Sensationell spielt der FC Bologna erstmals seit 60 Jahren und überhaupt erst zum zweiten Mal in der Königsklasse. Als Vorstand mittendrin: ein 51-jähriger Franke namens Christoph Winterling. Im Interview erzählt der öffentlich unbekannte Manager seine besondere Geschichte.
Als Nachkomme einer Porzellan-Dynastie landete Winterling über das Sportmarketing-Unternehmen UFA und Adidas 2012 bei der AS Roma. Zwei Jahre später wechselte er zum FC Bologna, wo er seitdem als Vorstand für Vertrieb und Marketing den steilen Aufstieg des Traditionsklubs von der Serie B in die Champions League begleitet. Auf dem Weg traf er Marko Arnautovic und Joshua Zirkzee - und lehnte ein Angebot des FC Liverpool ab. Am Mittwoch gastiert Winterling mit Bologna an der Anfield Road.
Herr Winterling, der FC Bologna ist nach 60 Jahren zurück in der Königsklasse. Wie erleben Sie die Stimmung in der Stadt?
Christoph Winterling: Es herrscht eine irre Begeisterung. Die Balkone sind mit Fahnen geschmückt, die Geschäfte sind komplett rot und blau ausgestattet, das Stadion ist immer voll und zudem kommen immer mehr ausländische Touristen zu unseren Spielen. Als wir im Frühling die Champions-League-Qualifikation fixiert haben, wurde tagelang gefeiert. Beim Autokorso durch die Stadt waren 100.000 Menschen auf den Straßen.
Wie überraschend kam der Erfolgslauf?
Winterling: Vor zehn Jahren ist ein kanadischer Investor eingestiegen, er hat auch mich nach Bologna geholt. Damals ist der Klub gerade aus der Serie A abgestiegen. Unser Ziel war es, innerhalb von zehn Jahren europäisch zu spielen. Das haben wir exakt geschafft. Dass es die Champions League wurde, kam völlig unerwartet. Die Einnahmen investieren wir nun vernünftig in junge Spieler mit Perspektive und in die Infrastruktur. Künftig wollen wir konstant um die Europapokalplätze mitspielen. Es ist uns aber bewusst, dass die Champions League nicht immer möglich sein wird. Deshalb genießen wir das Momentum umso mehr.
Sie sind Vorstand für Vertrieb und Marketing. Was sind Ihre konkreten Aufgabengebiete?
Winterling: Ich kümmere mich um alle Einnahmebereiche außerhalb des Sports: Ticketing, Hospitality, Sponsoring, Merchandising und Stadionmanagement.
Was zeichnet den FC Bologna aus?
Winterling: Bologna gilt in Italien als sympathischer, wirtschaftlich solide arbeitender Verein ohne Neider. Wir haben zwar "nur" rund 450.000 Fans, dafür aber nach Juventus Turin die zweitmeisten Sympathisanten. Juve wird entweder gehasst oder geliebt. Wir sind der Zweitlieblingsverein vieler Fans. Das ist bei den Gesprächen mit möglichen Sponsoren ein großer Pluspunkt. Denn sie versuchen Vereine auszuwählen, die nicht polarisieren.