Spätestens nach dem sensationellen Sieg in der Todesgruppe D ist Österreich nicht mehr nur "geheimer" EM-Favorit. Entscheidend für den Erfolgslauf sind drei Aspekte: Ralf Rangnick hat den Glauben einer Nation geweckt, sein System funktioniert Spieler-unabhängig und Marko Arnautovic sorgt für das besondere Etwas.
Oben auf den Rängen des Berliner Olympiastadions rund 20.000 ekstatische österreichische Fans, unten auf dem Rasen die nicht minder euphorisierten Spieler: Kurz nach Abpfiff dieses sensationellen 3:2-Sieges gegen die Niederlande sangen sie alle zusammen inbrünstig "I am from Austria". Mit seinem patriotischen Pathos einerseits das perfekte Lied für diesen Moment, gleichzeitig aber auch eine Themenverfehlung.
"Dei hohe Zeit is lang vorüber", heißt es in Österreichs inoffizieller Nationalhymne beispielsweise. Oder auch: "Von Ruhm und Glanz is wenig über." Tatsächlich glänzte der österreichische Fußball lange nicht mehr so sehr wie an diesem Abend in Berlin, tatsächlich ist seine "hohe Zeit" nicht vorüber - sondern genau jetzt!
Schon vor dem Turnier wurde Österreich bisweilen als Geheimfavorit gehandelt, spätestens an diesem Dienstagabend durfte man das "geheim" getrost streichen. Nach Polen besiegte Österreich auch die Niederlande und kürte sich somit noch vor Frankreich zum Sieger in der Todesgruppe D. Spanien überragt bisher zwar alle anderen Mannschaften, dem Favoriten-Verfolgerfeld um Deutschland ist Österreich nun aber unbedingt zuzurechnen.
Die Mannschaft von Trainer Ralf Rangnick hat sich von Spiel zu Spiel gesteigert. Gegen Frankreich, die nominell hochkarätigste Auswahl des Turniers, präsentierte sich Österreich spielerisch ebenbürtig, ließ aber die nötige Torgefahr vermissen. Das entscheidende 0:1 war dazu doppelt unglücklich: Eigentor in Folge eines Schiedsrichter-Fehlers. Vor der Partie gegen Polen stand Österreich gehörig unter Druck, hielt ihm mit einem letztlich souveränen 3:1-Sieg jedoch stand. Das 3:2 gegen die Niederlande sicherte schließlich den Gruppensieg.