BVB - Thesen zum Sieg gegen Schalke: Modeste? Terzic muss auf Moukoko setzen

Fatih Demireli
18. September 202211:14
SPOXgetty
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Borussia Dortmund verliert mit Marco Reus eine wichtige Konstante, setzt sich aber dennoch gegen kampfstarke Schalker durch. Jetzt muss der BVB aber nachlegen und dafür sollte Edin Terzic im Sturm auf Youssoufa Moukoko setzen. Schalke muss etwas gegen seine Abhängigkeit unternehmen. Die Thesen zum Revierderby.

Der BVB muss trotz Reus-Ausfall die Titelchance nutzen

Die 28. Minute im Revierderby gegen den FC Schalke 04 raubte den Anhängern von Borussia Dortmund - und nicht nur diesen - den Atem. Marco Reus knickte bei einem Zweikampf mit Florian Flick um und musste Minuten lang behandelt werden. Es wurde sehr still im Stadion, bis Reus von lauten, aufmunternden Sprechchören und einigen unschönen "Auf Wiedersehen"-Rufen (von Schalke-Fans) begleitet, vom Platz getragen wurde.

Wie wichtig Reus für den BVB ist, muss man eigentlich nicht an Statistiken ablesen, aber nackte Zahlen helfen oft, den subjektiven Eindruck zu untermauern. Das Revierderby war Reus' 250. Bundesliga-Spiel für Dortmund. In diesen 250 Spielen erzielte der 33-Jährige 111 Tore und lieferte 67 Vorlagen. Bei allem Respekt für Robert Lewandowski und Erling Haaland, die beim BVB überragende Leistungen abriefen, aber Reus ist seit zehn Jahren Dortmunds Dauerbrenner.

Und er ist - wie neulich schon mal an dieser Stelle festgestellt - die Mutter aller Dosenöffner mit 60 Toren, die zum 1:0 des BVB führten. Eine unfassbare Bilanz, die er in dieser Saison in einigen engen Spielen ausbaute und Dortmund sowohl in der Liga als auch international den einen oder anderen Sieg ebnete. Auch wenn Reus, nicht wie erst befürchtet, nur "drei bis vier Wochen" fehlt (Sebastian Kehl), wird der Ausfall wehtun.

Da ist der Faktor Dosenöffner nochmal erwähnenswert. Es ist kein Trend, sondern Tatsache, dass der BVB Probleme hat, das Spiel machen zu müssen - besonders, wenn der Gegner die Ketten dichtmacht. Reus' Kreativität gepaart mit seiner Erfahrung und einer gewissen Beharrlichkeit ist da nicht selten der Lösungsansatz.

Gegen tapfer, aber altbacken verteidigende Schalker hatte Dortmund permanent den Ball (phasenweise 73 Prozent) und trotz einer optischen Überlegenheit dauerte es bis zur 79. Minute, bis die Schalker müde wurden und Dortmund beim ersten richtigen Fehler zuschlagen konnte. Es war bereits der vierte 1:0-Sieg des BVB in dieser Bundesliga-Saison. Zwar sind Mutmaßungen mit Vorsicht zu genießen, aber es waren Spiele dabei, die Dortmund in den letzten Jahren nicht gewonnen hätte bzw. auch nicht gewann.

Es sind die Spiele, die den Titelkampf entscheiden können. Auch wenn man beim BVB darüber ungern sprechen wird, kristallisiert sich eine Mannschaft heraus, die ernsthaft um die Meisterschaft mitspielen kann. Die trotz heftiger Ausrutscher (Bremen, Leipzig) die Mentalität zu haben scheint, diese engen Nummern mit der nötigen Konzentration für sich zu entscheiden, anstatt ins Verderben zu rennen.

Der BVB muss jetzt die Schwächephase des FC Bayern nutzen und sich für das direkte Duell am 8. Oktober in Stellung bringen. Laut Kehls Prognose sollte Reus wieder gegen den Dauermeister dabei sein, wenn Dortmund versuchen wird, die neunte Niederlage in Serie zu verhindern oder womöglich sogar den ersten Sieg seit dem DFL-Supercup 2019 einzufahren.

Als Dosenöffner aber auch als Führungsfigur. "Es geht uns besser, wenn er auf dem Platz steht", sagte Youssoufa Moukoko nach dem Derby. Die Reaktionen der Kollegen nach der Verletzung bestätigen den Eindruck, dass die Mannschaft ihrem Kapitän folgt, ungeachtet der Diskussionen der letzten Tage.

Kompensiert der BVB den Ausfall von Reus einigermaßen, ist der Titelkampf ein Thema in Dortmund. Dass man ohne ihn den Sieg gegen Schalke erzwungen hat, ist schon mal ein erstes gutes Zeichen.

Modeste funktioniert nicht: Terzic muss auf Moukoko setzen

Beim 1:0 gegen Schalke hat Terzic bei den Auswechslungen ein gutes Händchen bewiesen. Giovanni Reyna hat nach der Verletzung von Marco Reus gezeigt, dass er auf einem guten Weg ist und mit zunehmender Spielpraxis das abrufen kann, was er schon vor zwei Jahren versprach.

