Nübel statt Fährmann im Tor beim FC Schalke 04: Königsblaues Deja-vu?

Dominik Geißler
25. Januar 201914:00
Alexander Nübel stand statt Ralf Fährmann gegen den VfL Wolfsburg im Schalker Tor.spox
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Als sei es beim FC Schalke 04 nach der schlechten Hinrunde und dem Abgang von Naldo nicht schon unruhig genug, sorgte Domenico Tedesco direkt vor dem Rückrundenstart für einen Paukenschlag und ersetzte den bisherigen Stammkeeper Ralf Fährmann durch Alexander Nübel. Eine umstrittene Entscheidung, die zunächst erfolgreich war - und an Manuel Neuers Aufstieg erinnert.

"Er hat in den vergangenen Spielen keine wesentlichen Fehler gemacht. Aber es ist ihm ein wenig das Glück abhanden gekommen, das nötig ist, um auch mal einen unhaltbaren oder fast unhaltbaren Ball zu halten", begründete der Schalker Trainer die Degradierung seiner eigentlichen Nummer eins. Der gestandene Torhüter habe die Entscheidung "akzeptiert, ohne sie zu kommentieren", erklärte er weiter.

Die Rede ist hier jedoch nicht etwa von Ralf Fährmann und Domenico Tedesco. Nein, die Erklärungen sind bereits über zwölf Jahre alt und stammen von Mirko Slomka. Der aktuell vereinslose Fußballlehrer äußerte sie, als er im November 2006 Frank Rost auf die Bank setzte und einen gewissen Manuel Neuer, damals 20 Jahre jung, zwischen die Pfosten stellte.

Ein Entschluss, der im gerne mal unruhigen Gelsenkirchen für noch mehr Wirbel sorgte. Denn welch sportliche Entwicklung Neuer nehmen würde, war trotz des erkennbaren Talents freilich nicht abzusehen.

Offiziell hatte der Torwarttausch allein sportliche Gründe, in den Medien galt damals jedoch ein - mittlerweile dementiertes - Zerwürfnis zwischen Slomka und Rost als mitverantwortlich. So soll der viermalige Nationalspieler seinen Cheftrainer immer wieder despektierlich als "Co-Trainer" bezeichnet haben. Auch interne mannschaftliche Diskrepanzen sollen eine Rolle gespielt haben.

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Ralf Fährmann, der letzte Mohikaner

Heute hängt der Haussegen auf Schalke nicht schief, die Stimmung ist ob der schlechten Hinrunde aber nicht wirklich besser. Umso überraschender war es daher, dass Tedesco am vergangenen Sonntag ein neues Fass aufmachte, indem er Fährmann zum Bankwärmer herabstufte und Alexander Nübel gegen den VfL Wolfsburg in die Startelf beorderte.

Die rasch aufkeimende Aufregung ging dabei über die eines üblichen Torwartwechsels hinaus. Fährmann ist schließlich nicht nur bisheriger Stammkeeper, sondern auch Kapitän und als ehemaliger Lehrling der Knappenschmiede auf dem Weg zur Vereinslegende. Und: Nach den umstrittenen Abgängen von Fan-Liebling Naldo, Schalke-Urgestein Benedikt Höwedes, Joel Matip und Leroy Sane so etwas wie der letzte Mohikaner im Königsblauen Dress.

Die Entscheidung sei ihm entsprechend "nicht leicht gefallen", gestand Tedesco gegenüber Sky ein, erklärte aber: "In den letzten Spielen waren ein paar Unsicherheiten dabei. Und Alex hat es im Training auch super gemacht."

Super gemacht hat es Nübel auch in seinem erst vierten Bundesliga-Spiel. Mit seinen Paraden gegen Admir Mehmedi nach fünf Minuten und im Eins-gegen-eins gegen Yannick Gerhardt war er mitverantwortlich für den 2:1-Sieg über Wolfsburg. Und schon im Herbst, als er den damals verletzten Fährmann ersetzte, wusste er zu überzeugen.

