"Fußball-Epos a la Ben Hur"

SPOX
06. Oktober 201414:47
Und er so: "Roaaaaaar"getty
Werbung

Während in Italien Inter die Hauptrolle im neuen "House of Cards" spielt und man sich vor dem ewigen Kapitän verneigt, zieht eine Spielerfrau in England wilde Vergleiche. Das Ergebnis: Mario Balotelli ist besser als Ashley Cole. Ganz Spanien schaut indes auf die Plauze von Neu-Katalane Luis Suarez.

Serie A

Von Oliver Birkner

Verbrechen des Spieltags: Nach vier Runden hatte die Presse Inter feierlich zur dritten Kraft der Serie A erhoben. Dann kam der fünfte Spieltag, und die Internazionale glich eher einem "House of Cards" - also einem echten Kartenhaus, nicht der Realpolitik von Francis Underwoods großartiger TV-Serie. Ein schwedisch-sardischer Wind reichte, die Mailänder im San Siro zusammenkrachen zu lassen. Cagliaris Tormaschine Albin Ekdal (fünf Treffer seit dem Wechsel 2008 nach Italien) netzte in 15 Minuten drei Mal. Dessen Vater Lennart leitet im schwedischen Fernsehen eine populäre Sendung um Verbrechen und womöglich wird in der nächsten Folge Inters Defensiv-Stolperei als Corpus Delicti untersucht.

Nemanja Vidic sollte statt Beschwerden über Schauspielerei im Calcio eher intensiv sein eigenes Stellungsspiel überholen. Yuto Nagatomo, erstmals Kapitän der "Nerazzurri", demonstrierte indes den perfekten Totschlag: Ein mörderischer Rückpass führte zum Rückstand, dann holte sich der Japaner binnen 120 Sekunden Gelb-Rot ab. Zur Pause lagen die Mailänder 1:4 hinten, zuletzt hatten sie nach 45 Minuten im März 1960 vier Treffer kassiert. Strafstoßkiller Samir Handanovic begrenzte den Schaden, als er den 19. Elfmeter (von 52) seiner Italien-Karriere parierte. Cagliari verschonte Inter in Hälfte zwei und verwaltete. "Sonst hätten wir sicher sieben Stück kassiert", sagte Trainer Walter Mazzarri. Vor Wochen 7:0 gegen Sassuolo, jetzt ein virtuelles 1:7 gegen Cagliari und Inter tanzt traditionell wahnwitzig zwischen kaltblütiger Tat und Suizidgefahr. Lennart Ekdal, bitte übernehmen Sie! SPOX

Ben Hur des Spieltags: Im Sommer übernahm Massimo Ferrero Sampdoria. 62-jähriger Römer, Filmproduzent, genannt "die kleine Giftschlange". Den Spitznamen erhielt er von einer Schauspielerin, als Ferrero einen Bewunderer der Signora wegen zu aufdringlicher Avancen links und rechts ohrfeigte. Die Viper aus dem römischen Arbeiterviertel Testaccio betreibt neben TV- und Filmverleih 60 Kinosäle. Seine cineastischen Produktionen blieben meist erfolglos, zu den bekanntesten avancierten die Softcore-Streifen von Regisseur Tinto Brass. Da traf es sich hervorragend, dass die schwerreiche Familie der Ehefrau durch Käse-Export in die USA für nötige Finanzmittel sorgte. Projekte und Ideen besaß Ferrero en masse, die meisten verpufften.

Wie zuletzt eine kleine Fluggesellschaft, die im Bankrott landete. "Unser Fußball soll ein Kolossal-Epos à la Ben Hur werden", diktierte er vor der Saison, die erste Etappe absolvierte Ferrero mit dem Derbysieg beim CFC am Sonntagabend erfolgreich. Ausgelassen feierte die Viper auf dem Rasen und kümmerte sich nebenher um amouröse Dates. Ferrero bot der aparten Sky-Moderatorin Ilaria D'Amico eine Filmrolle an (Tinto Brass dürfte interessiert aufgehorcht haben) und ergänzte: "Ich bin auch verheiratet, vielleicht können wir uns mal zum Abendessen treffen." Erst kürzlich hatte D'Amico ja Gigi Buffon aus dessen Ehe mit Alena Seredova heraustransferiert. Sollte Ferreros guter Kumpel Sylvester Stallone sich dazu gesellen, wären Massimo, Sly und Ilaria fraglos eine formidable Besetzung für den nächsten mittelmäßigen Streifen.

