Eintracht Frankfurt marschiert einfach weiter, ein Spieler ragt dabei besonders heraus. Titellose Dortmunder wirken seltsam satt, während es auf Schalke sogar noch so etwas wie einen Gewinner der Saison geben könnte. In Wolfsburg agiert ein zu Unrecht Unterschätzter und es ist nicht alles schlecht bei Hertha BSC. Fünf Thesen zum 21. Spieltag der Bundesliga.
1. Bentaleb ist Schalkes einziger Gewinner
Das war ja ganz nett, was Schalke an der Alten Försterei gezeigt hat. Defensiv zwar mit ein paar gehörigen Wacklern, aber in der Offensive fast schon mit das Beste in dieser Saison. Zumindest, wenn man die gefährliche Zone vor dem gegnerischen Tor wegließe. Bis dahin spielte Schalke recht flüssig, hatte dann aber keinen richtigen Plan mehr, wie es nun auch zum Torschuss kommen sollte.
Trotzdem bleibt nach dem 0:0 (Video: Highlights zum Spiel Union Berlin - Schalke 04) das Gefühl einer Leistungssteigerung - nur helfen wird auch das nichts mehr. Der Kampf um die Rettung scheint aussichtslos und der eine oder andere Spieler wird früher oder später auch die Gelegenheit nutzen, um sich selbst noch ein bisschen ins Schaufenster zu stellen.
Nabil Bentaleb war so ein Lichtblick am Samstag und für den Algerier kommt die vierte Begnadigung beim FC Schalke einer unverhofften Chance gleich. Bentaleb galt längst als verbrannt, was die Aussichten auf eine Anstellung bei einem anderen Klub ab dem Sommer deutlich verschlechtert hat. Nun bekommt der vermutlich feinste Fußballer in Schalkes Kader noch einmal die Chance, entweder das Unmögliche noch möglich zu machen oder sich im schlechtesten Fall anzubieten für andere Vereine.
Oder etwas hart formuliert: Bentaleb kann im schlimmsten Schalker Schlamassel doch noch ein kleiner Gewinner werden. Steigt Schalke ab, hat er einen vergleichsweise kleinen Anteil daran. Schafft Schalke noch das Wunder, wird die Rückholaktion Bentalebs als Knackpunkt ausgewiesen.
2. Oliver Glasner ist längst reif für noch höhere Weihen
Es bleibt dabei: Der VfL Wolfsburg ist unglaublich schwer zu schlagen und deshalb auch nach knapp zwei Dritteln der Saison ein heißer Anwärter auf die Champions-League-Plätze. Zwar gab es gegen Gladbach nur ein Remis und Eintracht Frankfurt zog in der Tabelle an den Wölfen vorbei. Aber die Art und Weise, wie Wolfsburg seine Spiele bestreitet, ist immer noch beeindruckend.
Das mag nicht immer ein Feuerwerk des Offensivfußballs sein, folgt aber einem stringenten, nachvollziehbaren Plan des Trainers, den die Spieler wiederum überragend umsetzen.
Oliver Glasner galt im Herbst als angeschossen, nachdem ein paar Differenzen mit Sportchef Jörg Schmadtke publik wurden und Wolfsburg in der Qualifikation zur Europa League an Athen scheiterte.
Aber Glasner, der sein Trainer-Handwerk als Co-Trainer von Roger Schmidt und unter der Aufsicht von Ralf Rangnick bei Red Bull Salzburg lernte, schafft in Wolfsburg auch im zweiten Jahr, wovon andere Trainer an anderen Standorten nur träumen: Seine Spielidee nicht nur auf Biegen und Brechen durchzusetzen, sondern seine Spieler dafür auch mitzunehmen.
Wolfsburgs Mannschaft funktioniert wie ein Uhrwerk, hat erst zwei Spiele verloren. Wenn sonst oft von Marco Rose oder Adi Hütter als interessante Trainer aus der Red-Bull-Schule die Rede ist, die womöglich reif für noch größere Weihen wären, sollte Glasner bei dieser Aufzählung nicht vergessen werden. Er dürfte längst auch für andere Klubs ein interessanter Kandidat sein.
3. Hertha BSC: Die Welt hinter den teuren Transfers
Luca Netz war elf Jahre alt, als Sami Khedira mit Deutschland Weltmeister wurde. Netz war damals frisch ins Nachwuchsleistungszentrum der Hertha gewechselt, als Zehnjähriger wagte er den Schritt von der Peripherie der Hauptstadt hinein in den größten Klub der Stadt. Die Chance, es von der U10 bis zu einem Profivertrag und in die Bundesliga zu schaffen liegt bei zwei oder drei Prozent.
Netz hat diesen langen Weg aber beschritten und gilt nun als größtes von einigen Talenten, die die Hertha in schöner Regelmäßigkeit bis zu den Profis durchbekommt. Denn auch das gehört zum zu Recht stark kritisierten Klub, der statt um die Champions League nun gegen den Abstieg spielt: Die Jugendarbeit ist ungeachtet der vielen teuren Zukäufe immer noch eine der besten des Landes.
