Weder in der Bundesliga noch in der Champions League findet der FC Bayern regelmäßig Gegner auf Augenhöhe vor. Bis zum Winter warten fast nur noch Pflichtaufgaben auf die Münchner. Dabei ist spielerisch und personell noch Luft nach oben.
Das Schicksal hat ab und zu kleine Gemeinheiten auf Lager. So kam es, dass Arjen Robben im Champions-League-Spiel gegen Viktoria Pilsen nach 25 Minuten einen Elfmeter zugesprochen bekam. Ausgerechnet Arjen Robben könnte man sagen, der in München schon eine ziemlich bewegte Vergangenheit in Sachen Strafstößen hinter sich hat.
Die letzte Episode hatte sich erst am vergangenen Samstag zugetragen. Robben wollte schießen, durfte aber nicht. Trainer Pep Guardiola schickte den etatmäßigen Schützen Thomas Müller an den Punkt, der traf.
Am Mittwochabend saß Müller auf der Bank. Eine gute Gelegenheit, Robbens Seele etwas zu streicheln und ihn den Elfmeter schießen zu lassen. Dachte sich auch Guardiola, der wie am Samstag anzeigte, wer denn nun zur Tat schreiten sollte. Nur rief er dieses Mal nicht "Müller, Müller", sondern "Arjen, Arjen". Aber Arjen wollte nicht.
Elfmeter-Diskussion? Ein Schein-Problem
Also schnappte sich Franck Ribery den Ball und verwandelte. "Die ganze Mannschaft und der Trainer wollten, dass Arjen den Elfmeter schießt. Ich glaube, er war noch sauer wegen dem letzten Mal. Aber das ist nicht schlimm." Es könnte aber auch sein, dass Robben einfach nicht antreten wollte, weil der Gefoulte ja laut allgemein gängiger Fußballweisheit nicht schießen soll.
Die genauen Hintergründe werden verborgen bleiben, weil Robben hinterher nichts zur Aufklärung beitragen wollte. "Jedes Wort darüber wäre zu viel", sagte der Holländer und lag damit auch gar nicht so falsch. Denn es ist ja höchstens ein Schein-Problem, das sich in diesen zwei Spielen auftat.
Erst zwei Niederlagen 2013
Es war nur so, als hätten die Bayern mehr Probleme damit, ihren richtigen Elfmeterschützen zu finden, als ihre Gegner zu schlagen. Es war das 15. Pflichtspiel in Folge ohne Niederlage in dieser Saison. Überhaupt gingen die Münchner im Jahr 2013 erst zweimal als Verlierer vom Platz, beim Supercup gegen Borussia Dortmund und beim Achtelfinal-Rückspiel im März gegen den FC Arsenal.
Das 5:0 gegen den tschechischen Meister war eine Pflichtaufgabe für den FC Bayern auf dem Weg in die K.o-Phase der Champions League. Und so stellten Spieler, Trainer und Verantwortliche unisono fest, dass ein Spiel gegen Pilsen nicht der Maßstab ist. "War es perfekt? Nein. Fast perfekt? Nein", sagte Guardiola. "Wir haben gut gespielt, aber Pilsen hat es uns nicht schwer gemacht. Da kommen schwierigere Gegner."
Wer ist der Gradmesser?
Pilsen war kein Gradmesser, das ist richtig. Aber Mainz war es in der zweiten Halbzeit auch nicht, Nürnberg auch nicht und Hannover auch nicht. Und bei einem Blick auf den Spielplan wird auch Robben feststellen, dass er schwierigere Gegner schon genau suchen muss.
Die Partie in Dortmund, klar. Das Auswärtsspiel in Hoffenheim vielleicht noch. Aber Heimspiele gegen Hertha, Augsburg, Braunschweig und den HSV? Man wird sich über kurz oder lang daran gewöhnen müssen, dass der FC Bayern nur noch in einigen wenigen Spielen in der Saison wirklich an seine Grenzen gehen muss.
Natürlich sind die Bayern nicht unschlagbar. "Aber wenn wir das spielen, was wir können, sind wir schwer zu schlagen", Kapitän Philipp Lahm. Dass die Spieler ans Limit gehen können, haben sie gegen Chelsea, Manchester City und Bayer Leverkusen gezeigt. Sie können den Schalter in den Highlightspielen umlegen.
Europas bester Kader
Das ist zum einen der Mentalität der Spieler zuzuschreiben, aber auch der Moderation des Trainers und der Zusammenstellung des Kaders, der laut Präsident Uli Hoeneß "von der Qualität her in Europa seinesgleichen sucht".
Guardiola hat schon im Moment das eine oder andere Luxusproblem zu moderieren. Dabei sind mit Mario Götze, Javier Martinez und Thiago Alcantara einige Spieler noch nicht mal hundertprozentig fit und drängen erst langsam in die Mannschaft.
Spiele wie gegen Pilsen müssen gespielt werden, um die Zulassung für die interessanteren Achtel-, Viertel- und Halbfinals zu erhalten. Und sie müssen auch erstmal mit dieser Seriosität und Souveränität gewonnen werden. Aber für die Entwicklung der Mannschaft sind diese Partien nur noch sekundär. "Der interne Konkurrenzkampf bewegt sich auf einem derart hohen Niveau, das bringt die Mannschaft weiter", sagte Lahm.
Noch keine Langeweile
Bei aller Überlegenheit darf man auch nicht vergessen, dass die Bayern noch immer am Anfang des Prozesses unter Guardiola stehen. Es gibt noch viele taktische und personelle Stellschrauben, an denen der Trainer drehen kann und will. "Es wäre ja auch langweilig, wenn jetzt schon alles perfekt wäre", sagte Guardiola.
Die Bayern haben sich über die letzten Jahre ein Niveau und ein Selbstbewusstsein angeeignet, das sie auf die oberste Stufe der europäischen Spitzenmannschaften stellt. Nur wenige Teams können auf diesem Level ernsthaft mithalten. Aber darüber müssen sich die Bayern laut Lahm keine Gedanken machen. "Es liegt immer an uns, ob wir den Gegner schlagen."
Bayern München - Viktoria Pilzen