Trucker-Dan stoppt Hammer-Time

Alexander Maack
03. November 201419:17
Daniel Ricciardo war mit seinem dritten Platz in Austin sichtlich zufriedengetty
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In der Formel-1-Saison 2014 soll es dank verändertem Reglement wieder mehr auf den Fahrer ankommen. SPOX-Redakteur Alexander Maack bewertet nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 17: Der USA-GP in Austin.

Platz 1, Daniel Ricciardo: Es mag unspektakulär ausgesehen haben, doch der Australier legte in Austin eine Paradeleistung hin. Den schlechten Start machte er direkt wieder wett, als er Kevin Magnussen in Turn 12 und nach dem Restart auch Fernando Alonso überholte. Gerade das Manöver gegen den Spanier war eine Augenweide. Zwar versuchte Alonso die Innenbahn zu decken, Ricciardo erkannte aber, dass genug Platz für einen Angriff ist und vermied einen Kontakt mit den Williams, die sich gleichzeitig vor ihm beharkten.

Zwar eröffnete sich im ersten Stint mit seinem normal abgestimmten Red Bull keine Chance zu einem Angriff auf Valtteri Bottas und Felipe Massa, doch bei den Boxenstopps stellte Red Bull die Gelegenheit per Undercut her. Ricciardo nutzte den Vorteil der schnelleren, weil neueren Reifen und schnappte sich je einen Williams pro Reifenwechsel. Eine Selbstverständlichkeit war das nicht. Das britische Privatteam hatte ein Auto, das das Tempo der Mercedes zwischenzeitlich mitgehen konnte.

Vier Driver-Ranking-Siege hat Ricciardo seit seinem Abschied von Toro Rosso schon gesammelt und liegt komfortabel auf Platz zwei der Gesamtwertung. Glücklicherweise wirkt sich der Trucker-Erotik-Sternchen-Bart nicht auf den Fahrstil aus. Es bleibt abzuwarten, wie er 2015 mit dem zusätzlichen Druck als Nummer eins von Red Bull umgeht. Wahrscheinlich macht er es wie immer: Er wird ihn einfach weglächeln.

Platz 2, Lewis Hamilton: Der zehnte GP-Sieg in diesem Jahr, der fünfte in Folge. Wie soll Nico Rosberg das Momentum des Engländers überhaupt noch umkehren? Eine echte, logische Antwort will sich nicht wirklich aufdrängen. Auch wenn Hamilton am Samstag nicht den optimalen Rhythmus fand und seinem Teamkollegen beim Start den Vortritt lassen musste, fuhr er am Sonntag perfekt. SPOX

Das Überholmanöver mag durch Rosberg begünstigt gewesen sein, doch Hamiltons anschließende Fahrt bis zur Ziellinie war die Fortsetzung seines Höhenflugs, der seit dem teaminternen Unfall beim Belgien-GP anhält. Wer die Wut auf den eigenen Teamkollegen in derartige Ausnahmeleistungen umwandelt und gleichzeitig das Ziel nicht aus den Augen verliert, kommt um den Titel wohl kaum herum - wenn nicht Abou Double wäre.

Platz 3, Sebastian Vettel: Ein Wochenende zum Vergessen schien der wechselwillige Weltmeister erwischt zu haben. Erst der verspätete Einsatz der sechsten Powerunit mit dem dadurch erzwungenen Start aus der Boxengasse und dann wollte der Red Bull einfach nicht laufen. Statt 1:44er Zeiten wie im Training kam Vettel nicht unter 1:46 Minuten. "Den ersten Teil kannst du komplett vergessen. Da ging gar nichts", lautete das ernüchterte Fazit.

Doch der Heppenheimer schlug zurück, als er kurz vor Schluss einen weichen Satz Reifen holen musste. Plötzlich funktionierte der RB10. Vettel kam an die Gruppe an Räikkönen, Button, Grosjean, Vergne, Maldonado, und Magnussen binnen weniger Runden ran. Wer nicht selbst Platz machte, wurde überholt. Dabei profitierte der Heppenheimer aber nicht von Setup oder DRS, er kanalisierte den Frust auf der Bremse. Platz sieben, nur eine halbe Sekunde Rückstand auf Alonso. Der verdiente Lohn für einen harten Fight unter widrigen Umständen.

Platz 4, Nico Rosberg: Die Pole Position durch eine herausragende Leistung kam wie gerufen, am Ende blieb dennoch nur der Platz des ersten Verlierers. Der gebürtige Wiesbadener hatte alle Trümpfe auf seiner Seite, doch er leistete sich zwei Fehler gleichzeitig und schenkte Hamilton dadurch den Sieg.

Neben der Tatsache, dass er die Tür beim Überholmanöver zu weit offen ließ, hatte er vorher das Hybrid-System falsch eingestellt. Die gewünschte Leistungssteigerung des Antriebs blieb aus, der Sieg war futsch. Dass Hamilton zudem das bessere Reifenmanagement hatte, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Rosbergs Leistung ebenfalls gut war. Der Unterschied zwischen beiden Mercedes-Piloten war sehr klein.

