Mit dem Testspiel bei seinem Vorgänger als Weltmeister beendet die deutsche Nationalmannschaft das überaus erfolgreiche Länderspieljahr 2014 (Di., 20.45 Uhr im LIVE-TICKER). Die Duelle gegen die Iberer wurden zwar erst in der jüngeren Vergangenheit zu einem Klassiker. Aber bereits vom ersten Spiel an vor fast 80 Jahren steckte in den Spielen gegen Spanien jede Menge Zündstoff. Ein Streifzug durch die Geschichte des Duells: Von fantastischen Torjägern, über Emmas majestätische Klebe und der Schmach von Paris bis zur großen Ernüchterung vor vier Jahren in Durban.
21 Mal standen sich Spanien und Deutschland bisher gegenüber, mit der Partie in Vigo am Dienstag könnte Spanien die Bilanz ausgleichen. Bisher stehen acht deutsche Siege bei sieben Niederlagen und sechs Remis in den Geschichtsbüchern, die seit fast 80 Jahren mit Geschichten und Anekdoten des Duells gefüttert werden.
Das erste Mal
12. Mai 1935, Müngersdorfer Stadion zu Köln. Die deutsche Mannschaft um Reichstrainer Otto Nerz empfängt Spanien zum ersten Vergleich beider Verbände überhaupt. Edmund Conen ist einer der ersten großen Torjäger des deutschen Fußballs, spielte damals für den GFV 03 Saarbrücken. Bei der Weltmeisterschaft ein Jahr zuvor hatte Conen gegen Belgien den ersten Hattrick der WM-Geschichte erzielt. Jetzt blieb es ihm vorbehalten, den ersten Treffer im Duell einer deutschen Mannschaft gegen Spanien zu erzielen. Am Ende triumphierten aber trotzdem die Gäste, weil deren Mittelstürmer Isidro Langara doppelt traf.
Wie Spanien über Deutschland siegte Langara im Vergleich der Torjäger auch über Conen: Der erzielte in 28 Länderspielen 27 Tore und kam damit nach Gerd Müller auf die beste Torquote der DFB-Geschichte. Langara aber war ein Phänomen: Wegen des spanischen Bürgerkriegs Mitte der 30er Jahre ging er ins Exil nach Mexiko und kam so nur auf zwölf Länderspiele für sein Heimatland. Die 17 Tore und damit eine Torquote von fast 1,5 Treffer pro Spiel sind aber bis heute unerreicht in Spanien.
Pflichtspielpremiere und Emmas Wundertor
Bei der Weltmeisterschaft 1966 in England trafen beide Verbände erstmal in einem Pflichtspiel aufeinander. Im Villa Park in Birmingham ging es im letzten Vorrundenspiel der Gruppe B um den Einzug ins Viertelfinale. Deutschland genügte ein Unentschieden, die Spanier mussten gewinnen.
Die frühe Führung durch Fuste brachte die deutsche Mannschaft von Bundestrainer Helmut Schön schwer in die Bredouille - bis Emma kam und das bis dato spektakulärste Tor der deutschen Länderspielgeschichte erzielte. Nach einem weiten Einwurf von Siggi Held kam der Dortmunder Lothar Emmerich fast an der Torauslinie an den Ball und knallte diesen hoch Richtung spanisches Tor. Keeper Iribar reagierte noch nicht einmal, so unmöglich und aussichtslos erschien der Winkel.
Der Ball zischte im linken Winkel ins Netz, Emmerich feierte den Treffer ungläubig am Boden liegend, die Mitspieler schüttelten verdutzt den Kopf. "Wenn der nich reingeht, dann sinse alle mit am Schreien", sagte der Wundertorschütze später. "Emmas majestätische Klebe" ist bis heute eins der schönsten Tore der DFB-Geschichte. Uwe Seelers Tor kurz vor dem Ende gegen in der Defensive entblößte Spanier machte den Triumph von Birmingham dann endgültig perfekt.
