Es war ein Satz wie ein Fallbeil. "Es ist schwer, eine Linie zu erkennen", sagte Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp zu dem Konzept seines Trainers Holger Stanislawski. Offen zeichnet sich ab, dass sich der kantige Typ Stanislawski nicht so leicht in Hopps Strukturen einfügen lässt, und mittlerweile im Verein isoliert ist. Mehr noch: Stanislawskis Tage scheinen gezählt.
Laut dapd-Informationen soll Mäzen Hopp Manager Ernst Tanner bereits angehalten haben, mit dem kürzlich bei Hertha BSC entlassenen Markus Babbel Sondierungsgespräche zu führen. Hoffenheims Pressesprecher Holger Tromp wollte dies auf Anfrage nicht bestätigen. Aber "bei Ralf Rangnick war zu sehen, dass er ein Pressing spielte", hatte Hopp in der "Rhein-Neckar-Zeitung" gesagt und die Demontage Stanislawskis damit noch untermauert.
Stanislawski reagierte äußerlich gelassen auf die Spitzen Hopps. "Man nimmt das so zur Kenntnis und macht sich seine eigene Gedanken. Ich kann mit Druck gut umgehen. Wichtig ist, dass die Jungs funktionieren", sagte der Trainer dem TV-Sender "Sky".
Bei dem aktuellen Trainer scheint Dietmar Hopp nichts mehr zu finden, was ihm gefällt. Babbel war nach der Niederlage von Hertha BSC im letzten Vorrundenspiel in Hoffenheim von den Berlinern entlassen worden und ist kurzfristig verfügbar.
Tanner dagegen soll von dieser Lösung nicht begeistert sein, sondern eher Hoffenheims A-Jugend-Trainer Alfons Higl favorisieren, den er schon inthronisieren wollte, ehe Hoffenheim dann den damaligen DFB-Trainer Marco Pezzaiuoli im Januar 2011 verpflichtete. Das einst so enge Verhältnis zwischen Hopp und Tanner scheint Risse bekommen zu haben.
Stanislawski eckt an
Als Holger Stanislawski im vergangenen Sommer verpflichtet wurde, herrschte noch eitel Sonnenschein. Die einstige Kultfigur des FC St. Pauli sollte dem Verein ein Gesicht geben. Stanislawski stand für Begeisterung, Engagement und vor allem Authentizität. Allesamt Attribute, die dem gemeinhin eher nüchtern als "Fußball-Projekt" umschriebenen Verein des Software-Unternehmers Hopp fehlten.
Authentisch und unbequem ist Stanislawski allemal. "Ich bin loyal zu meiner Mannschaft, dem Verein und auch gegenüber Dietmar Hopp - was andere sagen, kommentiere ich nicht", sagte er zunächst. Dann jedoch schoss der 42-Jährige in einem Interview mit dem Magazin "Sport-Bild" zurück und schlug Hopp vor, er "sollte einer werden wie Uli Hoeneß", der Präsident des FC Bayern München: "Wenn der Uli was sagt, dann biegen sich die Balken. Aber Uli sagt nur noch in Ausnahmefällen was, aber dann richtig."
Dass entscheidende Akteure in Hoffenheim vermehrt über Interviews miteinander kommunizieren, beunruhigt auch Mannschaftskapitän Tom Starke: "Es ist sicherlich nicht gut, wenn man nur über die Medien kommuniziert." Stanislawski eckt an mit seiner Art. "Wenn ich richtig wütend bin, kann ich den Eiffelturm verrücken", sagt er. Was im großen, lauten Hamburg funktionierte, verschreckt anscheinend die Offiziellen in Hoffenheim und lässt sie vom Trainer abrücken.
Machtfülle von Hopp ungebrochen
Im Kern hat Hopp mit seiner Kritik recht: Stanislawski hat seine Linie noch nicht gefunden. Weder in der Spielorganisation, vor allem aber im Umgang mit seinen Spielern. Mal stellt er sich schützend vor sie und sich selbst infrage, wie direkt nach dem Unentschieden gegen Abstiegskandidat Augsburg (2:2) am vergangenen Wochenende. Dann wieder kritisiert er, das "Wollen" sei das große Problem seiner Spieler und fügt hinzu: "In einem Team muss man bereit sein, sich selber mal in den Hintergrund zu stellen. Das ist hier nicht der Fall." Das Team bleibt im Tief.
In seinen 18 Jahren als Spieler, Vizepräsident und Manager sowie Trainer des FC St. Pauli kannte Stanislawski sein Umfeld dort ganz genau. Selbst der relativ sang- und klanglose Abstieg aus der Bundesliga in der vergangenen Saison nach nur einem Jahr im Oberhaus konnte ihm in Hamburg nichts anhaben, er war eine Ikone des Vereins und ist es immer noch. In Hoffenheim ist dies Dietmar Hopp, auch wenn er offiziell keine Funktion innehat.
Stanislawski ist austauschbar. "Ich werde nicht hinschmeißen", versicherte er am Dienstag. Doch über Trainerfragen entscheidet, wie Hopp am Mittwoch der "Bild-Zeitung" sagt, "die sportliche Leitung". Neben Manager Ernst Tanner gehört dazu auch ein Vereinsbeirat - besetzt mit Vertrauten Hopps. Die Installation dieses Gremiums war vor fast genau einem Jahr einer der Gründe, warum Ralf Rangnick den Verein verließ.
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