Kassel - Weltmeister-Torhüterin Silke Rottenberg hat sich mit einem Sieg in ihrem 126. Länderspiel endgültig von der internationalen Fußball-Bühne verabschiedet.
Die 36-Jährige vom 1. FFC Frankfurt feierte zum Abschluss ihrer großartigen Karriere in der deutschen Frauen-Nationalmannschaft in Kassel einen 4:0 (3:0)-Erfolg im EM-Qualifikationsspiel vor 16.283 Zuschauern gegen Wales.
"Ich freue mich, vor so einer tollen Kulisse Abschied nehmen zu können", sagte die nach der Partie erst einmal gefasst wirkende Rottenberg. "Die Tränen kamen schon zwischendrin. Jetzt muss ich mich zusammenreißen", sagte sie.
Hingst macht den Anfang
Den Torreigen im Auestadion hatte Ariane Hingst bereits in der 9. Minute eröffnet. Conny Pohlers (12.) und Annike Krahn (30.) trafen noch vor der Pause. Die eingewechselte Melanie Behringer (77.) stellte mit einem direkt verwandelten Freistoß den 4:0 Endstand zum 7. Sieg im 7. Qualifikationsspiel her.
Doch das trat in den Hintergrund, als Rottenberg für Nadine Angerer ausgewechselt und in der 83. Spielminute um 17.45 Uhr den letzten Schritt von der Nationalmannschafts-Bühne machte.
"Das war schon irgendwie ein ergreifender Moment", meinte Nationaltrainerin Sivia Neid. "Sie war über zehn Jahre die Nummer eins, das muss ihr erstmal einer nachmachen. Sie hat Einiges für den deutschen Frauen-Fußball geleistet", sagte sie. "Wir werden sie vermissen", meinte Nationalspielerin Fatmire Bajramaj.
Blumen für Rottenberg
"Das war der Moment, den ich mir genommen habe, in dem ich die vielen schönen Jahre Revue passieren lassen und an meinen Vater gedacht habe, der in diesem Jahr gestorben ist und den ich gern dabei gehabt hätte", schilderte Rottenberg ihre Gedanken, als sie die letzten Minuten des Matches auf der Bank saß.
Bereits vor dem Anpfiff bekam Rottenberg, die am 27. Mai nach 15 Jahren überraschend ihren Rücktritt aus der Nationalelf erklärt hatte, vom DFB-Präsidenten einen dicken Blumenstrauß überreicht.
"Ich hoffe, dass sie dem deutschen Frauenfußball, vielleicht auch als Botschafterin für die WM 2011 in Deutschland, erhalten bleibt. Sie ist nicht nur sportlich, sondern auch menschlich ein Vorbild", lobte Theo Zwanziger die Torhüterin, die auf dem Rasen anschließend einen gemütlichen Nachmittag verlebte - ihre Gesamt-Bilanz: 93 Siege, 14 Unentschieden und 19 Niederlagen.
DFB-Elf sofort hellwach
Die überforderten Waliserinnen setzte der bereits zuvor für die EM in Finnland im kommenden Jahr qualifizierte Titelverteidiger von Beginn an unter Druck.
Die Gäste konnten sich nur ganz selten aus der Umklammerung lösen und kassierten schnell das 0:1 durch Abwehrspielerin Hingst, die diesmal im defensiven Mittelfeld für die verletzte Simone Laudehr agierte.
Allein Torfrau Nicola Davies war es bei großer Schwüle zu verdanken, dass ihr Team nach weiteren Treffern von Pohlers und Krahn zur Pause nicht noch höher zurücklag.
Guter Test für Olympia
Für Neid war die Partie zehn Wochen vor den Olympischen Spielen eine gute Gelegenheit, ihre Kandidatinnen nochmals unter Wettkampfbedingungen zu testen und zu sichten.
Namentlich hob sie nach der Partie Lena Goeßling und Bajramaj hervor. Mitte Juni wird Neid entscheiden, welche 25 Spielerinnen die unmittelbare Olympia- Vorbereitung mitmachen dürfen. Das Ticket für Peking bekommen letztlich nur 18 Akteurinnen.