Napolis Tifosi haben jede Menge Anstand am Leib, erneut fand gestohlenes Diebesgut den Weg zurück zu seinem Besitzer. Cagliaris Fans feiern dagegen vor dem Bau. In England grassiert der faule Journalismus, Spanien verblüfft mit einem Spionage-Akt im Bond-Stil.
Serie A
Von Oliver Birkner
Spiel des Spieltags: Nicht immer ist die Partie nach 90 Minuten vorbei - bisweilen folgen noch unangenehme Episoden. Das fand am Sonntag Napolis Marek Hamsik heraus. Zunächst mühten sich der Slowake und sein Team gegen Sampdoria auf dem unsäglichen Rübenfeld des Stadio San Paolo, den Abstand auf Juventus auf zwei Zähler zu verkürzen. Das erwies sich allerdings als gar nicht so leicht, wenn man neben dem Gegner zusätzlich Krater und Grasparzellen der Dimension von Mittelgebirgen umkurven muss. "Für einen Klub wie den unseren ist dieser Platz eine Schande", zürnte Edinson Cavani. Da auch die Samp bisweilen in die Rasenfalle tappte, endete das Spiel zwangsweise 0:0.
Für etwas mehr Feuer sorgte die dritte Hälfte. Hamsik befand sich auf dem Weg zur Autobahn, als ein Honda-Scooter mit drei vermummten Reitern neben ihm hielt, das Fahrerfenster einschlug, eine Pistole auf den Slowaken richtete und dessen Rolex einforderte. Hamsik leistete schlauerweise keinen Widerstand. Dieselbe 25.000-Euro-Uhr wurde ihm übrigens bereits vor vier Jahren in Neapel bei einem Überfall gestohlen, eine Woche später aber der Polizei übergeben - einige Neapel-Tifosi hatten sie nach akribischer "Recherche" aufgespürt und auf einer Dienststelle hinterlegt. Kurz darauf stahl man dann das Auto von Hamsiks Frau, das binnen weniger Tage wie von Geisterhand ebenfalls wieder bei der Polizei auftauchte.
Schön, dass unter Neapels Halunken noch der eiserne Ehrenkodex existiert: Die Wertgegenstände unserer Mannschaft sind absolut tabu! Lediglich Diego Maradona war einst im Pech - seine stibitzte Uhrensammlung wurde prompt zurückerstattet, doch der Pokal für den besten Spieler der WM 1986 bleibt bis heute verschollen.
Mann des Spieltags: Bisweilen ist Fußball eigentlich ganz einfach: Ein Sieg, am besten gegen den außerstädtischen Staatsfeind Nummer eins, und alle Probleme sind vom Tisch. Vor dem Kick gegen Juventus hatten einige Roma-Tifosi ein Plakat ausgebreitet "Eine Mannschaft ohne Eier", was nicht ganz so stimmte, denn unter der Woche hatten sie ja noch Autos mancher Profis mit Eiern und Steinen remodelliert.
Alles vergessen, dank eines Meteoriten von Francesco Totti, der mit 113 km/h zum siegbringenden 1:0-Sieg über die Turiner einschlug. Seit 20 Jahren kickt der bionische Capitano und gebürtige Römer ununterbrochen bei den AS-Profis, und man nimmt ihm tatsächlich ab, dass sein Herzblut an diesem Trikot hängt. Mit 36 injizierte er seinem Team gegen Juventus in der zweiten Hälfte eine imposante Leidenschaft, ackerte selbst für fünf, spielte formidable Pässe und schoss ein Traumtor.
Dementsprechend feierten ihn die Blätter: "Ave Totti! Der Gladiator!" (Gazzetta dello Sport"). In den USA nannte man das Tor "eine Rakete, die wohl einen Transformer enthauptet hätte", während der "Corriere dello Sport" zelebrierte: "Segnet ihn, sprecht ihn heilig, klont ihn! Was macht die Roma, wenn er mal nicht mehr da ist? Das werden tausende von peinigenden Messerstichen direkt ins römische Herz." Man kann Totti mögen oder nicht, doch in der Fußball-Landschaft gibt es wenige Exemplare wie ihn. Vor einigen Jahren sagte er: "Warum ich nie gewechselt bin? Weil ich seit jeher Fan der Roma war - hier bin ich aufgewachsen, hier werde ich sterben." Und in der Folge wahrscheinlich wirklich heiliggesprochen.
Und sonst?: Was macht man so, wenn sein Team auswärts spielt? Man geht vor den Knast und feiert eine Solidaritäts-Party. Zumindest taten das einige Hundert Cagliari-Fans, während ihr Team 2:0 in Pescara siegte. Im sardischen Gefängnis sitzt seit einigen Tagen Cagliari-Präsident Massimo Cellino, dem im Zuge des Baus der neuen Arena Unterschlagung, Erpressung und Dokumentenfälschung vorgeworfen wird.