Aber vor allem die Hereinnahmen von Youssoufa Moukoko und Karim Adeyemi haben das Spieltempo des BVB deutlich erhöht.

Moukokos Treffer brachte nicht nur die Entscheidung, er war ein deutlicher Hinweis für Terzic, dass er im Sturm auf den Youngster setzen sollte. Der flinke Moukoko scheint mit seiner Beweglichkeit die deutlich bessere Option im Vergleich zu Anthony Modeste zu sein, der einmal mehr ein Spiel erlebte, an dem er fast nicht beteiligt war. Mit zwölf Ballaktionen ging der Neuzugang vom Platz.

"Es hat sich sehr gut angefühlt. Ich bin reingekommen und hatte Wut im Bauch, weil ich von Anfang an spielen wollte, aber der Trainer hat entschieden, dass ich von der Bank reinkomme. Dass ich dann das Tor des Tages schieße, ist wunderschön und es fühlt sich gut an", sagte Moukoko nach seinem zweiten Saisontor bei Sky.

Und dann noch in einem Derby: "Es ist unfassbar. Ich habe davon geträumt. Jeden Tag habe ich mir in der Jugend vorgestellt und fantasiert, dass ich irgendwann mal vor der Südtribüne im Derby so ein Tor schieße. Dafür habe ich lange gearbeitet."

Und das gemeinsam mit dem Trainer, der im Sommer einer der Gründe war, warum Moukoko seine Abschiedsüberlegungen zur Seite schob. "Edin redet viel mit mir, weil ich das Vertrauen des Trainers brauche. Er gibt mir das jeden Tag und ich spüre es."

Das klingt nach einer herrlichen Basis, um Gespräche über eine Vertragsverlängerung aufzunehmen. Moukokos Vertrag endet im Sommer 2023 und es wäre aus Dortmunder Sicht fatal, das Eigengewächs zu verlieren.

Der FC Schalke 04 ist offensiv zu harmlos

Beim FC Schalke 04 war der Frust groß, dass man in den letzten zehn Minuten nicht mehr die Intensität in der Verteidigung aufrechterhalten konnte, mit der man die Dortmunder über eine lange Distanz gut im Griff hatte.

"Wir haben sehr wuchtig und konzentriert verteidigt und nur wenig zugelassen. Im Laufe des Spiels wurde der Druck größer, das kann man nicht ganz verhindern", sagte Trainer Frank Kramer nach dem Spiel.

Der starke Tom Krauß sah es ähnlich: "Wir haben fast 80 Minuten lang die Null gehalten und dann in einer Situation nicht aufgepasst. Dann verlierst du solch ein Spiel, denn die Dortmunder haben eine große Qualität."

Fast jeder Schalker, der nach dem Spiel zu Wort kam, war voll des Lobes - bis man über die Offensive sprechen musste: "Wir haben bei eigenem Ballbesitz nicht sauber genug gespielt, um mehr Nadelstiche zu setzen", so Krauß. "Es war schwer nach vorne zu kommen, die Wege waren weit", sagte der starke Keeper Alexander Schwolow. "Wir hätten ein bisschen aktiver bleiben müssen."

Leichter gesagt als getan, denn Schalke hat nicht nur in diesem Spiel gezeigt, dass die offensiven Mittel stark begrenzt sind. Die Schalker gaben im Revierderby ganze drei Schüsse ab - ihr niedrigster Wert in der ganzen Saison. Der xG-Wert in der ersten Halbzeit lag bei genau 0,0, nach 90 Minuten bei 0,3. Viel zu wenig für einen Bundesligisten, auch wenn der Gegner übermächtig zu sein scheint.

Die Offensive, sollte sich kein probates Mittel finden, wird das große Problem der Schalker sein. Schon in der Abstiegssaison 2020/21 war der Angriff die größte Baustelle, als man in der Hälfte aller Spiele das Tor gar nicht traf und somit einen historischen Negativrekord einstellte.

Damals hatte Schalke nach sieben Spieltagen fünf Tore geschossen, diesmal sind es immerhin schon acht und das Revierderby war erst das zweite Spiel ohne eigenen Torerfolg.

"Wir haben auf den einen Moment gewartet, der kam leider nicht", gab Krauß zu. Es ist an Trainer Kramer, Lösungen für das Spiel mit dem Ball zu erarbeiten, um nicht gänzlich abhängig von Fehlern des Gegners zu sein. Denn das ist der FC Schalke 04 in dieser Verfassung.

Bundesliga: Die Tabelle nach den Samstagsspielen

PlatzTeamSp.ToreDiffPkt.
1.Borussia Dortmund79:7215
2.Union Berlin613:4914
3.Freiburg610:5513
4.Bayern München719:61312
5.Hoffenheim612:7512
6.Borussia M'gladbach710:5512
7.Eintracht Frankfurt714:13111
8.Mainz 0577:10-311
9.Köln610:739
10.Werder Bremen713:1219
11.Augsburg75:10-59
12.RB Leipzig79:12-38
13.Hertha BSC77:9-26
14.Schalke 0478:14-66
15.Bayer Leverkusen79:12-35
16.Stuttgart77:10-35
17.Wolfsburg65:10-55
18.Bochum64:18-140