Schon bevor am Freitagabend im EM-Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Schottland der Ball rollt, ist eines klar: Alle eingesetzten Spieler zusammen werden nicht so viele Meter abspulen wie der Schotte Craig Ferguson. Der läuft nämlich gerade stilecht im Schottenrock von Glasgow nach München.
Damit legt der 20-Jährige nicht nur knapp 1600 Kilometer in 41 Tagen zurück, er macht auch auf ein wichtiges Thema aufmerksam: die mentale Gesundheit von Männern. "Darüber wird nicht genug gesprochen", sagte der Kellner: "Der Lauf zur Fußball-EM bietet eine gute Plattform zu zeigen, dass es nicht unmännlich ist unter Ängsten zu leiden, über negative Gefühle zu sprechen und dass Suizid nicht der einzige Ausweg ist."
Ferguson schafft durch das Sammeln von Spenden zudem auch einen direkten Mehrwert. Bisher sind bei dem Lauf durch sechs Länder knapp 50.000 Euro zusammengekommen. Die Summe nutzt die gemeinnützige Organisation "Brothers in Arms Scotland", um für niedrigschwellige Hilfe bei psychischen Problemen zu sorgen.
Entstanden war die Idee aus einem Scherz mit einem Kumpel - aus Spaß wurde aber schnell eine ernste Planungsphase, die nach der Qualifikation der Schotten für die EM realisiert wurde. Damit machte er nicht nur die mittlerweile knapp 30.000 Follower bei Instagram auf sich aufmerksam. Auch die britische Botschaft in Berlin lud Ferguson vergangene Woche zu einer Vortragsreihe zum Thema ein. Ein Umweg, den er "gerne in Kauf genommen" hat - und ausnahmsweise nicht gelaufen ist.
Das gesamte Projekt jedenfalls war eine Reise, "die ich nicht vergessen werde", sagt Ferguson, und sie hatte ihre Tücken. Irgendwann zwischen Glasgow und München geriet er gar in einen Sturm, war ohne Telefonnetz und verlief sich "komplett in einem Waldstück. Aber das gehört genauso zu diesem Lauf."
Am Donnerstagmittag nun kommt der Schotte im Kilt am Münchener Marienplatz an, dort wird er von Freunden und Familie empfangen. Mit ihnen, den anderen schottischen und auch den deutschen Fans will er das Turnier und seinen Lauf feiern: "Ich denke, die Deutschen und die Schotten haben eine besondere Verbindung, und die zeigt sich in der Gastfreundschaft."
Für das Spiel tippt der junge Schotte ein 1:0 für seine "Bravehearts" und schränkt sofort wieder ein: "Ich weiß nicht, ob ich das wirklich glaube, aber ich drücke die Daumen."