Die schwarze Nacht von Paris
Bei der Europameisterschaft 1984 kommt es im letzten Gruppenspiel zum Showdown um den Einzug ins Halbfinale. Deutschland hat Spanien zwei Jahre zuvor bei deren Heim-WM aus dem Turnier geschmissen, für die Iberer ist die Zeit der Revanche gekommen. Deutschland haftet nach der Schmach von Gijon und Toni Schumachers hässlichem Foul an Patrick Battiston ein durchaus zweifelhafter Ruf an, Schumacher wird bei den Spielen in Frankreich von den Fans der Gastgeber regelrecht angefeindet und bei jeder Aktion förmlich aus dem Stadion gebuht.
Die Ausgangslage ist wie damals bei der WM in England: Den Deutschen genügt ein Remis, die Spanier brauchen einen Sieg, um neben Portugal ins Semifinale einzuziehen. Im Parc des Princes in Paris sind die Spanier die bessere Mannschaft und haben Sekunden vor dem Halbzeitpfiff die große Chance zur Führung - aber ausgerechnet das große Feindbild Schumacher hält den Foulelfmeter von Francisco Carrasco.
Deutschland ist aber auch im zweiten Durchgang nicht besonders daran interessiert, mit einem eigenen Tor womöglich die Entscheidung herbeizuführen und verschanzt sich nur noch in der eigenen Hälfte. Die Quittung bekommt die Mannschaft dann Sekunden vor dem Abpfiff präsentiert: Quasi bei der letzten Aktion des Spiels hechtet der aufgerückte spanische Libero Antonio Maceda in eine Flanke und versenkt den Ball im Netz.
Spanien ist weiter, der Vizeweltmeister ist raus. Es wird das letzte Spiel von Bundestrainer Jupp Derwall. Der war bereits vor dem Turnier beim Boulevard und ehemaligen Spielern zur Zielscheibe geworden und mächtig unter Druck geraten. Im Hintergrund wurde längst Franz Beckenbauer als Nachfolger in Stellung gebracht. Unter dem öffentlichen Druck trat Derwall dann kurz nach dem Fiasko von Paris zurück. Es war der erste "freiwillige" Rücktritt eines Bundestrainers bis dahin.
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Lothar, Rudi, wunderbar
Fast auf den Tag genau vier Jahre später ist es erneut so weit: Deutschland benötigt im Kampf um die Halbfinalteilnahme bei seiner Heim-EM lediglich ein Remis, die Spanier müssen im letzten Gruppenspiel gewinnen. Dieses Mal geht Deutschland die Angelegenheit aber ganz anders an als vier Jahre zuvor.
Franz Beckenbauer gibt der Mannschaft eine offensivere Ausrichtung mit auf den Weg. Mit Pierre Littbarski, Olaf Thon, Jürgen Klinsmann, Lothar Matthäus und Rudi Völler stehen gleich fünf spielstarke Mittelfeldspieler und Angreifer auf dem Platz. Ausgerechnet Tante Käthe Völler stand vor der Partie in der Kritik, nicht wenige forderten einen Einsatz von Franky Mill an Stelle Völlers, der seit sieben Spielen ohne Tor war.
Beckenbauer vertraute Völler trotzdem und wurde dafür belohnt. Nach einem Klinsmann-Pass erzielte die Nummer neun erst das frühe 1:0 und nach der Pause nach einem Konter auch das entscheidende 2:0. Dieser Treffer war in seiner Entstehung und in seinem Abschluss ziemlich untypisch für den damaligen deutschen Fußball: Nach einem schnell vorgetragenen Konter legte Matthäus den Ball mit der Hacke auf Völler ab, der per Außenristschuss in die lange Ecke traf.
Das Tor war so wichtig und technisch so anspruchsvoll, dass es im Dezember 1988 sogar zum Tor des Jahres gewählt wurde. Und ganz nebenbei ersparte es dem Kaiser auch einigen Ärger: Ein Ausscheiden nach der Vorrunde der Heim-EM hätte womöglich auch Beckenbauer den Job kosten können.
