WM ohne "eine der Brillantesten": Zauberfuß Marozsan tritt aus DFB-Team zurück

SID
13. März 202312:00
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Die Edeltechnikerin tritt vor der Titeljagd ab: Vier Monate vor der WM hat Dzsenifer Marozsan überraschend ihren Rücktritt aus dem DFB-Team verkündet.

Bei der Jagd nach dem dritten Stern werden die magischen Momente von "Zauberfüßchen" Dzsenifer Marozsan fehlen. Vier Monate vor der WM in Australien und Neuseeland verkündete die 30 Jahre alte Edeltechnikerin überraschend ihren Rücktritt aus dem deutschen Fußball-Nationalteam. Nach vielen gesundheitlichen Rückschlägen zieht die Olympiasiegerin von 2016 und Europameisterin von 2013 den Schlussstrich unter eine glanzvolle Karriere im DFB-Trikot.

"Durch meine schwere Knieverletzung im Frühjahr 2022 habe ich gemerkt, dass es sich richtig anfühlt, in der Nationalmannschaft aufzuhören", erklärte die 111-malige Nationalspielerin von Olympique Lyon, die die EM 2022 in England wegen eines Kreuzbandrisses verpasst hatte. Sie sei "am Fernseher der größte Fan" des DFB-Teams gewesen, "ohne dass es weh tat, nicht dabei zu sein".

Bei Lyon präsentiert sich die Regisseurin zwar wieder in guter Form, doch ihr Knie sei seit der Verletzung im EM-Qualifikationsspiel in Serbien im vergangenen April "nicht mehr das alte", die weitere Doppelbelastung daher "nicht optimal". Das Länderspiel der Vize-Europameisterinnen am 11. April gegen Brasilien in Nürnberg soll laut DFB-Mitteilung das "Abschiedsspiel" für die ehemalige Spielführerin werden.

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, die laut Marozsan im persönlichen Telefonat zunächst sprachlos reagiert hatte, nahm die Entscheidung in der Vorbereitung auf die WM (20. Juli bis 20. August) mit "allergrößtem Respekt" entgegen. Die Bundestrainerin rühmte Marozsan als "großartige Persönlichkeit und überragende Fußballerin" sowie als "Identifikationsfigur".

Joti Chatzialexiou, Sportlicher Leiter Nationalmannschaften, nannte Marozsan "eine der brillantesten Fußballerinnen, die für Deutschland gespielt haben". Sie habe als "intuitive Fußballerin, mit besonderer Ballfertigkeit und einzigartigem Spielverständnis" beim zweimaligen Weltmeister "eine Ära geprägt". Lina Magull, Sara Däbritz, Lena Oberdorf und Co. müssen diese Lücke nun wie schon bei der EM füllen.

Dzsenifer Marozsan: EM-Titel 2013 und Olympia-Gold 2016

Höhepunkte von Marozsans DFB-Karriere waren der EM-Triumph 2013 in Schweden sowie insbesondere die historische Olympia-Goldpremiere 2016. Im Finale in Rio gegen Schweden (2:1) war die Mittelfeldspielerin die entscheidende Spielerin für die DFB-Auswahl: Sie traf selbst und erzwang das zweite Tor mit einem ihrer gefürchteten Freistöße.

Während der folgenden Amtszeit von Steffi Jones als Bundestrainerin stieg die begnadete Technikerin zur Kapitänin des Nationalteams auf. Dreimal wurde Marozsan zwischen 2017 und 2019 zu Deutschlands Fußballerin des Jahres gekürt.

Die U20-Weltmeisterin von 2010 hatte im Laufe ihrer Karriere allerdings mit vielen körperlichen Problemen zu kämpfen. 2018 etwa erlitt sie eine beidseitige Lungenembolie. Und gerade Weltmeisterschaften schienen für "Maro" wie verflucht.

Die WM 2011 verpasste sie verletzungsbedingt, während der WM 2015 in Kanada laborierte sie an einer Blessur am Sprunggelenk. Beim WM-Viertelfinal-Aus 2019 in ihrer Wahlheimat Frankreich machte ihr ein Zehenbruch einen Strich durch die Rechnung.

"Ich will nicht sagen, dass ich Angst hätte, mich jetzt wieder zu verletzten, aber natürlich sind diese Erlebnisse ein Teil meiner persönlichen Geschichte", sagte sie im FR-Interview. Ihr Vertrag bei OL läuft aus, die Saison will sie "mit so vielen Titeln beenden wie möglich und gesund bleiben - und dann schaue ich, was die Zukunft noch bringt."

Der Härtetest gegen Brasilien als DFB-Abschiedsspiel, womöglich im Duell mit Ballkünstlerin Marta, empfindet sie "als schöne, besondere Geste"- ein vorgezogenes Geschenk exakt eine Woche vor ihrem 31. Geburtstag.