Neben Netz haben es zuletzt auch Marton Dardai, Omar Rekik, Ruwen Werthmüller und Lazar Samardzic in den Profibereich geschafft, Samardzic ist mittlerweile nach Leipzig abgewandert. Netz soll angeblich bei den Bayern auf dem Zettel gestanden haben. Das hat sich nun aber erledigt. Da passte das erste Bundesligator des nun jüngsten Berliner Torschützen aller Zeiten doch gut in den Zeitplan. Die Vorlage zum Treffer (Video: Die Highlights zum Spiel VfB - Hertha BSC) kam übrigens von Weltmeister Sami Khedira - nun nicht mehr Vorbild im Fernsehen, sondern Mitspieler im eigenen Klub.
4. BVB: So jung, so talentiert - so träge, so satt
Mats Hummels wurde ziemlich deutlich nach Dortmunds Spiel gegen Hoffenheim. Der Abwehrchef kritisierte die Kritik an seiner Mannschaft und an Trainer Edin Terzic und verwies auf die Fortschritte, die nicht jeder sehen könne - weil den Nörglern dafür schlicht die Expertise fehle. Damit mag Hummels sogar Recht haben, in einigen Details gibt es Verbesserungen. Aber das große Ganze bleibt fragil und anfällig für Störfeuer aller Art. Das wirkt immer ein bisschen wie Jugendfußball, der aus höchsten Höhen im nächsten Augenblick in tiefste Täler abstürzen kann. Bei 14 oder 15 anderen Klubs der Liga könnte man vielleicht noch geflissentlich darüber hinwegsehen.
Beim BVB steht spätestens nach dem 2:2 gegen Hoffenheim (Video: Die Highlights zum Spiel BVB - TSG Hoffenheim) aber ein bisschen mehr auf dem Spiel als nur eine verkorkste Saison. Die Qualifikation für die Champions League ist in akuter Gefahr, vielleicht verpasst die Mannschaft sogar auch noch die Europa League. Zusammen mit den Folgen der Coronakrise könnte sich das Minus stramm auf die 100 Millionen Euro bewegen.
Verkäufe einiger der talentierten Spieler wären kaum zu verhindern. Wobei es derzeit gerade auch diese Spieler sind, die den BVB erst in diese Situation gebracht haben. Am Potenzial besteht keinerlei Zweifel, aber die unbedingte Gier nach Erfolgen ist immer noch nicht bei jedem zu spüren. Die 1B des deutschen Fußballs spielt wie eine nach etlichen Titeln satte Mannschaft. Dabei hat der BVB seit dem Double vor neun Jahren genau noch einen Titel geholt.
5. Eintracht Frankfurts Kostic ist der heißeste Spieler der Liga
39 Punkte nach 21 Spieltagen: So gut war Eingracht Frankfurt zu diesem Zeitpunkt einer Saison noch nie. Das souveräne 2:0 gegen Köln (Video: Die Highlights zum Spiel Eintracht Frankfurt - 1. FC Köln) war das zehnte Spiel in Folge ohne Niederlage mit den Punkten 24, 25 und 26 in diesem Zeitraum. Nur die Bayern könnten noch besser sein, wenn die am Montagabend gegen Bielefeld gewinnen.
Da trifft es sich ganz gut, dass die beiden besten Mannschaften der letzten Wochen am nächsten Spieltag aufeinandertreffen. Im Hinspiel ging die Eintracht in München noch 0:5 ein, ein ähnliches Ergebnis ist nun eher nicht zu erwarten. Dafür drehen die Frankfurter zu sehr auf und rollen teilweise nur so über ihre Gegner hinweg. Filip Kostic fehlte im Hinspiel in München wegen einer Bänderverletzung. Nun sollten sich die Bayern auch ganz besonders auf den Serben einstellen.
Denn Kostic spielt nach seinen sehr guten Jahren in Frankfurt derzeit in der Form seines Lebens. In diesem Kalenderjahr sammelt er zehn Scorerpunkte in acht Spielen, seine Dynamik ist bestechend, seine Flanken brandgefährlich. Aktuell gibt es in der Liga keinen besseren Flügelangreifer als Kostic, vielleicht ist der sogar der beste Spieler der Bundesliga im Moment.
Bundesliga-Tabelle nach dem 21. Spieltag
Platz | Team | Sp. | Tore | Diff | Pkt. |
1. | Bayern München | 20 | 58:26 | 32 | 48 |
2. | RB Leipzig | 21 | 37:18 | 19 | 44 |
3. | Eintracht Frankfurt | 21 | 43:29 | 14 | 39 |
4. | Wolfsburg | 21 | 32:19 | 13 | 39 |
5. | Bayer Leverkusen | 21 | 39:23 | 16 | 36 |
6. | Borussia Dortmund | 21 | 41:31 | 10 | 33 |
7. | Borussia M'gladbach | 21 | 37:31 | 6 | 33 |
8. | SC Freiburg | 21 | 35:33 | 2 | 31 |
9. | 1. FC Union Berlin | 21 | 34:25 | 9 | 30 |
10. | VfB Stuttgart | 21 | 38:35 | 3 | 26 |
11. | Werder Bremen | 20 | 24:27 | -3 | 23 |
12. | TSG Hoffenheim | 21 | 32:39 | -7 | 23 |
13. | FC Augsburg | 21 | 21:34 | -13 | 22 |
14. | 1. FC Köln | 21 | 20:35 | -15 | 21 |
15. | Hertha BSC | 21 | 26:37 | -11 | 18 |
16. | Arminia Bielefeld | 19 | 15:32 | -17 | 17 |
17. | 1. FSV Mainz 05 | 21 | 21:42 | -21 | 14 |
18. | Schalke 04 | 21 | 15:52 | -37 | 9 |