FC Bayern München und das Ende der Krise: Aus der Schwäche wurde eine Stärke

Nino Duit
07. Oktober 202209:00
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Mit zwei deutlichen Siegen gegen Bayer Leverkusen und Viktoria Pilsen hat sich der FC Bayern vor dem Bundesliga-Spitzenspiel bei Borussia Dortmund am Samstag (18.30 Uhr) aus der Krise manövriert. Wie kam es dazu? Vier Faktoren haben eine Rolle gespielt.

FC Bayern: Die Gegner waren dankbar

Punktverluste gegen die Abstiegskandidaten VfB Stuttgart und FC Augsburg und das zwar erfolgreiche aber durchaus biedere Union Berlin, gleichzeitig reihenweise Siege in der Champions League sowie gegen die deutschen Königsklassen-Teilnehmer: Tatsächlich wirkt es etwas kurios, gegen wen der FC Bayern in der bisherigen Saison patzte und gegen wen nicht. Zur Krisenbewältigung kamen die beiden Spiele gegen Leverkusen und Pilsen demzufolge aber genau richtig.

"Es waren zwei Gegner, die uns haben spielen lassen und das haben machen lassen, was wir wollten", analysierte Leon Goretzka. Anders als die ruppigen Bundesliga-Hinterbänkler, boten Leverkusen und Pilsen einerseits mehr Räume und wählten außerdem eine körperlosere Herangehensweise. Beides kam den Münchner Filigrantechnikern entgegen.

Der FC Bayern profitierte bei den Siegen aber nicht nur von den Gegnern, sondern auch von den Spielverläufen. Ein langes, nervenzehrendes und letztlich hemmendes Anlaufen unterbanden die Münchner mit frühen Führungen. "Das hilft in solchen Spielen extrem", urteilte Keeper Manuel Neuer. Bereits vor der Pause erhöhten seine Kollegen jeweils auf 3:0, in der zweiten Halbzeit spielten sie die Siege souverän ins Ziel.

"Als es schlecht lief, war nicht alles schlecht. Genauso ist jetzt nicht alles gut", ordnete Goretzka ein und prognostizierte: "Es werden auch wieder andere Gegner kommen, bei denen es auf mehr Details ankommt." Ob Borussia Dortmund so einer ist? Es darf zumindest bezweifelt werden. Einerseits handelt es sich dabei um einen Champions-League-Teilnehmer nach Münchner Gusto, andererseits gewann der FC Bayern die letzten acht Duelle mit dem vermeintlich größten nationalen Rivalen allesamt.

FC Bayern: Die Chancenverwertung wurde verbessert

Woran hat es gelegen? Nach jedem der vier sieglosen Bundesligaspielen war die Hauptbegründung der Münchner Protagonisten klar: an der mangelhaften Chancenverwertung natürlich! Vor allem beim Remis gegen Borussia Mönchengladbach und auch gegen Union sowie Stuttgart war das zweifelsohne richtig, spätestens beim 0:1 gegen den FC Augsburg aber nicht mehr. Da wies der FC Bayern sogar einen geringeren xG-Wert als Augsburg auf, verlor also zumindest statistisch betrachtet verdient. (Quelle: Statsperform)

Der Blick auf die xG-Werte lohnt auch bei den beiden zurückliegenden deutlichen Siegen: Da schoss der FC Bayern nämlich jeweils deutlich mehr Tore als statistisch zu erwarten gewesen wäre. Beim 4:0 gegen Leverkusen betrug der xG-Wert 1,87, beim 5:0 gegen Pilsen 2,43. Tatsächlich haben die Münchner also zumindest vorläufig eine Schwäche in eine Stärke umgedreht.

Zurückzuführen ist das einerseits auf eine höhere Konzentration im Abschluss - und zwar bei allen Offensivspieler, die neun Treffer erzielten sechs verschiedene Schützen. Und andererseits auf schwächere gegnerische Keeper: Vor allem Gladbachs Yann Sommer und Augsburgs Rafal Gikiewicz wuchsen gegen den FC Bayern förmlich über sich hinaus, Leverkusens Lukas Hradecky patzte dagegen übel und auch Pilsens Marian Tvrdon enttäuschte.

FC Bayern: Die Mittelstürmer-Frage rückte in den Hintergrund

Es war so absehbar wie logisch: Fällt das Toreschießen schwer, werden Fragen nach Robert Lewandowski kommen. Zur Erinnerung: Im Sommer gab der FC Bayern seinen jahrelangen Topstürmer ab, ohne nennenswerten Ersatz zu verpflichten. Kompensieren sollten den Abgang ein Haufen Spielmacher und Flügelstürmer. Anfangs klappte das ganz famos, dann nicht mehr - und natürlich kamen die Fragen nach Lewandowski.

"Es ist doch eigentlich egal, was ich jetzt antworte", erklärte Nagelsmann nach der Pleite in Augsburg durchaus genervt. "Wenn ich Nein sage, dann heißt es: 'Er erkennt das Problem nicht'. Wenn ich Ja sage, dann schreiben alle: 'Er vermisst Lewandowski'. Es ist doch wurst, was ich antworte." Aktuell muss er gar nicht antworten. Es gibt keine Fragen nach Lewandowski, was für eine Besserung der Situation spricht.

Nagelsmann beorderte den im Sturmzentrum bisweilen verloren wirkenden Star-Neuzugang Sadio Mané fest auf seine Lieblingsposition im 4-2-3-1-System auf dem linken Flügel, wo er wieder aufblüht. Schon gegen Leverkusen traf Mané und hatte gute Phasen, gegen Pilsen zeigte er eine rundum starke Vorstellung samt Treffer und Assist.

Die Rolle als falsche Neun füllten unterdessen Thomas Müller und Serge Gnabry ordentlich aus. Beide waren gut ins Kombinationsspiel eingebunden und erzielten je ein Tor. Nach seiner Einwechslung gegen Pilsen übernahm Eric Maxim Choupo-Moting den Mittelstürmer-Posten und traf ebenfalls. Selbstverständlich profitierten die Stürmer aber auch von den formstarken Mitspielern um sie herum: vor allem Leroy Sané und Jamal Musiala, neuerdings auch Mané.

FC Bayern: Das Innenverteidiger-Duo sorgte für Sicherheit

Zwei aus drei hieß es in der Innenverteidigung zunächst, bis Lucas Hernandez' Muskelbündelriss Nagelsmann die schwierige Entscheidung abnahm. Bei den vergangenen drei Spielen verteidigten zentral die verbliebenen Matthijs de Ligt und Dayot Upamecano. Das regelmäßige Zusammenspiel tut den beiden sichtlich gut, die Abstimmung verbessert sich kontinuierlich. Zweimal kassierte der FC Bayern kein Gegentor.

Upamecano glänzt mit öffnenden, weiten Pässen. Gegen Leverkusen leitete er so beispielsweise den Treffer zum 2:0 ein. De Ligt entwickelt sich unterdessen zunehmend zu dem kommunikationsstarken, präsenten, robusten Abwehrchef, als der er verpflichtet wurde. "Seine Leaderqualitäten werden immer besser. Er fühlt sich einfach wohl und wir lieben ihn hier", lobte Sportvorstand Hasan Salihamidzic.

"Wir standen stabil, haben kaum was zugelassen", urteilte der unterbeschäftigte Keeper Neuer nach dem Sieg gegen Pilsen. "Das wird wichtig sein gegen die bessere Offensive von Dortmund. Wir haben jetzt zweimal ein gutes Gefühl gehabt mit den Zu-Null-Spielen."