Beim FC Barcelona wollte man Ferran Jutgla im Sommer nicht mehr haben. Der 23-jährige Spanier wechselte daraufhin zum FC Brügge nach Belgien, wo er unerwartet innerhalb kürzester Zeit zu einem der gefragtesten Stürmer Europas mutierte. Nun ranken sich Wechselgerüchte um ihn, sogar eine Teilnahme bei der Weltmeisterschaft in Katar ist im Gespräch.
Als der FC Barcelona Ferran Jutgla im vergangenen Sommer zum FC Brügge ziehen ließ, war es auf den ersten Blick das perfekte Geschäft aus Sicht des spanischen Spitzenklubs. Fünf Millionen Euro plus eine zehnprozentige Weiterverkaufsbeteiligung schienen genug für einen Spieler zu sein, der im mit Stars gespickten Kader der Katalanen ohnehin nur äußerst geringe Chancen auf Einsätze gehabt hätte.
Darüber hinaus konnte Barca das Geld gut gebrauchen. Schließlich befand sich der finanziell stark angeschlagene Verein zu diesem Zeitpunkt inmitten seiner am Ende 153 Millionen Euro teuren Shoppingtour, in deren Rahmen mit Spielern wie Robert Lewandowski und Raphinha weitere potenzielle Konkurrenten Jutglas zum FCB gelockt wurden.
Knapp vier Monate später kann man festhalten: Die Entscheidung, die der FC Barcelona getroffen hat, könnte - mal wieder - bitter bereut werden. Bei seinem neuen Verein sorgt der 23-jährige Spanier nämlich für allerhand Furore. Acht Tore und fünf Assists hat der Angreifer in 14 Spielen im Brügge-Trikot bereits beigesteuert, er ist damit einer der Hauptgründe für die aktuell herausragende Form der Belgier, welche sich vor allem in der Champions League niederschlägt.
Dort thront Brügge in einer Gruppe mit Atlético Madrid, dem FC Porto und Bayer 04 Leverkusen ungeschlagen und noch ohne Gegentor an der Spitze. Bereits zwei Spieltage vor dem Ende der Vorrunde ist man nicht mehr von einem der beiden ersten Tabellenplätze zu verdrängen und somit sicher für das Achtelfinale qualifiziert.
"Ich bin mit meiner persönlichen Leistung zufrieden, wir wollen gute Dinge tun", sagte Jutgla jüngst im Postmatch-Interview nach dem Auftritt gegen Atlético, bei dem er mit einem Treffer und einer Torvorlage zum 'Man oft the Match' gewählt wurde und somit maßgeblichen Anteil am 2:0-Sieg über die Madrilenen hatte: "Ich fühle mich hier wertgeschätzt."
gettyFerran Jutgla: "Zurückweisungen haben mich stärker gemacht"
Dabei wäre es zu einem Wechsel nach Belgien beinahe nicht gekommen. Eigentlich plante der quirlige Stürmer, der vor drei Jahren noch für UE Sant Andreu in der vierten spanischen Liga kickte und erst über die Jugendabteilung von Barcas Stadtrivale Espanyol zu den Katalanen kam, über den Sommer hinaus in Barcelona zu bleiben und sich langfristig bei der Blaugrana durchzukämpfen.
Doch der FC Barcelona entschied sich gegen eine Fortsetzung der gemeinsamen Zusammenarbeit und schloss diese Tür selbst. "Der Verein wollte, dass ich gehe. Sie wollten mich nicht", erzählte Jutgla unmittelbar nach seinem Wechsel nach Brügge. Dass der 23-Jährige eine derartige Entwicklung nimmt, hatte ihm bei Barça offensichtlich niemand zugetraut.
Beim Klub aus der Jupiler Pro League wurde er hingegen mit offenen Armen empfangen. "Sie haben mir gesagt, dass ich in Belgien an jedem Wochenende zum Einsatz kommen würde und dass dies der perfekte Ort sei, um mich zu entwickeln. Für mich war sehr wichtig, dass ich das Gefühl hatte, dort geschätzt zu werden, sie wollten mich unbedingt haben. Darum habe ich mich für diesen Wechsel entschieden", so Jutgla gegenüber UEFA.com.
