Brightons Pascal Groß im Interview: "Nach dem Klassenerhalt lud uns der Präsident nach Las Vegas ein"

Nino Duit
18. März 201913:11
Pascal Groß spielt seit Sommer 2017 für Brighton & Hove Albion.getty
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Seit Sommer 2017 spielt der Mannheimer Pascal Groß in der Premier League bei Brighton & Hove Albion. Im Interview mit SPOX und Goal berichtet er von Brightons Vereinspräsidenten Tony Bloom, der sein Geld beim Pokern verdiente. Er erzählt von einem gemeinsamen Las-Vegas-Besuch und erklärt, was Bloom mit Mäzen Dietmar Hopp von seinem Ex-Klub Hoffenheim verbindet.

Außerdem berichtet Groß von sieben Neckarauer Jungs, die einst nach Hoffenheim zogen und dort B-Jugendmeister wurden. Von seinem WG-Leben mit Hakan Calhanoglu und Marco Terrazzino in Karlsruhe. Und von seiner Abneigung gegenüber sozialer Medien.

Herr Groß, Sie spielen seit fast zwei Jahren in der Premier League. Wie läuft es für Sie?

Pascal Groß: Der Wechsel war der richtige Schritt. Sportlich spiele ich auf dem weltweit allerhöchsten Niveau und menschlich ist es eine super Erfahrung für mich. In einem fremden Land lernt man, selbstständiger zu sein. Ich muss Dinge organisieren, an die ich zuvor nicht einmal gedacht hätte. Außerdem verbessere ich mein Englisch, was mir im Leben nur weiterhelfen kann.

Wer war Ihr bisher härtester Gegenspieler in der Premier League?

Groß: In einem meiner ersten Spiele hier trafen wir auf Leicester City mit Harry Maguire. Er war der härteste Gegenspieler, den ich bis heute hatte. Er verfügt einerseits über eine enorme Kraft, ist aber andererseits auch schnell und extrem stark am Ball. Es wunderte mich nicht, dass er bei der WM so groß aufspielte.

Manchester City und der FC Liverpool duellieren sich an der Tabellenspitze um den Meistertitel. Welche Mannschaft ist schwerer zu bespielen?

Groß: Liverpools Tempo ist schon unangenehm, aber Citys Dominanz noch deutlich unangenehmer. Es macht einen extrem müde, wenn der Gegner zu 80 Prozent den Ball hat. Und wenn man ihn dann mal erobert, ist er meistens auch gleich wieder weg. Guardiola hat seine Spielweise mit City perfektioniert.

Zuletzt hieß es, Liverpool soll Interesse an einer Verpflichtung von Ihnen haben.

Groß: Es ehrt mich natürlich, wenn solche Gerüchte aufkommen, aber Konkretes habe ich noch nicht gehört.

Tony Bloom, der Besitzer und Präsident Ihres Klubs, hat sein Geld beim Pokern verdient. Was ist er für ein Typ?

Groß: Ich habe ihn als sehr netten und höflichen Menschen kennengelernt. Er kommt aus Brighton, ging hier zur Schule und ist seit jeher Fan des Klubs. Als er die finanziellen Mittel dazu hatte, führte er ihn nach oben. Er ist vergleichbar mit Dietmar Hopp bei meinem Ex-Klub TSG Hoffenheim, der ebenfalls aus der Region kommt. Für Tony Bloom ist Brighton eine Herzensangelegenheit und die Fans lieben ihn dafür.

Bighton-Besitzer und -Präsident Tony Bloom (r.) bei der Aufstiegfeier 2017.getty

Wie involviert ist er ins Tagesgeschäft?

Groß: Er ist zwar nicht permanent da, aber immer im Bilde und trifft letztlich die Entscheidungen. Wenn es ernst wird, läuft nichts ohne sein Einverständnis. Er ist der Boss. Uns Spieler lädt er manchmal zum Essen ein. Dabei hatte ich bereits die Möglichkeit, mich mit ihm auszutauschen. Er fragte mich nach dem Stand der Dinge in der Bundesliga, über das Pokern unterhielt ich mich noch nie mit ihm. Nach dem gelungenen Klassenerhalt hat er aber die ganze Mannschaft, das Trainerteam und den übrigen Staff für vier Tage nach Las Vegas eingeladen - und dort kannte er sich bestens aus.

