Während seiner halbjährigen Leihe avancierte Martin Hinteregger bei Eintracht Frankfurt zum Publikumsliebling. Am liebsten würde er sofort fix wechseln, doch nun ist er zurück beim FC Augsburg. Die aktuelle Lage: Die Klubs pokern, die Frankfurter Fans schreiben Postkarten, die Augsburger Vertreter säuseln - und Hinteregger schweigt und macht Dreifachschichten.
Bei ihrer wichtigsten Mission des Sommers arbeiten die Fans von Eintracht Frankfurt mittlerweile zweispurig. Da wäre einerseits die digitale Kampagne mit zahlreichen Tweets, die den Hashtag #FreeHinti enthalten. Manche davon versehen mit durchaus kuriosen Fotos: zum Beispiel einem Straßenabschnitt der Tour de France mit aufgeklebtem #FreeHinti.
Und da wäre andererseits die analoge Kampagne: Postkarten, adressiert an die Geschäftsstelle des FC Augsburg, beschriftet mit #FreeHinti. Obwohl es beim erfolgreichen Verschicken von Postkarten doch eigentlich keinen Hashtag braucht.
Das Ziel der Mission: die Befreiung des 26-jährigen Innenverteidigers Martin Hinteregger aus Augsburg und in Folge dessen seine feste Transferierung nach Frankfurt.
Hinteregger in Frankfurt: "Hinti Army Now"
In der vergangenen Rückrunde spielte Hinteregger bekanntlich per Leihe in Frankfurt und avancierte dort innerhalb kürzester Zeit zum Publikumsliebling. Zu den Klängen von "Hinti Army Now" sah man ihn stets kämpfen und grätschen. "Einfach unbeschreiblich", fasste Hinteregger zusammen.
Und nun? Finden sie wieder zusammen, die Eintracht und ihr Lieblings-Hinti? Seit Dienstag trainiert er ganz normal in Augsburg, wo er noch bis 2021 unter Vertrag steht, während im Hintergrund gepokert wird. Angeblich bietet Frankfurt rund zehn Millionen Euro, angeblich fordert Augsburg rund 13.
Mit beiden Summen würde Hinteregger Djibril Sow als teuersten Neuzugang der Vereinsgeschichte ablösen - aktuell herrscht laut Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic jedoch "Funkstille" zwischen den beiden Klubs. Frankfurt schaut sich offenbar bereits nach Alternativen um, genannt wird unter anderem Waldemar Anton von Hannover 96.
Hinteregger in Augsburg: Kumpelschaften & Dreifachschichten
Während also munter gepokert wird, während Hashtags getwittert und Postkarten frankiert werden, reiste die Augsburger Profimannschaft am Samstag ins Dorf Heimstetten bei München. Dort trat sie beim sogenannten Schauinsland-Reisen-Cup an und gewann dank eines 1:0-Finalsieges gegen Borussia Mönchengladbach sogar die womöglich sogenannte Schauinsland-Reisen-Cup-Trophäe.
Hinteregger selbst war nicht dabei. Er leidet noch unter den Nachwirkungen eines Rippenbruchs, den er sich beim letzten Länderspiel der Saison mit der österreichischen Nationalmannschaft gegen Nordmazedonien zugezogen hatte. "Er darf noch keine Zweikämpfe führen", erklärte Trainer Martin Schmidt in Heimstetten und erzählte, dass Hinteregger stattdessen individuell in Augsburg trainiert hätte. "Ich habe gehört, dass er es sehr gut gemacht hat."
Spricht Schmidt über Hinteregger, hört es sich nicht so an, als würde er über einen Gefangenen sprechen. "Sehr fleißig" nennt er ihn, zweimal sogar "sehr positiv". Schmidt berichtete von "Doppel- und sogar Dreifachschichten", die Hinteregger derzeit pro Tag absolviere, und dann sagte er noch: "Er wurde sehr gut aufgenommen, bringt sich ein und flachst rum. Wenn ich sehe, wie oft er mit jungen Spielern redet oder sie mit ihm, dann merke ich, dass da Kumpelschaften da sind."
Mit Florian Niederlechner besteht wohl noch keine Kumpelschaft, er wechselte schließlich selbst erst in diesem Sommer vom SC Freiburg nach Augsburg. Niederlechners Aussagen zufolge steht dem aber nichts im Wege: "Alles, was Martin bisher macht, ist top. Er ist ein super sympathischer Kerl und vom Charakter her einfach nett."
gettyHinteregger schweigt und trägt Österreich-Rucksack
Dieses Gesäusel von Schmidt und Niederlechner wirkte fast schon wie eine Charmeoffensive pro Hinteregger - was ob seiner Vorgeschichte in Augsburg durchaus etwas kurios anmutet. Nachdem Hinteregger im vergangenen Winter verkündet hatte, über Augsburgs damaligen Trainer Manuel Baum "nichts Positives" sagen zu können, bedachte ihn der Verein mit einer vereinsinternen Rekordgeldstrafe. "So jemand hat im Team nichts zu suchen", erklärte Geschäftsführer Sport Stefan Reuter und suspendierte ihn.
Diese Meinung hat Reuter mittlerweile offenbar revidiert, zuletzt verteidigte er Hinteregger sogar und nannte ihn vertraut beim Spitznamen. Nachdem die Bild berichtete hatte, Hinteregger sei in Augsburg mit einem Frankfurt-Rucksack zum Training erschienen, beschwichtigte Reuter in der Augsburger Allgemeinen: "Hinti hat mir gesagt, dass es ein Rucksack der österreichischen Nationalmannschaft war. Auch der hat einen Adler drauf."
Hinteregger selbst hat seit seiner Rückkehr nach Augsburg übrigens noch kein öffentliches Statement abgegeben. Bevor er in den Urlaub aufgebrochen ist, sagte er der österreichischen Kleinen Zeitung aber: "Für mich gibt es nur Frankfurt." Trotz Augsburger Kumpelschaften hat sich daran wohl eher nichts geändert.