Am Wochenende wurde er neun Stunden lang verhört und ließ zwischendurch vermelden: "Die Zelle ist so klein, es ist kalt und ich kann kaum schlafen." Tja, die Fünf-Sterne-Zellen sind wohl noch nicht ganz fertiggestellt. Cellino weigerte sich indes, in den geräumigeren Hausarrest umzuziehen und tönte: "Ich gehe hier nur als freier Mann raus!" Das könnte noch ein Weilchen dauern - die Knast-Party geht aufs Erste also weiter.
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Premier League
Von Raphael Honigstein
Spiel des Spieltags: Arsenals 0:1-Pokal-Heimniederlage gegen die Blackburn Rovers war aus Sicht der Gunners eine Peinlichkeit sondergleichen. Arsene Wenger hatte noch nie zuvor zu Hause gegen einen unterklassigen Gegner verloren. Und dann wurde man ausgerechnet von den Rovers, dem Chaos-Klub der indischen Geflügelmagnaten Venky's, ausgeknockt. Volkes Seele im Emirates kochte: Schon wieder kein Pokal in diesem Jahr - außer man gewänne die Champions League.
Wenger erwartet eine "starke Reaktion" im Spiel gegen die Bayern, hat aber ein bisschen was von seinem ewigen Optimismus eingebüßt. Ob Bayern jetzt Favorit sei, wurde er gefragt. Wenger: "Das waren sie schon vorher."
Mann des Spieltags: An der Stamford Bridge herrschte ausnahmsweise mal keine Revoluzzer-Stimmung, das 4:0 gegen Drittligist Brentford, den Klub von Uwe Rösler, stimmte die Blauen versöhnlich. John Terry traf und durfte hinterher Boulevard-Geschichten über einen Streit zwischen ihm und Rafael Benitez als "faulen Journalismus" abkanzeln.
Frank Lampard machte vor den Augen von Roman Abramowitsch auch ein Tor - sein insgesamt 26. in einem FA-Pokalspiel (Vereinsrekord) und 199. für Chelsea. Damit braucht er nur noch drei Tore, um mit Legende Bobby Tambling aufzuschließen. Berichte über ein neues Vertragsangebot für Lamps sind allerdings auch fauler Journalismus. Es gab bisher keines. Abramowitsch, so heißt es, nimmt dem Mittelfeldmann übel, dass er vor einem Jahr einer der Rädelsführer im Kabinenaufstand gegen Andre Villas-Boas war.
Sonst noch?: Seit der Causa Lewandowski wissen wir: die Küchenschabe lebt in der Gerüchteküche (frei nach Karl-Heinz Rummenigge). In England wähnt Roberto Mancini sein Team dagegen in der Suppenküche. "Dieser Sieg kann unser 'brodino' für die Titeljagd sein", sagte Mancini nach dem 4:0 über Zweitligist Leeds United. Der Man-City-Trainer übersetzte "brodino" für die englischen Journalisten mit "Suppenstarter", das schöne deutsche Wort "Brühe" hätte noch besser gepasst. Bei zwölf Punkten Rückstand auf ManUtd kann man aber davon ausgehen, dass es Alex Ferguson schnurzegal ist, welches Süppchen der Italiener da bei den Hellblauen kocht.
Bei Drittligist Oldham Athletic sind die kulinarischen Möglichkeiten etwas anders. Journalisten bekamen vor dem 2:2 gegen Everton einen Gutschein für einen Kaffee und einen Schokoladenriegel, allerdings gab es keine freie Auswahl: der Bon war nur für "Double Decker" (Cadbury) gültig, nicht aber für die etwas teuerere Variante "Mars Duo". Tja, Oldham muss sparen, wo es kann. Das betrifft auch die Spieler. "Bitte keine Trikots tauschen, der Satz für die erste Mannschaft ist schon knapp", stand auf einem Plakat, das in der Kabine hing. Die "Latics"-Kicker machten es nach dem Schlusspfiff trotzdem.
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Primera Division
Von Paula Villamarin Temperan
Spiel des Spieltags: Für Morata, der im Pass Alvaro Borja Morata Martin stehen hat, ging am Sonntag ein Traum in Erfüllung. Der junge Mann aus Real Madrids Nachwuchsakademie rutschte völlig unerwartet in die Startelf der Königlichen im Stadtduell gegen Rayo Vallecano. Auch ein Zeichen dafür, dass Jose Mourinho die Liga mittlerweile nur noch als lästige Pflichtnummer definiert. Der erste Einsatz von Beginn an gipfelte für Morata jedenfalls nach nicht einmal drei Minuten in seinem zweiten Tor für die weißen überhaupt. Dass der Abend aber für den 20-Jährigen noch eine bittere Note bekam, hatte Morata dem Kollegen Sergio Ramos zu verdanken.