Und sonst? Natürlich sollen die nachträglichen Glückwünsche zu Francesco Tottis 38. Geburtstag nicht ausbleiben. Den beging der Capitano am Samstag auf dem Platz (2:0 gegen Hellas) und wurde von zahllosen Chören und Plakaten im Stadio Olimpico gefeiert. Bereits vormittags hatten Tifosi ihrem König ein Spruchband am Kolosseum gewidmet, #AuguriCapitano war in Italien Twitter-Trend Nummer eins. Mit 13 ging er zur Roma, mit 16 gab er sein Profidebüt und sammelte bisher 290 Tore in 711 Einsätzen. Da sind 1000 Partien sicher noch drin. Buon compleanno, ewiger Capitano!

Serie A: House of Cards und die kleine Giftschlange

Premier League: Balotellis besondere Qualitäten und der Frischkäse-Dieb

Primera Division: Sushi und Nutella für Marc-Andre

Premier League

Von Frank Oschwald

Balotelli des Spieltags: Grundsätzlich lehnt man sich mit der These, Mario Balotelli sei ein umstrittener Querkopf, nicht fürchterlich weit aus dem Fenster. Das sieht man schon alleine an der Frequenz seiner Auftritte in den Blitzlichtern. Eine Expertin aus Frankreich brach nun jedoch mal wieder eine Lanze für den italienischen Stürmer. Balotelli sei bei weitem besser als Ashley Cole, meinte eben diese Fachkundige. Aha, Ashley Cole und Mario Balotelli vergleichen?

Beim besten Willen, liebe 21-jährige, vollbusige, blonde Spielerfrau, das kann man doch...ach soo! "Mario ist sehr gut ausgestattet, er ist ein richtiger Italian Stallion", meinte Eglantine Aguilar. "Er ist außerhalb des Platzes doppelt so athletisch wie auf dem Platz. Liverpool braucht sich keine Gedanken zu machen, er ist einfach tausendmal besser als jeder andere Spieler dieser Welt." Auch den Vorwurf, Balotelli wäre ein reiner Strafraumspieler, hält sie für nicht tragbar. "We did five positions", so die Blondine.

Frischkäse des Spieltags: Steven Caulker ist sicherlich ein netter Kerl. Mit Rio Ferdinand bildet er seit diesem Sommer die Innenverteidigung von QPR und gilt als eines der größten Abwehrtalente der Insel. Gut, mit 13 Gegentoren und nur einem Sieg aus sechs Spielen stellt man neben Everton aktuell die Schießbude der Liga dar, doch das kann sich ja ändern. Allerdings läuft es für Caulker auch neben dem Platz nicht zu 100 Prozent optimal. Der Verteidiger wurde unter der Woche von der Polizei in Handschellen gesteckt, weil er in einem Supermarkt geklaut haben soll.

Doch was soll ein Fußball-Profi, der rund 55.000 Euro in der Woche verdient, in einem Supermarkt klauen? Die neue Rolex-Kollektion, eine Dose Kaviar oder eine Flasche Billig-Schnaps? Alles nicht auf dem Radar von Caulker. Der soll nämlich einen Philadelphia-Frischkäse für 1,89 Pounds mitgehen lassen haben. Während QPR keine Aussage zu dem Fall machen wollte, stellte die Polizei kurze Zeit später fest, dass es sich um ein Versehen gehandelt hat. Offenbar soll es zu einem Missverständnis beim Zahlungsvorgang gekommen sein. Was auch immer das heißen soll...

Anything else? Dass so mancher Fußball-Profi bei dem ständigen Hin- und Her-Gewechsel so manchmal den Überblick über seine aktuelle Stadt verlieren kann, ist verständlich. Innerhalb von wenigen Monaten soll man da die Stadt kennenlernen, die Sprache sprechen und am besten den besten Italiener der Stadt kennen. Ein schwieriges Unterfangen für so manchen Spieler. Nicht für West Hams neuen Stürmer-Star Enner Valencia. Dieser, schlau wie er ist, informierte sich noch bevor er die Reise von Mexiko nach England antrat über seine neue Heimat. Statt allerdings bei Wikipedia in wenigen Sekunden die kulturellen Eckpfeiler der Stadt zu erhaschen, schaute der Ecuadorianer den zweistündigen Hooligan-Klopper-Film "Green Street - Stand your ground and fight" an. Bei seiner Ankunft gab er dann zu Protokoll, dass er wisse, dass die West-Ham-Fans "sehr passioniert" sind. Kurz daraufhin ließ man den eingeschüchterten Valencia allerdings wissen, dass die ganze Sache jetzt doch ein wenig gesitteter vonstattengeht.