Auferstehung mit Scholl und Zick-Zack-Zickler
Der deutsche Fußball lag nach der desaströsen Europameisterschaft 2000 in Trümmern, als der neu formierten Mannschaft mit dem neuen Teamchef Rudi Völler nur wenige Wochen später ein erstes Ausrufezeichen gelang.
In Hannover hatte Deutschland im ersten Testspiel nach der EM Spanien zu Gast. Die Iberer reisten so ziemlich mit der vollen Kapelle an, mit Verdasco, Mendieta, Guti, Guardiola und Raul. Deutschland schien auf dem Papier hoffnungslos unterlegen, zauberte dann aber eine der besten Stunden der jüngeren Länderspielgeschichte auf den Rasen.
Zweimal Mehmet Scholl und zweimal Alexander Zickler mit seinen Premierentoren für Deutschland stellten das Ergebnis nach gut einer Stunde auf 4:0. Rauls Tor zum 1:4 änderte nichts mehr am höchsten Sieg einer deutschen Mannschaft überhaupt über Spanien. Alex Zickler hat danach noch sieben Mal das Trikot mit dem DFB-Adler übergestreift. Der Doppelpack von Hannover sollte aber eine Art One Hit Wonder bleiben. Ein weiteres Tor ist ihm nicht mehr geglückt.
Geburtsstunde der Besten aller Zeiten
Acht Jahre später kam es in Wien zum ersten K.o.-Spiel überhaupt zwischen beiden Mannschaften. Ins EM-Finale 2008 ging Deutschland sogar als leichter Favorit. Zwar hatte Spanien auf dem Weg ins Endspiel den besseren Fußball gespielt und nicht zuletzt im Halbfinale die hoch gehandelten Russen gedemütigt - dem spanischen Verbandsfußball hing aber immer noch der Ruch der Erfolglosigkeit an und dass die Mannschaft in den entscheidenden Momenten stets versage.
44 Jahre nach dem letzten und bis dato einzigen großen Triumph bei der Europameisterschaft im eigenen Land hatten die Iberer Deutschland abgesehen von einer zurückhaltenden Anfangsphase aber voll im Griff und siegten beim 1:0 am Ende sogar ein, zwei Tore zu niedrig. Es war der erste Sieg in einem Pflichtspiel überhaupt über Deutschland und die Geburtsstunde der erfolgreichsten Verbandsmannschaft aller Zeiten.
Während Deutschland einmal mehr kurz vor dem großen Ziel jäh gestoppt wurde und nach und nach tiefe Risse innerhalb der Mannschaft bekannt wurden, eilten die Spanier seit der Nacht von Wien bei großen Turnieren bis zu diesem Sommer von Triumph zu Triumph.
Die letzte große Ernüchterung
Spanien war zum Idol für die Mannschaft von Joachim Löw geworden, ein Vorbild an Spielkultur, Entschlossenheit und Teamgeist. Dass zu großer Respekt und Bewunderung aber das eigene Spiel lähmen können, zeigte sich im Halbfinale der WM zwei Jahre später.
Während sich Spanien mit zwei 1:0-Siegen eher sachlich-nüchtern ins Semifinale gespielt hatte, verblüffte die junge deutsche Mannschaft mit spektakulären Partien gegen England und Argentinien die Fußballwelt und stürzte die Fans in der Heimat in einen wahren Rausch. Der DFB-Elf wurde ein Sieg gegen den amtierenden Europameister zugetraut, im Moses-Mabhida-Stadion in Durban kam dann aber alles ganz anders.
Deutschland konnte den Gegner bis auf eine Aktion nie in Verlegenheit bringen, während Spanien seinem rationalen Stil treu blieb und nach einer Standardsituation durch Carles Puyol die Partie entschied. Der Mythos des angeblich ewigen Zweiten und Dritten verfestigte sich in Deutschland noch mehr, während die Spanier als erste Mannschaft überhaupt nach einem EM- dann auch den WM-Titel einfuhren.