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Alexander Nübel dachte bereits an Leihe

Dass der 22-Jährige das Torwartspiel beherrscht, überrascht dabei nicht. Sein einstiger Mentor Nico Burchert prophezeite schon im November gegenüber SPOX und Goal, dass Nübel mal "ein Großer werden" könne: "Das Talent dazu hat er."

Und Tedesco scheint auf dieses Talent zu stehen, denn Nübel ist in erster Linie fußballerisch besser ausgebildet als der vor allem athletische und reaktionsstarke Fährmann. Der Neue zwischen den Pfosten scheint seiner Elf im Spielaufbau als eine Art Libero mehr Sicherheit zu verleihen - und darauf legt Tedesco gesteigerten Wert.

Dass Nübel seine Fähigkeiten schon jetzt in der Bundesliga zeigen darf, kam für ihn jedoch ziemlich unerwartet. Noch im Winter-Trainingslager in Benidorm sah er sich deutlich hinter Fährmann. "Ralf ist unser Kapitän. Er hatte über 150 Spiele in Folge gemacht und sehr gut gehalten", äußerte er sich gegenüber westline.de zurückhaltend: "Deswegen war es für mich klar, dass ich wieder ins zweite Glied rücke." Sogar über eine Leihe dachte er nach, um regelmäßig auf hohem Niveau spielen zu können.

Solche Gedanken wird Nübel jetzt ad acta gelegt haben. Auch wenn es laut Tedesco nur eine "Momentaufnahme" und "keine endgültige Entscheidung" sei, den gebürtigen Paderborner in den Kasten zu stellen, dürfte er für die nächsten Spiele erst einmal gesetzt sein.

Für ihn ist das die Chance, seinem Ruf als "Mini-Neuer" gerecht zu werden und sich den Fußstapfen des viermaligen Welttorhüters zu nähern. Mit dem Erfolg, die eigentliche Nummer eins mitten in der Saison zu verdrängen, hat er es Neuer zumindest schon nachgemacht.

Frank Rost legt Ralf Fährmann Abschied nahe

Der damals verdrängte Rost hielt es übrigens nur noch bis zum nächsten Sommer im Ruhrpott aus. Er verabschiedete sich gen Hamburg und legte seinem Leidgenossen Fährmann jetzt einen ähnlichen Schritt nahe. "Ich glaube nicht, dass es noch großartig Sinn für ihn macht, auf Schalke zu bleiben. Die Profi-Laufbahn ist zu kurz, um auf der Bank zu sitzen", riet er auf skysport.de.

Fährmann selbst äußerte sich bisher nicht zu seiner Degradierung. Er nahm die neue Rolle fair an, wünschte seinem Konkurrenten vor dem Wolfsburg-Spiel Glück und gratulierte ihm nach den 90 Minuten zu einer starken Leistung.

Ob er das in Zukunft noch öfter machen muss, wird sich zeigen. Tedesco zumindest dürfte darauf hoffen, denn dann wäre sein riskanter Plan aufgegangen. Und mehr Kritik, als er nach der schwachen Hinrunde mit nur fünf Bundesliga-Siegen und 18 Punkten einstecken musste, wird er kaum verkraften.

"Ich treffe Entscheidungen nicht, um die Mannschaft aufzurütteln. Vor allem jetzt nicht nach der zweiten Geschichte - es gibt da ja eine kleine Historie mit gewissen Entscheidungen auf Schalke. Masochist bin ich nicht", stellte er mit Verweis auf Naldos Abschied klar.

Alexander Nübel und Ralf Fährmann im Vergleich 2018/19

WettbewerbAlexander NübelRalf Fährmann
Bundesliga4 Spiele, 4 Gegentore, 1x zu Null14 Spiele, 21 Gegentore, 2x zu Null
DFB-Pokal1 Spiel, 1 Gegentor1 Spiel, 1x zu Null
Champions League2 Spiele, 2x zu Null4 Spiele, 4 Gegentore, 2x zu Null