In seiner ersten Saison als Profitrainer steht Frank Lampard mit Derby County in den Championship-Playoffs. Im Halbfinalrückspiel am Mittwoch gegen Leeds United (20.45 Uhr live auf DAZN) gilt es, das 0:1 aus dem Hinspiel aufzuholen (der Sieger trifft im Finale auf Aston Villa). Anders als geplant, verläuft Lampards Trainerkarriere im Schnellverfahren.
Frank Lampard arbeitet noch nicht einmal seit einem Jahr als Profitrainer, hat aber bereits zwei beachtliche Leistungen vollbracht. Einerseits führte er seinen Verein Derby County in die Championship-Playoffs und somit an die Schwelle zur Premier League. Und andererseits animierte er gegnerische Fans dazu, ein Lied über ihn zu dichten.
Vorgetragen wurde es von Leeds-Fans beim Halbfinalhinspiel und es geht so:
"All of the spies are hidden away
Just try not to worry
You'll beat us some day
We beat you at home
We beat you away
Stop crying Frank Lampard"
Lampard, Bielsa und ein neues Kapitel der Rivalität
Teile dieser Ankündigung haben die spielenden Vertreter von Leeds bereits ausgeführt, indem sie das Heimspiel mit 1:0 gewannen. Es war ein besonder Sieg. Nicht nur wegen des Liedes und der sportlichen Relevanz, sondern auch wegen der Historie. Leeds und Derby hassen sich schließlich seit Ende der 1960er Jahre innig.
Damals spielten die beiden Klubs nicht um die Teilnahme an der ersten Liga, sondern um den Titel. Trainiert wurden sie von den Trainer-Ikonen Don Revie (Leeds) und Brian Clough (Derby), die unterschiedlicher nicht hätten sein können und sich bei jeder Möglichkeit bekriegten.
Lampard und der ebenfalls erst seit dieser Saison amtierende Leeds-Trainer Marcelo Bielsa schrieben in dieser Saison ein neues Kapitel dieser Rivalität. Und damit zurück zum Lied über Lampard und die Gründe, warum er aufhören solle zu weinen.
Im Januar rückte in Derby die Polizei aus
Am Tag vor dem Ligaspiel zwischen den beiden Vereinen im Januar stattete die örtliche Polizei dem Trainingsgelände von Derby einen Besuch ab. Sie wurde gerufen, weil ein Mann in Tarnkleidung und mit Fernrohr sowie Drahtschneider ausgestattet an den Absperrzäunen gesichtet worden war.
Wie sich später herausstellen sollte, handelte es sich dabei um einen Leeds-Scout, den Bielsa zur Gegnerbeobachtung entsandt hatte. Lampard sagte: "Bevor ich so etwas machen würde, würde ich meine Trainerlaufbahn beenden." Für die Leeds-Fans hatte das offenbar einen leicht weinerlichen Unterton. Also dichteten sie.
Das Spiel in Derby jedenfalls gewann Leeds mit 2:0, womöglich hatte der Besuch also positive Auswirkungen auf Bielsas Taktik. Negative Auswirkungen hatte er dagegen auf das vereinseigene Konto, denn Leeds wurde von der Liga für den Vorfall mit einer Strafe in Höhe von 200.000 Pfund belegt.
Derby verlor zwar kein Geld, am darauffolgenden Spieltag aber Platz sechs und rutschte somit aus den Playoff-Rängen. Erst am vorletzten Spieltag eroberte der Klub den so wichtigen Platz zurück. Fast auf den Tag genau ein Jahr, nachdem Lampard im Guardian über sein damaliges Leben gesprochen hatte.
Lampard: Im Schnellverfahren zum Profitrainer
Seit seinem Karriereende beim New York City FC im Februar 2017 arbeitete er als TV-Experte, machte seine Trainerkurse und sammelte zeitgleich erste Erfahrungen in der Akademie seines Ex-Klubs FC Chelsea. Außerdem reise er viel und genieße seine Freizeit, erzählte er damals. "Ich habe überhaupt keine Deadline, wann ich als Profitrainer arbeiten will", sagte Lampard. "Man kann dafür nicht einfach einen Schalter betätigen. Man muss erst viel lernen und dabei gibt es kein Schnellverfahren."
Keinen Monat später saß er in Derbys Presseraum und stellte sich als neuer Trainer vor. Natürlich wurden ihm all die klassischen Fragen gestellt, die einem Trainernovizen, der auf eine glorreiche Spielerlaufbahn zurückblicken darf, eben gestellt werden. Lampard hatte schließlich über 100 Mal für die englische Nationalmannschaft gespielt und mit Chelsea alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt.
Also: Welche Trainer haben ihn denn inspiriert? "Ich habe es geliebt, unter Carlo Ancelotti zu spielen. Harry Redknapp machte mich (bei West Ham United) zum Profi und zeigte mir, was es bedeutet, ein solcher zu sein. Und Jose Mourinho änderte meine generelle Einstellung. Dabei ging es nicht um Taktik oder Technik, sondern um Selbstvertrauen. Es ging darum, den Extra-Schritt zu gehen."
Und wie werde er seinen ersten Job als Profitrainer angehen? "Brutal zu sein ist eine große Aussage, aber nur so kann man als Trainer bestehen", sagte Lampard. "Ich muss Entscheidungen treffen und glaube, dass ich stark genug dafür bin."
gettyLampard: über Derby zu Chelsea?
Im Laufe der Saison traf Lampard jedenfalls mehr richtige als falsche Entscheidungen. Eine ganz hervorragende war es etwa, zwei jungen Leihgaben das Vertrauen zu schenken. Dem 20-jährigen offensiven Mittelfeldspieler Mason Mount von Chelsea, der insgesamt 13 Scorerpunkte sammelte. Und dem 22-jährigen Stürmer Harry Wilson vom FC Liverpool, der mit 15 Treffern zum gefährlichsten Torjäger der Mannschaft avancierte. Ärgerlicherweise kehren sie im Sommer beide zu ihren Stammvereinen zurück - zumindest vorübergehend.
Auch Lampard kehrte im Laufe dieser Saison bereits zu seinem Stammverein zurück, ebenfalls vorübergehend - und zwar für ein Spiel. In der vierten Runde des League Cup war er mit Derby bei Chelsea zu Gast. Chelsea gewann erwartungsgemäß, aber die Fans besangen Lampard lautstärker als die eigene Mannschaft. Und mit wohlwollenderen Liedern als die Leeds-Fans.
Nach einem möglichen Einzug ins Playoff-Finale oder gar Derbys Rückkehr in die Premier League nach elf Jahren Abstinenz, würden wohl auch deren Fans Lampard besingen. Es wäre die erste Strophe einer Trainerkarriere, von der sich Lampard erträumt, dass sie ihn irgendwann zurück zu Chelsea führt. "Ob das auch passiert", sagte er bei seiner Vorstellung vor einem Jahr, "hängt davon ab, was ich hier schaffe."
Die Championship-Playoffs 2018/19
Hinspiel | Rückspiel | ||
Derby County | Leeds United | 0:1 | Mittwoch, 20.45 Uhr |
Aston Villa | West Bromwich Albion | 2:1 | 4:3 i.E. |