Vor der EM 2024 in Deutschland haben sich erst Hansi Flick und dann Julian Nagelsmann mit der DFB-Elf in eine bedenkliche Lage gespielt. Die Kritik ist logisch, ein neues Sommermärchen nicht in Sicht. Der Blick zurück könnte aber in gewisser Weise Mut machen: Jürgen Klinsmann stand vor der WM 2006 ebenfalls unter Beschuss.
Dieser Artikel wurde erstmals am 23. Juni 2023 veröffentlicht
Immerhin ist diesmal bis jetzt noch kein Politiker auf die Idee gekommen, den Bundestrainer vor den Sportausschuss des Bundestags zitieren zu wollen. Mag daran liegen, dass es in der Bundesrepublik im Jahr 2023 sicher drängendere Probleme gibt als die Fußball-Nationalmannschaft.
Vielleicht schwant auch den Volksvertretern, dass mit der aktuellen DFB-Elf kein Staat zu machen ist, womöglich sind die Nationalmannschaft und die anstehende Heim-EM der Politik auch einfach ähnlich egal wie weiten Teilen des Publikums, jedenfalls: in dieser Beziehung hat es Julian Nagelsmann im Vergleich zu Jürgen Klinsmann noch gut.
Flick muss ein Jahr vor der EM 2024 - schwer bis unmöglich genug - nur die bedrohliche sportliche Krise einer arg ramponierten und desorientiert wirkenden Mannschaft lösen und ansonsten einen momentan noch vor allem von bestimmten Medien und von sogenannten TV-Experten vorgetragenen Empörungssturm aushalten und die Krise moderieren.
Bei Jürgen Klinsmann drehten sich die Diskussions- und Empörungsspiralen bis weit ins WM-Jahr hinein dagegen um das Bruttosozialprodukt und die Aufbruchstimmung im Land, um dringend nötige Reformen und hohe Arbeitslosenzahlen, um Markenbildung der DFB-Elf und ein neues Nationalbewusstsein, um Freizügigkeit, Mentalität, Jugendförderung und Wohnortwahl, um amerikanische Fitnesstrainer und Gummibänder, kurz: bei Jürgen Klinsmann ging es vor der WM 2006 um alles.