Vor dem 1:1 in der Champions League gegen Olympique Lyon war im Umfeld des FC Bayern München über erste angebliche Risse im Verhältnis zwischen dem Team und Trainer Jürgen Klinsmann spekuliert worden.
Das ständige Wechseln des Spielsystems, die Rotation, die Yoga-Einheiten nach den Partien - vieles schien den Spielern nicht in den Kram zu passen.
Schulterschluss mit Klinsi?
Nach seinem Ausgleichstreffer gegen Lyon (52.) stürmte Ze Roberto schnurstracks in Klinsmanns Arme, die überwiegende Mehrheit seiner Kollegen im Schlepptau. Ein Beweis der Harmonie? Ein Schulterschluss mit dem in die Kritik geratenen Coach? Getty
Schwierig zu beurteilen, selbst Philipp Lahm fand keine aufklärende Antwort. "Ich weiß nicht, ob das ein Zeichen war", sagte der Linksverteidiger, stellte aber sogleich klar, dass es "bei uns innerhalb der Mannschaft auf jeden Fall stimmt."
An der Jubeltraube beteiligte sich Lahm nicht ("Der Weg war mir zu weit"). Auch Miroslav Klose war nicht dabei. "Ich war nach meiner Torvorlage so fix und fertig, dass ich es nicht mehr zum Trainer geschafft habe", so Klose.
Lustloser Demichelis
Wie das Verhältnis zu Klinsmann auch sein mag, im Regen ließen die Spieler ihren Chef gegen Lyon jedenfalls nicht stehen.
Leidenschaftlich stemmten sich die Münchner gegen die drohende Niederlage gegen "ein absolutes Top-Team" (Uli Hoeneß), wenngleich Martin Demichelis auf der ungeliebten Position im defensiven Mittelfeld in der ersten Halbzeit verdammt lustlos wirkte.
Klose erkannte "mehr Laufbereitschaft" als in den letzten Spielen und Lahm freute sich über die "richtige Reaktion" auf die Pleite in Hannover.
Keine Spur von Spaktakel
Beim allem Respekt: Kampf und Leidenschaft ist das Mindeste, was man von den Bayern erwarten kann. Obendrein wäre auch eine spielerische Steigerung fällig gewesen, die war aber nur in Nuancen erkennbar.
Das von Klinsmann protegierte schnelle Passspiel wurde in der ersten Halbzeit meist schon von Verteidiger Lucio im Keim erstickt, als der Innenverteidiger den Ball mangels Anspielstationen im Mittelfeld ein ums andere Mal wie ein Golfspieler auf Luca Tonis Schädel chippte.
Ein Plan war im Bayern-Spiel schwer auszumachen, Torszenen ergaben sich lediglich wenn Bayern die unsichere Lyoner Abwehr, insbesondere Linksverteidiger Mensah, früh attackierte und aus Einzelaktionen wie Lahms sehenswertem Sololauf.
Benzema: "Wir hätten gewinnen müssen"
Auf der rechten Seite offenbarten Massimo Oddo und Bastian Schweinsteiger Mängel im Zusammenspiel, eine passable Pärchenbildung sieht anders aus. Getty
Ende der ersten Halbzeit musste Stürmer Klose Stürmer Benzema bis an die eigene Grundlinie verfolgen, weil Oddo nach einem Ballverlust einfach vorne stehen blieb.
Respekt oder gar Angst einflößend waren die bayrischen Angriffsversuche auch für den Gegner nicht. "Bayern hat solide gespielt, wäre aber zu schlagen gewesen. Wir hatten deutlich mehr Möglichkeiten", sagte Benzema.
Die größte vergab Benzema selbst, als er nach einem kapitalen Bock von Breno frei vor Michael Rensing auftauchte, den Ball aber nicht im Tor unterbrachte.
Wo sind die starken Bayern?
So kamen die Bayern und ihr Trainer noch mal davon. Die Schonzeit ist aber jetzt endgültig vorbei. Im August hatte Klinsmann orakelt, dass man starke Bayern spätestens im Oktober sehen werde.
Im Bundesligaspiel gegen den VfL Bochum muss ein überzeugender Sieg her, will Klinsmann während der WM-Quali-Pause in Ruhe arbeiten.
Das Thema Mark van Bommel wird den Coach aber ohnehin weiter begleiten. Da hilft es auch nicht, wenn Klinsi seinem erneut nicht nominierten Kapitän einen bravourösen Charakter bescheinigte.
Hoeneß: Rückt enger zusammen!
Klinsmann und seine Bayern sind ein hoch explosives Gebilde in stürmischen Herbst-Zeiten. Keiner weiß das besser als Uli Hoeneß. Und deswegen forderte der Manager in der "Sport-Bild", dass Mannschaft und Trainer (noch) enger zusammenrücken.
"Jürgen und ich reden sehr ehrlich und sehr oft. Mich hat er hinter sich. Aber er muss jetzt die Mannschaft hinter sich kriegen. Die Mannschaft, das ist der alles entscheidende Punkt."
Ze Robertos Jubellauf war ein erster Schritt.