Platz 5, Felipe Massa: Schon beim Start am eigenen Teamkollegen vorbeigegangen, ließ der Brasilianer im zweiten Stint mal wieder seine Fähigkeiten aufblitzen. Während die anderen Piloten den Anschluss an die Silberpfeile verloren, war es Massa, der sich zusammen mit Ricciardo auf die Jagd machte. Die beiden schafften das Unerwartete und holten sukzessive zwei Sekunden auf Rosberg und Hamilton auf.

Letztlich kosteten die Mechaniker dem 33-Jährigen den Platz auf dem Podium: Beim zweiten Reifenwechsel verlor Massa etwa eine Sekunde in der Boxengasse. Da sein Auto im Rennen auf einem Niveau mit dem Red Bull war, kam er anschließend nicht mehr in Schlagdistanz.

Seite 1: Von Ricciardo zu Massa

Seite 2: Von Alonso bis zum doppelten Härtefall

Platz 6, Fernando Alonso: Jedes Rennen dasselbe Spiel: An der Leistung des Ferrari-Piloten auf der Strecke gibt es kaum etwas auszusetzen. Teaminterner Sieg im Quali-Duell gegen Kimi Räikkönen, Sprint-Start mit Platzgewinn, das Maximum aus dem Auto herausgeholt. Die einzigen Makel waren die etwas schwerfälligen Überholmanöver.

Gerade gegen Button hätte der Asturier früher vorbeiziehen können. Dann wäre der Zieleinlauf vor Vettel keine solch extreme Zitterpartie geworden - im wahrsten Sinne des Wortes. Alonso hatte in den Schlussrunden so extreme Vibrationen durch seine Reifen, dass er laut eigener Aussage die Strecke kaum sehen konnte. Die Vorderreifen waren zerstört.

Platz 7, Romain Grosjean: Der Franzose lag lange vor seinem Teamkollegen Pastor Maldonado, doch dann mischte sich Jean-Eric Vergne in den Zweikampf ein und beförderte ihn neben die Strecke. Statt der dritten Punktfahrt der Saison musste sich Grosjean mit dem unliebsamen elften Platz zufrieden geben.

Dabei hatte er bis dahin ein vorzügliches Rennen abgeliefert. Als Vergne und Maldonado erstmals in die Box abbogen, gab er Gas und kassierte beide, weil er sich mehr Leistung seiner Reifen aufgespart hatte. Auch dass er die rechnerisch langsamere Strategie mit zwei Stints auf weichen Slicks fuhr, änderte nichts daran, dass er ohne den Rempler wohl vorn geblieben wäre.

Platz 8, Kimi Räikkönen: Sieben Plätze lag der Finne am Ende des Rennens hinter seinem eigenen Teamkollegen. Das ist zu viel, der Iceman präsentierte sich selbst genervt, dass er durch Untersteuern bei jedem Grand Prix seine Vorderreifen zerstört. Doch in Austin war wohl auch Sergio Perez schuld, dass der Ferrari-Pilot einmal mehr an die Box kommen musste als Alonso.

Als der Mexikaner in der ersten Runde ein Überholmanöver ohne Aussicht auf Erfolg startete und damit Adrian Sutils Rennen beendete, erwischte er zuvor Räikkönens Heck. Auch wenn der werdende Vater die Verantwortung für sein Abschneiden auf seine Kappe nahm, deutete das Team an, dass das Auto beschädigt war. Das wertet die Leistung auf.

Platz 9, Jenson Button: Was McLaren mit seinem Ex-Weltmeister vor hatte, weiß wohl nur das Team. Button verlor das teaminterne Duell, weil Kevin Magnussen eine Runde früher seinen letzten Reifensatz verpasst bekam. Der Engländer wurde kurzfristig gebeten, noch weiterzufahren und musste dabei Vergne vorbeilassen. Zwar fiel der Franzose im Toro Rosso nach seinem eigenen Stopp wieder hinter Button zurück, an Magnussen ging aber kein Weg mehr vorbei.

Dass der Routinier über den Funk süffisant die zweifelhafte Anweisung des Teams kommentierte, dürfte verständlich sein. Immerhin konnte er sich nach dem Rennen selbst für seine gelungene Verteidigungsfahrt gegen Alonso auf die Schulter klopfen. Die zwei Umläufe dauernde Schlacht verlor er zwar, den Ausschlag dafür gab aber lediglich der schnellere Ferrari.

Platz 10, Valtteri Bottas: Platz drei in der Startaufstellung war ein gutes Resultat, doch der fliegende Finne konnte es nicht bestätigen. Er ließ die Kupplung rutschen und musste deshalb Williams-Partner Massa durchschlüpfen lassen. Auch sein Angriff beim Restart war nicht optimal getimt. Im zweiten Stint konnte er das Tempo dann gar nicht mehr mitgehen.

Härtefälle, Jean-Eric Vergne und Pastor Maldonado: Strafen gehören zur modernen Formel 1 mittlerweile dazu. Doch wer gleich zwei in einem Rennen kassiert, muss schon ziemlich danebengelegen haben. Vergne und Maldonado waren erst während der Safety-Car-Phase zu schnell und bekamen am Ende nochmal fünf Sekunden auf ihre Zeit ausgeschlagen. Vergne hatte Grosjean gerammt, Maldonado war zu schnell in der Box. Einfach unnötig.

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