Der Italiener Mario Ferri sorgte bei der WM als Flitzer mit Regenbogen-Fahne für Aufsehen. "Der Falke" ist kein Unbekannter.
Mario Ferri war nervös. "Amore mio", sagte der Italiener, filmte Cristiano Ronaldo beim Gang in die Kabine und stellte das Video online. Wenige Minuten später rannte Ferri, der in seiner Heimat als Flitzer, politischer Aktivist und sogar Profi-Fußballer eine kleine Berühmtheit ist, mit einer Regenbogenfahne in der Hand aufs Feld, wurde in Gewahrsam genommen - und war im Handumdrehen weltberühmt.
"Wir alle haben seine Botschaft verstanden, die ganze Welt hat sie verstanden", sagte Portugals Nationalspieler Ruben Neves nach der Partie in den Katakomben des Lusail-Stadions und fügte an: "Ich hoffe, dem Jungen passiert nichts."
Am Dienstag folgte die Entwarnung: Nach kurzem Arrest wurde Ferri auf freien Fuß gesetzt und muss nach Angaben des italienischen Außenministeriums auch keine Konsequenzen fürchten.
Dabei hatte Ferri gleich mehrere politische Botschaften in die Welt getragen: Neben der Regenbogenflagge trug er ein T-Shirt mit dem Schriftzug "Save Ukraine" ("Rettet die Ukraine") auf der Vorder- sowie "Respect for Iranian Woman" ("Respekt für iranische Frauen") auf der Rückseite.
Mut kann dem 35-Jährigen, der in seiner Heimat als "Der Falke" bekannt ist, wahrlich nicht abgesprochen werden: 2010 war Ferri in Abu Dhabi verhaftet worden, als er beim Finale der Klub-WM den Rasen stürmte - mit der Botschaft "Free Sakineh" auf dem Shirt, in Anlehnung an eine iranische Frau, der die Todesstrafe durch Steinigung drohte.
Auch bei der WM 2014 in Brasilien rannte er während der Achtelfinalpartie zwischen Belgien und den USA auf den Rasen, auf seinem Superman-Shirt stand "Rettet die Kinder der Favelas".
Doch Ferri ist mehr als ein Serienflitzer: Als Fußballer lief er für SP Tre Fiori aus San Marino in der Qualifikation zur Conference League auf, auch beim indischen Zweitligisten United Sports Club stand er unter Vertrag. Als im Frühjahr der Ukraine-Krieg ausbrach, kehrte er nach Europa zurück und half Frauen und Kindern bei der Flucht.
"Einmal habe ich eine Frau mit ihrem kleinen Sohn nach Polen gebracht. Als wir an der Grenze waren, habe ich entschieden, einfach bis nach Warschau zu fahren. Ich saß 15 Stunden am Steuer, zehn davon standen wir im Stau", sagte er im März dem TV-Konzern CBS: "Ich bezahle dann alles und möchte nichts zurück."
Zurücklehnen ist eben nichts für Mario Ferri, den Falken. Schon gar nicht in einem Fußball-Stadion.