Wurde auch gezockt?

Groß: Es war keine Pflicht, aber ich habe natürlich mitgemacht. Das gehört doch dazu, wenn man schon mal in Las Vegas ist. Wir haben mehr für den Spaß als um große Beträge gespielt und die Zeit miteinander genossen. Das Gemeinschaftsgefühl im Verein ist ohnehin eine unserer großen Stärken.

Als Pokerspieler kennt sich Bloom sicherlich gut mit Statistiken aus. Spielt das im Klub eine Rolle?

Groß: Statistiken und Zahlen sind ihm sehr wichtig und er ist in diesem Bereich auch extrem begabt. Als wir uns vor meinem Wechsel trafen, wusste er genau, dass ich in der Bundesliga die meisten Chancen vorbereitet hatte. Ein paar andere Statistiken erwähnte er auch noch.

Blicken wir ein bisschen weiter zurück: 2008 gewannen Sie mit der TSG Hoffenheim die B-Jugend-Bundesliga. Was sind Ihre Erinnerungen daran?

Groß: Das war eine super Zeit. Vor der Saison bin ich mit sechs Kumpels von meinem Heimatverein VfL Neckarau - wo ich seit ich vier Jahre alt war spielte - nach Hoffenheim gewechselt. Unter anderem waren noch Manuel Gulde und Marco Terrazzino dabei, die jetzt beide beim SC Freiburg spielen. Für Neckarau war das natürlich etwas ganz Besonderes: so eine gute Generation gab es vermutlich noch nie zuvor.

Dietmar Hopp feiert mit seiner Mannschaft den Bundesligaaufstieg 2008.getty

Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp investierte zum Zeitpunkt Ihres Wechsels erst seit knapp zwei Jahren in großen Umfang in den Klub. Wie waren die Bedingungen?

Groß: Es war schon damals alles top-professionell, aber natürlich noch einen Tick kleiner als heute. Während meiner Zeit in Hoffenheim entwickelte der Klub die Infrastruktur enorm weiter, baute unter anderem das neue Trainingszentrum in Zuzenhausen und das Stadion in Sinsheim. Alles wurde größer und besser. Es war schön, diese verrückte Zeit bei diesem Klub mitzuerleben.

Hatten Sie damals als Jugendspieler Kontakt mit Dietmar Hopp?

Groß: Bei großen Siegen kam er hin und wieder in die Kabine. Ein-, oder zweimal habe ich auch mit ihm persönlich gesprochen. Über diesen Menschen gibt es jedenfalls nur Positives zu sagen - und zwar auf allerhöchstem Niveau. Er unterstützt seinen Herzensverein und die ganze Region profitiert von ihm. Alles, was er tut, ist positiv und für den guten Zweck. Er setzt sich für die Jugend, Krankenhäuser und hunderte andere tolle Sachen ein.

Was denken Sie über die stetigen Attacken gegnerischer Fans auf seine Person?

Groß: Das ist das Allerletzte.

Der Sprung in die Profimannschaft gelang Ihnen in Hoffenheim nicht. Stattdessen wechselten Sie 2011 zum Karlsruher SC - gemeinsam mit Ihrem langjährigen Kumpel Terrazzino.

Groß: In Karlsruhe habe ich dann sogar mit ihm zusammen und Hakan Calhanoglu, der wie wir beide aus Mannheim stammt, in einer WG gewohnt. Wir drei verstanden uns super und hatten viel Spaß. Das Jahr beim KSC habe ich generell sehr genossen. Das ist ein toller Verein in einer tollen Stadt. Ärgerlich war nur der Abstieg am Ende der Saison.

Wie stand es um die Ordnung in der WG?

Groß: Ich war auf jeden Fall der Ordentlichste von uns drei - hatte dabei aber auch keine große Konkurrenz. Im Gegensatz zu mir waren Marco und Hakan schon auf einem anderen Ordentlichkeits-Niveau.

Wie kann man sich den WG-Alltag vorstellen?

