Elliot Omozusi schaffte es aus einer schwierigen Gegend zum Profi, spielte gegen Superstars wie CR7. Doch irgendwann landete er im Gefängnis.
Dezember 2007, kurz vor seinem 19. Geburtstag. Elliot Omozusi steht in der Startelf des FC Fulham, es ist einer der ersten seiner insgesamt acht Einsätze in der Premier League. Der talentierte Defensivmann wird auf der rechten Abwehrseite aufgeboten, es geht gegen das große Manchester United.
Seine Gegenspieler tragen die Namen Wayne Rooney, Ryan Giggs, Carlos Tevez, Cristiano Ronaldo. Wahnsinn! "Sie haben viel rochiert, daher bekam ich es während des Spiels abwechselnd mit jedem von ihnen zu tun", erinnerte sich Omozusi später bei planetfootball.com. Die intensivste Erinnerung hat der heute 34-Jährige dabei nicht etwa an CR7, sondern an Giggs. "Als ich ihn bei einer Ecke deckte, fragte ich ihn, ob er mir sein Trikot geben würde. Er sagte: 'Klar, kein Problem'. Als ich nach dem Spiel dann in die Kabine ging, wartete er tatsächlich mit seinem Trikot auf mich."
Auch wenn United am Ende mit 2:0 gewann, ist dieser Abend von damals sicherlich einer der Höhepunkte in Omozusis Karriere. Mit 17 hatte er für Fulhams Profis debütiert, galt als eines der größten Talente seines Jahrgangs in England, spielte von U16 bis U19 für die Junioren-Auswahlen der Three Lions.
Aufgewachsen in einer harten Gegend Londons voller Kriminalität, hatte Omozusi das Glück, dort dennoch ein behütetes Zuhause zu haben. "Verglichen mit den Leuten in meiner Umgebung wuchs ich in einem liebevollen Zuhause auf, meine Mutter und mein Vater hatten beide Arbeit."
goal / gettyFußballerisches Talent hilft Omozusi
Zudem half ihm sein fußballerisches Talent, Ablenkung zu finden. Beim Klub aus seinem Bezirk fiel Omozusi auch Scouts des FC Chelsea auf, das ständige Pendeln in den Westen Londons wäre für die Familie finanziell aber zu aufwändig gewesen. Das ebenfalls interessierte Fulham hingegen übernahm die Kosten für Hin- und Rückfahrt zum Training, weshalb Omozusi 2001 in den Nachwuchs der Cottagers wechselte.
Dort lief es gut, Omozusi wurde Junioren-Nationalspieler, kam schließlich mit 17 erstmals zu den Profis, war mit 18 plötzlich Premier-League-Spieler. Doch nachdem Fulhams damaliger Trainer Lawrie Sanchez Ende 2007 gehen musste und durch Roy Hodgson ersetzt wurde, ging es für Omozusi bergab.
Der neue Coach ließ ihn nicht mehr spielen, wollte im Sommer 2008 lieber zwei neue Rechtsverteidiger kaufen und schlug eine Leihe vor. "Es begann, sich anzufühlen, als wollten sie mich loswerden", sagt Omozusi.
Er wurde an Zweitligist Norwich City verliehen, war dort ein halbes Jahr lang Stammspieler. Dann beendete Fulham die Leihe vorzeitig, bot ihm einen neuen Vertrag an. "Dessen Konditionen waren jedoch lächerlich und ich unterschrieb ihn nicht", betont Omozusi. Fortan durfte er nur noch in Fulhams U23 kicken, erst Ende 2009 kam eine erneute Leihe zustande: Diesmal an Drittligist Charlton Athletic.
Auch diese dauerte jedoch nur einige Monate - danach wollte Omozusi Fulham endgültig verlassen, der Verein forderte aber eine zu hohe Ablöse, die sich die interessierten Vereine nicht leisten konnten. "Coventry fragte an. Sheffield United und Watford waren interessiert. Wolverhampton, das gerade in die Premier League aufgestiegen war. Aber niemand wollte so viel Geld bezahlen und Fulham schlug jedes Angebot aus."
Omozusi muss 2011 ins Gefängnis
Fulham verbot ihm sogar, zu trainieren, räumte seinen Spind. Erst im Sommer 2010, mittlerweile 21, durfte er den Verein dann verlassen. "Ich habe zehn Jahre in diesem Klub verbracht, es bleibt natürlich ein fader Beigeschmack zurück. All das hätte vermieden werden können, aber ich fühle keine Missgunst. Ich kann mir jedoch vorstellen, wie viele junge Spieler diese Dinge durchmachen müssen."
Omozusi heuerte also bei Leyton Orient in der dritten englischen Liga an, wollte seiner Karriere dort endlich neuen Schwung verleihen. Doch es sollte ganz anders kommen.
Im November 2011 musste Omozusi wegen eines versuchten Racheanschlags ins Gefängnis. Er wurde zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, nachdem er während eines Gerichtsprozesses wegen einer von Mitgliedern der London Fields Gang - einer Gang aus der Gegend seiner Jugend - verübten Erschießung einer 16-Jährigen mit Komplizen einem Zeugen aufgelauert und ihn bedroht hatte.
"Ich war nie ein Gang-Mitglied", sagt Omozusi. "Ich wurde vorher nie verhaftet und hatte keinerlei Verurteilungen - das wäre nicht möglich gewesen, wäre ich in einer berüchtigten Gang gewesen. Es war das erste Mal überhaupt, dass ich ein Polizeirevier von innen sah. Sie haben mich ins Gefängnis geschickt, weil ich im Rampenlicht stand und die Strafe als Abschreckung dienen sollte!"
Omozusi: "Ich bekam eine zweite Chance"
Letztlich musste Omozusi 16 Monate hinter Gittern verbringen. Dass Leyton Orient ihm stets zur Seite stand, der damalige Trainer Russell Slade ihn regelmäßig besuchte, machte ihm Mut. "Orient gab mir zu verstehen: Wir wissen, was du getan hast, und was du nicht getan hast. Und du wirst hier einen Platz haben, wenn du raus kommst."
2013 kehrte er nach seiner Haft-Entlassung zu Leyton Orient zurück, wurde wieder Stammspieler in der dritten Liga. "Ich bekam eine zweite Chance", sagt Omozusi. Er teilte seine Erfahrungen in der Umgebung auch mit Schulen und Jugendmannschaften. "Das war eine sehr produktive Sache und auch einer der Gründe dafür, dass ich Sicherheitsbeauftragter (der Stadt Essex im Osten Englands, d. Red.) wurde. "
Bis 2015 blieb er bei Leyton Orient, spielte dann noch einige Zeit für Cambridge United in der vierten Liga. Profi ist der ehemalige Junioren-Nationalspieler heute nicht mehr, Omozusi kickt nur noch für den kleinen Klub Barking FC. Dass seine Karriere als Fußballer nicht wie erwartet gelaufen ist, damit hat er seinen Frieden geschlossen: "Ich habe nicht das erreicht, wozu ich die Fähigkeiten gehabt hätte. Aber was die Chancen, die ich bekommen habe, angeht, wäre nicht mehr gegangen. Ich bin dankbar für das, was ich hatte, und was ich jetzt habe."