Serie A: House of Cards und die kleine Giftschlange

Premier League: Balotellis besondere Qualitäten und der Frischkäse-Dieb

Primera Division: Sushi und Nutella für Marc-Andre

Primera Division

Von Frank Oschwald

Fettsack des Spieltags: Noch im Sommer hätten sich einige Anhänger des königlichen Fanlagers beim Gedanken an Luis Suarez im Real-Trikot vor Freude in die Hosen gepieselt. Jetzt, nachdem der Stürmer seinen ersten Auftritt im Barca-Trikot hatte, verwandelte dieser sich vom Wunschstürmer Nummer eins in das größte Angriffsziel der Hauptstadt-Medien. Ein sozialer Nichtschwimmer sei er ja schon immer gewesen, doch nun ist er auch noch fett geworden, so die einhellige Meinung. Dies sei laut einigen Real-Fans darauf zurückzuführen, dass er nach seiner Knabberattacke bei der WM jetzt einen ganzen Gegenspieler verspeist hat. Handfeste Beweise bleiben die Königlichen allerdings schuldig.

Im katalanischen Lager hat man für die vermeintlichen Gewichtsprobleme von Suarez nur ein müdes Lächeln übrig. "Suarez soll fett sein? Er ist von Haus aus ein wuchtiger Spieler. Aber er hat sein Optimalgewicht und ist bereit zu spielen", sagte Barca-Coach Enrique auf der Pressekonferenz. "Aber wenn ihr wollt, können wir ihm gerne zum Fettabsaugen schicken. Aber ich glaube, dass er das nicht nötig hat." Neue Nahrung (höhö) bekam das Gerücht nach dem 0:0 gegen Malaga. Eine Zeitung veröffentlichte die Essensbestellung der Barca-Kicker. Dass Suarez mit einer Schinkenpizza, Sushi und Bananen recht zünftig bestellte, kann trotzdem nur eine Randnotiz sein und wird überschattet von der doch wirren Essenskombination von Marc-Andre ter Stegen und Sergi Roberto. Für die beiden gab es rohen Fisch mit einem Nutella-Sandwich. Guten Appetit.

Flugzeug des Spieltags: Vor allem in Madrid geht den Fans doch langsam die Düse. Mit irgendwelchen kuriosen Aktionen versuchen irgendwelche irren Briten doch immer wieder, Cristiano Ronaldo auf die Insel zu locken. Vor allem die Frequenzsteigerung dieser Aktionen lässt die Real-Anhänger schlucken. Diese Inselstrampler können doch nicht den inzwischen zum königlichen Interieur gehörenden Ronaldo nach England lotsen. Vor allem die Gruppe "United Reel" hat es sich nach dem katastrophalen Fehlstart der Red Devils zur Aufgabe gemacht, den Portugiesen wieder nach Manchester zu holen. Wäre diese Fangruppe eine Person, sie wäre vier Jahre alt, würde im Sekundentakt beleidigt mit einem Fuß ständig in den Boden stampfen und schreien: "Ich will aber!!".

Weiter überzeugt von der Rückholaktion gründeten die Anhänger flugs einen Twitter-Account, fragten um Unterstützung und bastelten dann ein riesiges Banner auf dem geschrieben stand: "Come home, Ronaldo - United reel". Genau jene Nachricht knotete man hinten an eine kleine Einpropeller Maschine und kreiste damit über das Estadio el Madrigal. Die Nachricht kam sogar beim Adressaten an. Die Kameras zeichneten eine Szene auf, in der der Portugiese zweimal kurz gen Himmel schaute und die Mitteilung so emotionslos entgegen nahm. "United reel" war dennoch happy mit der Resonanz auf das Banner. Und kurz nach der Aktion stellte man über den hauseigenen Twitter-Account sogar noch klar, wer denn die Maschine überhaupt gesteuert hat.

Algo mas? Vor einem Jahr verließ Leo Baptistao Rayo Vallecano, um bei Atletico den großen Durchbruch zu schaffen. Für sieben Millionen. Eine Menge Holz für einen damals noch recht unbekannten Spieler. Doch sowohl beim Meister als auch bei seiner Leihe zu Real Betis wollte es nicht so wirklich klappen. Bei beiden Teams machte er annähernd kein Spiel über 90 Minuten, die Pflichtspieltore des Stürmers konnte man an einer Hand abzählen. Deshalb klopfte im Sommer Rayo erneut bei Atletico an und fragte höflich nach einer möglichen - zumindest temporären - Rückkehr des verlorenen Sohns. Seit Saisonbeginn trägt der Stürmer nun wieder den Blitz auf der Brust. Und in den letzten beiden Spielen, die Rayo 2:1 und 2:0 gewann, erzielte Leo alle vier Tore. Hach, Fußball, du herrlicher Sport...

Serie A: House of Cards und die kleine Giftschlange

Premier League: Balotellis besondere Qualitäten und der Frischkäse-Dieb

Primera Division: Sushi und Nutella für Marc-Andre