Der BVB hat sein vorletztes Bundesliga-Spiel im Kalenderjahr 2022 mit 0:2 beim VfL Wolfsburg verloren. Gegen die Wölfe verpennten die Dortmunder nicht zum ersten Mal die Anfangsphase einer Partie und zeigten nach Rückstand, dass es mit der eigenen Spielidee derzeit nicht weit her ist. Und auch dem Fußballgott kann die Borussia keine Vorwürfe machen. Die Erkenntnisse zur BVB-Pleite.
BVB: Schwache Anfangsphase wird erneut bestraft
Die Taktik der Wölfe ließ sich an der Aufstellung von Niko Kovac recht einfach ablesen: Über schnelle Spielzüge mit schnellen Spielern wollte er dem BVB den Zahn ziehen. Edin Terzic dürfte seine Mannschaft ziemlich sicher vor derartigen Situationen gewarnt haben, mit Karim Adeyemi beorderte er auch seinerseits einen weiteren schnellen Spieler in seine Startelf - auch wenn Adeyemi nicht unbedingt für seine Defensivstärke bekannt ist.
Trotzdem schien Dortmund von der Marschroute der Grünen vollkommen überrumpelt. Schon in der 3. Minute hätte es klingeln können, nachdem Jakub Kaminski mit einer simplen Kombination auf dem rechten Flügel durchgebrochen war, Gregor Kobel entschärfte gegen Omar Marmoush. Das ganze wiederholte sich zwei Minuten später, bevor das 1:0 schließlich aus einer Ecke resultierte. Nach nicht einmal sechs Minuten lag Dortmund verdient hinten.
Die schwarz-gelben Protagonisten haderten nach dem Spiel mit dem eigenen Stolperstart. "Es hat gedauert, bis wir das intensive Spiel angenommen haben. Dann war es allerdings bereits zu spät, da wir hinten lagen", konstatierte Terzic. Mats Hummels sprach von "fünf schlechten Anfangsminuten", und Nebenmann Niklas Süle kritisierte: "Wir haben gefühlt in den ersten fünf bis zehn Minuten nicht einmal den Ball gesehen, sind wieder sehr schlecht ins Spiel gekommen".
Schlimmer noch: Es ist nicht das erste Mal, dass Dortmund in dieser Saison durch die Anfangsminuten einer Partie schlafwandelt. "Unerklärlich" sei das, ärgerte sich Süle, "weil das doch sehr, sehr häufig passiert."
BVB: Nach frühem Rückstand tut sich Dortmund schwer
Sechsmal hat Dortmund in dieser Liga-Saison bisher zu null gespielt und gewonnen. Gegen Frankfurt (2:1) gelang ein Sieg trotz zwischenzeitlichem Ausgleich, gegen Werder Bremen und den 1. FC Köln (jeweils 2:3) wurden Führungen verspielt. Und fünfmal geriet der BVB seinerseits mit 0:1 in Rückstand.
Keine allzu große Sample Size, sicherlich. Aber auffällig ist es dennoch, dass es die Borussia schaffte, gegen den SC Freiburg und den FC Bayern jeweils mit späten Toren noch etwas mitzunehmen - aber in den drei Spielen, in denen das 0:1 sehr früh fiel, jedes Mal sang- und klanglos unterging.
BVB: Bundesliga-Spiele, in denen Dortmund mit 0:1 zurücklag
Spieltag | Gegner | Gegentor in Minute | Endergebnis |
2 | Freiburg (A) | 35 | 3:1 |
6 | Leipzig (A) | 6 | 0:3 |
9 | Bayern (H) | 33 | 2:2 |
10 | Union (A) | 8 | 0:2 |
14 | Wolfsburg (A) | 6 | 0:2 |
Eine Tormaschine ist Dortmund in der laufenden Saison nicht. 23 Tore nach 14 Spielen sind nur eines mehr als beim VfL Wolfsburg und weniger als bei Werder Bremen oder Borussia Mönchengladbach (je 24). Der BVB tut sich offensiv insgesamt schwer, gerade wenn defensiv gut gestaffelte und organisierte Teams zu bespielen sind. Und das gilt doppelt, wenn man einem frühen Rückstand hinterherhecheln muss.
"Mit dem Tempo, das sie haben und der Konterstärke ist es schwer", analysierte Terzic. Umso schlimmer, dass der BVB zu Beginn ins offene Messer lief. Und gerade auswärts sollte Vorsicht ohnehin das oberste Gebot sein, schließlich läuft es dort besonders schlecht (Bilanz nach sieben Spielen: 9 Punkte, 8:12 Tore).
