider Männer in einem langen, ansehnlichen Match aber nicht schmälern. Wer ernsthaft glaubte, Rusev könne am Rusev Day tatsächlich den World Title holen, sah sich einmal mehr enttäuscht, The Phenomenal One setzte sich trotz Eingreifens von Aiden English für den Bulgaren erwartungsgemäß durch.
Das Ganze war eine Übergangsfehde für Styles, dessen Gegner für den SummerSlam noch offen ist. Sicher hingegen dürfte sein, dass er trotz stets überragender Leistungen auch diesen PPV wieder nicht beenden darf.
Intercontinental Champion Dolph Ziggler vs. Seth Rollins (30-Minute WWE Iron Man Match)
Sieger und weiterhin Intercontinental Champion: Dolph Ziggler mit 5-4 in Sudden Death Overtime, nachdem das Match zuvor mit 4-4 in einem Unentschieden endete. Ein Abend, der durchaus einige Überraschungen in petto hatte, lieferte im Main Event noch einmal voll ab. So sehr man sich auch darüber ärgern kann, dass Styles diesen Spot einmal mehr nicht belegen durfte, so sehr darf man sich für Ziggler und Rollins freuen. Die beiden lieferten ein Feuerwerk ab, an dessen Ende tatsächlich Ziggler erneut die IC Championship in die Höhe recken durfte.
Den entscheidenden Assist erhielt er dabei von seinem Verbündeten Drew McIntyre, der sich beim regulären Match rausgehalten hatte, in der Overtime aber auftauchte und Rollins ablenkte, was Ziggler zum entscheidenden ZigZag nutzte. An sich ist ein Iron Man Match das ideale Rubber Match einer Fehde, angesichts des Finishes wäre aber auch ein weiteres Feuerwerk der beiden beim zweitwichtigsten PPV des Jahres denkbar. Alternativ könnte man zum SummerSlam aber auch Rollins vs. McIntyre ins Rollen bringen, Ziggler würde dann einen neuen Herausforderer benötigen - und im Zweifel vom Main Event nur noch träumen dürfen.
Fazit
Für einen Übergangs-PPV wusste Extreme Rules ungewohnt oft zu überraschen! Lashley durfte tatsächlich Reigns pinnen, Rollins vs. Ziggler stahl dem Main Event die Show und Kevin Owens konnte - wenn auch auf sehr WWE-typische Art - tatsächlich Strowman besiegen. Hinzu kamen der sinnvoll gebookte Squash-Sieg für Nakamura mit anschließendem Orton-Comeback, Heelturn sowie das Chaos rund um die Raw-Women's, SmackDown-Tag-Team-Titel.
Zudem wurde bereits im Vorfeld bekannt gegeben, dass Hulk Hogan, zwischenzeitlich aufgrund rassistischer Äußerungen bei der WWE in Ungnade gefallen, seinen Platz in der WWE Hall of Fame wiedererhalten hatte. Dass Miz bei Extreme Rules nicht auftauchen und die Fehde gegen Bryan somit nicht fortgeführt würde, war auch nicht unbedingt zu erwarten, ebenso wenig wie der sensationelle Titelgewinn des B-Teams.
Im Ring lieferte wenig überraschend insbesondere das Iron Man Match ab, zudem nutzte man in den meisten Gimmick-Matches die Stipulation sinnvoll. Entsprechend wurden bei Extreme Rules teils sehr unerwartet die Weichen für den SummerSlam gestellt, seinen Zweck hat der PPV somit vollkommen erfüllt.