Auch wenn die Enttäuschung über den Abschied aus Barcelona anfangs überwog, zog der Stürmer auch eine Menge Motivation aus dem Vereinswechsel. "All die Zurückweisungen und schlechten Erlebnisse haben mich stärker gemacht", erklärte Jutgla. "Wenn du zurückgewiesen wirst, heißt das nicht, dass du nicht gut genug bist. Nach dieser Devise habe ich gelebt und das Ergebnis ist, dass ich im Moment in der Champions League spiele, weil ich trotz aller Rückschläge immer an mich geglaubt habe."
Xavi über Jutgla: "Wäre schwierig für ihn gewesen"
Aufgrund der Leistungsexplosion des Sturm-Talents soll es schon jetzt Stimmen bei Barça geben, die den Verkauf als schwerwiegenden Fehler betrachten. Denn auf den ersten Blick sind die Katalanen zwar mit einem Stürmer der Größenordnung Lewandowski für den Moment gut aufgestellt - und der Pole trifft auch im Barca-Trikot wie am Fließband (17 Tore und vier Assists in 15 Pflichtspielen) - eine langfristige Lösung kann und wird er aber kaum sein.
Schließlich befindet sich Lewandowski mit seinen 34 Jahren bereits im Spätherbst seiner Karriere. Ob er noch ausreichend lange auf hohem Niveau performen und dem FC Barcelona weiterhelfen kann, darf zumindest angezweifelt werden. Alternativen zum Ex-Bayern-Stürmer sind darüber hinaus rar gesät.
Raphinha, Ferran Torres und der aktuell verletzte Memphis Depay kommen nicht annähernd an die Torgefährlichkeit und Treffsicherheit des Polen heran, bei Ousmane Dembélé schwingt stets das hohe Verletzungsrisiko und die damit verbundenen, langen Ausfallzeiten mit. Der einzige echte Mittelstürmer wurde in Person von Pierre-Emerick Aubameyang im Sommer zudem an den FC Chelsea verkauft. Jutgla hätte auf lange Sicht eine wertvolle Option sein können, auch wenn Lewandowski ihm anfangs im Weg gestanden hätte.
Barça-Coach Xavi betonte jedoch kürzlich, dass er den Verkauf des Youngster auch nachträglich nicht als Fehler bezeichnen würde. "Hier wäre es schwierig für ihn gewesen, weil er Lewandowski vor sich gehabt hätte. Es ist immer einfacher, außerhalb von Barça zu spielen als hier. Er hat hier immer das getan, was nötig war, er hatte nur keinen Platz in der Mannschaft." Gleichzeitig würde aber auch der FC Barcelona nicht die Augen vor der Entwicklung Jutglas verschließen. "Er macht einen Unterschied für sein Team und in der Champions League, das ist unglaublich. Ich freue mich sehr für Ferran."
Ferran Jutgla: Mit Spanien zur WM in Katar?
Jutgla wird es egal sein. Schließlich manövrierte er sich durch seinen Wechsel ins Rampenlicht einiger hochkarätiger europäischer Klubs, die nun um seine Dienste buhlen. Laut spanischen Medien hat der FC Arsenal bereits vor einigen Wochen Interesse am 23-Jährigen signalisiert. Ein Angebot in Höhe von mehr als 17 Millionen Euro soll demnach bereits auf dem Tisch des FC Brügge liegen.
Und auch ein Debüt in der spanischen Nationalmannschaft soll im Raum stehen, wo Trainer Luis Enrique die starken Leistungen des Stürmers nicht verborgen blieben. Ob es am Ende sogar für die Nominierung für den WM-Kader reicht? So weit möchte Jutgla noch nicht denken, auch wenn er sich mit der Vorstellung durchaus anfreunden könnte: "Die Weltmeisterschaft? Ich konzentriere mich auf mein Tagesgeschäft. Diese anderthalb Monate vor der Weltmeisterschaft werden aber sehr wichtig sein."
Ferran Jutgla im Steckbrief
Name | Ferran Jutgla Blanch |
Geburtstag | 01. Februar 1999 |
Geburtsort | Sant Julià de Vilatorta |
Größe | 1,75 Meter |
Nationalität | Spanien |
Starker Fuß | rechts |
Positionen | Mittelstürmer |
Bisherige Klubs | Espanyol Barcelona Jugend, FC Valencia Jugend, UE Sant Andreu, FC Barcelona, FC Brügge |