BVB: 2022/23 einfach keine Spitzenmannschaft
Während die Wolfsburger Verantwortlichen ihren gelungenen Auftritt überschwänglich feierten - Kovac sprach von einer "einzigartigen Leistung" und einem "klar verdienten" Sieg -, nahmen die Dortmunder die Pleite an den Sky-Mikros vergleichsweise gefasst auf. "Heute ist es uns nicht geglückt, dass wir das 1:1 machen und hier etwas mitnehmen, weil doch ein paar Phasen im Spiel waren, die doch zu schlecht waren", fasste Süle zusammen.
Hummels' Fazit könnte man wohl unter dem Stichwort "Karma" zusammenfassen: "Ehrlich gesagt, war das vielleicht die ausgleichende Gerechtigkeit dafür, dass wir das Glück schon zwei-, dreimal in dieser Saison auf unserer Seite hatten", sagte er. Und weiter: "Das war ein besseres Spiel als das in Frankfurt, und das haben wir gewonnen, deswegen muss man das alles richtig einordnen."
Und richtig eingeordnet bleibt unterm Strich eben stehen: Viel Spielraum hat Dortmund derzeit nicht, um eine durchschnittliche Liga-Mannschaft zu schlagen. Läuft es gut in Sachen Chancenverwertung und beim viel bemühten "Spielglück", wird auch mal die Eintracht geschlagen. Hat man das Glück aber nicht explizit auf der eigenen Seite, gehen die Spiele verloren: Fünf Niederlagen schon, das ist auch in dieser Hinsicht ein Level mit Bremen und Gladbach, Mainz 05 oder der TSG Hoffenheim, auch wenn Letztere am Mittwoch noch "nachlegen" können.
Können sich Terzic und Co. denn zumindest beschweren über den Fußballgott, der sich gegen die Borussia verschworen hat? Analog zu Bayerns Julian Nagelsmann, als der trotz oft dominantem Spiel zwischenzeitlich vier Spiele in Folge nicht gewinnen konnte?
Mitnichten: Die Statistiken von understat.com weisen beim BVB bei 23 Saisontoren einen Expected-Goals-Wert von 22,95 aus. Und bei 17 Gegentoren ein xGA von 16,99. Anders gesagt: Dortmunds Spiel passt zu Dortmunds Ergebnissen wie Arsch auf Eimer.
imago imagesBVB: Wo ist die passende Spielidee?
Um mal ganz tief in die Klischee-Kiste zu greifen: Natürlich ist auch "nicht alles schlecht" beim BVB, und in einer bislang recht ausgeglichenen Liga mit Überraschungsteams und schwächelnden Spitzenmannschaften sind alle Saisonziele noch in Reichweite. Aber es rumpelt eben auch gehörig. Daran sind auch die vielen Ausfälle schuld, und der extrem volle Terminkalender. Aber die Spielidee Terzics scheint - zumindest derzeit - auch einfach nicht zum Team und seinen Möglichkeiten zu passen.
Über die Mitte kam im Spielaufbau gegen Wolfsburg zum wiederholten Mal extrem wenig, aber das war mit einem einzigen, spielerisch limitierten Sechser in Salih Özcan auch nicht anders zu erwarten. Also musste es über die Flügel gehen, doch auf rechts waren das mit Süle ein umfunktionierter Innenverteidiger und ein Karim Adeyemi, der völlig außer Form ist. Donyell Malen glänzt wenn dann vor allem als Einzelkönner, und hinter ihm läuft bei Raphaël Guerreiro derzeit auch wenig zusammen. Eine "Robbery"-Flügelzange sieht anders aus.
So konnte es dann dauern, bis der Ball überhaupt beim besten Mann Jude Bellingham ankam. Neben ihm suchte Julian Brandt nach Partnern für sein Kombinationsspiel, während sich Youssoufa Moukoko im Gewimmel der Verteidiger zu oft verzettelte: Der 17-Jährige braucht Platz, um seine Fähigkeiten auszuspielen, bekam ihn aber nicht. Auf dem Papier können sich die BVB-Akteure eigentlich wunderbar ergänzen. In der Praxis greifen die einzelnen Rädchen aber zu selten ineinander.
BVB: Die restlichen Spiele bis zur WM-Pause
Datum | Wettbewerb | Gegner |
11.11., 20.30 Uhr | Bundesliga | Borussia Mönchengladbach (A) |