Groß: Bis auf einmal in der Woche stand immer Fußball an, aber auch den letzten Tag verbrachten wir gemeinsam. Egal was los war, wir haben es zusammen gemacht. Sogar wenn wir heim nach Mannheim zu unseren Familien gefahren sind, waren wir gemeinsam unterwegs. Unsere Familien kennen sich auch untereinander. Bevor Hakan zum KSC wechselte, spielte er in der Jugend von Waldhof Mannheim, wo ihn mein Vater trainierte. Da habe ich auch manchmal zugeschaut.

Pascal Groß (Zweiter v. r.) bei einem Freundschaftsspiel der Hoffenheimer Profis mit seinem Kumpel Marco Terrazzino (l.) sowie Albert Max und Marvin Compper.getty

Calhanoglu lobte mal, dass ihm Ihr Vater seine Freistoß-Schusstechnik beigebracht habe. Auch Sie schießen hervorragende Standards. Wer bekam beim KSC den Vorzug?

Groß: Generell wechselten wir uns ab, aber ich habe ein bisschen mehr Ecken und er mehr direkte Freistöße geschossen. Hakans direkten Freistöße sind eine Klasse für sich.

Wie eng ist Ihr Verhältnis zu Ihrem Vater Stephan, der auch mal Fußballprofi war?

Groß: Sehr eng! Er schaut sich meine Spiele von der Tribüne aus an und erkennt viele Aspekte, die ich auf dem Platz nicht wahrnehme. Seine Tipps geben mir eine ganz andere Perspektive und das hilft mir enorm.

Nach dem Abstieg 2012 verließen Sie den KSC und wechselten zum FC Ingolstadt. Nach Hoffenheim war das Ihr zweiter Verein ohne große Historie. Vermissten Sie die Emotionalität?

Groß: Ich habe in Ingolstadt Spiele mit super-emotionaler Stimmung erlebt und die Fanbase wuchs im Laufe der Zeit auch, aber das ist natürlich nicht vergleichbar mit beispielsweise dem KSC. Es ist etwas Besonderes, für einen Verein mit solchen Fans wie die des KSC zu spielen.

Spielen die Fans wirklich so eine große Rolle?

Groß: Auf jeden Fall! Wenn die Fans in Karlsruhe - oder auch in Frankfurt, Köln oder Hamburg - so eine irre Stimmung machen, hilft einem das als Spieler natürlich enorm. Bei diesen Vereinen mit großer Fanbase besteht aber auch immer die Gefahr, dass die Stimmung bei schlechten Ergebnissen ins Negative abdriftet. Das war beim Hamburger Abstieg perfekt zu beobachten. Manche Spieler lähmt so etwas.

Einer Ihrer Trainer in Ingolstadt war Ralph Hasenhüttl. In Hoffenheim lernten Sie Ralf Rangnick kennen. Später feierten die beiden gemeinsam bei RB Leipzig Erfolge. Sind sie sich ähnlich?

Groß: Nein, ganz im Gegenteil: sie unterschieden sich schon sehr. Taktisch sind sie zwar beide auf ihre Art und Weise auf sehr hohem Niveau, aber Hasenhüttl ist darüber hinaus zwischenmenschlich viel stärker. Er ist ein großer Motivator. Von Rangnick haben sich bei mir eher sportliche Aspekte eingebrannt, vor allem sein Faible für Tempofußball.

Pascal Groß mit seinem Trainer Ralph Hasenhüttl beim FC Ingolstadt.getty

Anderes Thema: Sie nutzen anders als die meisten Ihrer Berufskollegen keine sozialen Medien. Warum?

Groß: WhatsApp habe ich schon, aber Facebook, Instagram, Twitter und Co. brauche ich nicht. Für mich ist das Selbstdarstellung und Fake. Ich habe aber kein Problem damit, wenn das meine Kollegen machen. Jeder Mensch sollte seine eigenen Entscheidungen treffen. Manche profitieren von den sozialen Medien vielleicht hinsichtlich ihrer öffentlichen und medialen Präsenz - bei anderen wäre es aber auch besser, wenn sie es lassen würden.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Groß: Natürlich ist die Nationalmannschaft ein Traum von mir, aber ich hatte bisher noch nie Kontakt mit Bundestrainer Joachim Löw. Fest steht, dass ich irgendwann nach Deutschland zurückkommen werde. Vielleicht lasse ich meine Karriere ganz zum Schluss in Neckarau ausklingen. Das ist schließlich mein Verein.