Als dieser nach 26 Minuten mit Gelb-Rot vom Platz flog, nahm Mourinho seinen Youngster wieder vom Feld, um so die Unterzahl mit einem frischen Verteidiger (Raul Albiol) in der Defensive zu kompensieren. Damit war im Duell gegen die Vorstadt nach knapp einer halben Stunde auch schon alles geregelt: Alle Tore waren gefallen, die beiden Torschützen nicht mehr auf dem Feld - Ramos hatte in der 12. Minuten zum 2:0 getroffen und Madrid hatte sich den Angriffen von Malaga (1:0 gegen Bilbao) und Valencia (2:0 gegen Mallorca) erfolgreich erwehrt.
Mann des Spieltags: An Leo Messi kommt man einfach nicht vorbei. Die nackten Zahlen: Doppelpack in Granada, das erste Mal überhaupt, dass er dort traf. Damit hat er in jedem Stadion eines aktuellen Erstligisten bereits getroffen - mit Ausnahme des Estadi Cornella-el Prat von Lokalrivale Espanyol, also quasi direkt vor der Haustür. Die Tore gegen Granada waren seine Treffer 300 und 301 für Barca, Messi hat jetzt in 14 Spielen in Folge mindestens ein Tor erzielt. Momentan steht er bei 37 Toren, bei noch ausstehenden 14 Ligaspielen dürfte sein Rekord der Vorsaison mit 50 Treffern nicht mehr lange Bestand haben.
Und noch etwas: In 23 der 24 Spiele stand er über die gesamten 90 Minuten auf dem Platz. Nicht einmal Torhüter Victor Valdes spult mehr Pensum runter als der Argentinier. Lediglich in Getafe zu Beginn der Saison versuchte Coach Tito Vilanova einmal das Messi-Bank-Experiment. Nach einer Stunde wurde Messi damals doch noch eingewechselt - und erzielte natürlich zwei Tore.
Und sonst?: Deportivo La Coruna geht offenbar mit wehenden Fahnen unter. Die Galizier verloren nicht nur in Sevilla bereits ihr 14. Saisonspiel - das fünfte in Folge - und bleiben damit Letzter. Auch finanziell gibt es weiter Ärger. Depor soll noch 93,7 Millionen Euro Steuern nachzahlen, Präsident Augusto Lendoiro will nur 40 davon bezahlen. Lendoiro selbst soll nach dem Willen des Konkursverwalters sein Amt als Präsident niederlegen.
Nach Reals Sieg gab es von der spanischen Presse nicht nur Lobhudelei. Und wieder einmal musste Sami Khedira dabei kräftig einstecken. "Xabi Alonso ist der einzige Mittelfeldspieler, den Real hat. Die anderen sind entweder halbe Stürmer oder Khedira", bellte "ABC". Auch "El Mundo" war wenig nett: "Khedira fehlt die Klasse und immer, wenn er den Ball hat, wird sein Blick trüb und sein Puls wird schneller."
In Pamplona ging es am Wochenende drunter und drüber. CA Osasuna und Real Saragossa trafen sich dort zum Abstiegsduell, Siebzehnter gegen Sechszehnter. 14 Gelbe Karten verteilte Schiedsrichter Carlos Vellasco Carballo, schön verteilt auf beiden Seiten. Und es kommt einem Wunder gleich, dass die Partie mit Elf gegen Elf zu Ende gespielt wurde.
Die Spionage-Affäre um die früheren Barca-Granden Ferran Soriano und Joan Oliver nimmt weiter Fahrt auf. Jetzt wurden via Twitter Dokumente veröffentlicht, die die Überwachung wichtiger Mitarbeiter des Klubs zwischen 2005 und 2008 belegen sollen. Ein Computerprogramm soll auf den Rechnern der Geschäftsstelle installiert worden sein, um eingehende und ausgehende E-Mails der Domain "fcbarcelona.cat" auszuspionieren. Der Untersuchungsausschuss geht von rund zwei Millionen Euro aus, die Barca unter dem Vorsitz von Präsident Joan Laporta für den Sabotageakt ausgegeben haben soll. Eine Geschichte wie aus einem Bond-Streifen. Albert R. Broccoli hat am Drehbuch allerdings garantiert nicht mitgewirkt.