Der VfB Stuttgart steckt bis zum Hals im Abstiegsschlamassel. Trainer Huub Stevens ist seit mehreren Spieltagen angezählt, mit Alexander Zorniger soll bereits der Nachfolger bereitstehen. Doch sollte dieser am besten sofort übernehmen? Und haben die Schwaben überhaupt die Qualität, die Liga zu halten oder ist der Abstieg bereits besiegelt? Drei SPOX-Redakteure und mySPOX-User SchwabenHH diskutieren die fünf wichtigsten Fragen zur Situation beim VfB.
Sollte Zorniger sofort übernehmen?
Daniel Reimann (SPOX): Ja. Dadurch, dass die Personalie Zorniger in die Öffentlichkeit getragen wurde, ist Stevens eigentlich abgesägt. Er wurde von den VfB-Verantwortlichen offensichtlich umgangen. Nun schwebt jeden einzelnen Spieltag das Damoklesschwert Zorniger über dem VfB-Coach. Das kann einerseits seine eigene Motivation und andererseits auch seine Position gegenüber der Mannschaft schmälern. Für den VfB gibt dennoch kein Zurück mehr: Zorniger sollte sofort übernehmen, so könnte man Stevens zumindest einen gänzlich unwürdigen Abschied ersparen.
Frank Oschwald (SPOX): Ich stimme dir komplett zu, Daniel. Aber eigentlich nicht, weil der Name Zorniger schon durch Stuttgart geistert oder Stevens bislang kaum Punkte geholt hat. Was ich viel erschreckender finde, ist, dass Stevens es nicht mal im Ansatz geschafft, dem Team eine Spielidee zu vermitteln. Feuerwehrmann und Abstiegskampf hin oder her, man kann sich doch nicht schon am 13. Spieltag hinten einmauern und vorne auf den lieben Gott hoffen. Zorniger würde die Grundausrichtung der Schwaben verändern - und dem VfB somit guttun.
Florian Regelmann (SPOX): Absolut nein. Nichts gegen Zorniger, aber wo man den Glauben hernimmt, dass er der richtige Mann ist, um in so einer verfahrenen Situation den Messias zu spielen, ist mir schleierhaft. Der VfB hat massenhaft Probleme, aber Stevens gehört für mich nicht dazu. Bis auf wenige Ausnahmen hat er es Stevens-mäßig geschafft, die Mannschaft immerhin defensiv einigermaßen zu stabilisieren. Das wird der Schlüssel sein, um sich zu retten. Defense keeps you in the league.
mySPOX-User SchwabenHH: Auch auf die Gefahr hin, dass man Zorniger durch einen möglichen Abstieg vielleicht im Ansehen beschädigt, so ist es aus Sicht eines Spielers schon ein Unterschied, ob er unter einem Trainer spielt und trainiert, der zum Saisonende sowieso den Verein verlässt oder ob er unter einem Trainer arbeitet, der die Neuausrichtung des Kaders mitbestimmt und damit ggf. auch über seine Vertragsverlängerung entscheidet. Von daher würde ich Zorniger sogar schon am Freitag gegen Hertha auf die Bank setzen.
Sollte Zorniger sofort übernehmen?
Würde Stuttgart ein Abstieg als Selbstreinigungsprozess gut tun?
Reicht die Qualität des Teams überhaupt für die Bundesliga?
Wer taugt in der Krise als Hoffnungsträger?
Steigt der VfB diese Saison tatsächlich ab?
Würde Stuttgart ein Abstieg als Selbstreinigungsprozess gut tun?
Daniel Reimann (SPOX): Was die Vereinspolitik anbetrifft, ist Stuttgart zwar noch nicht auf HSV-Level angekommen. Nichtsdestotrotz fehlt es den verschiedenen Gremien und der sportlichen Leitung an Geschlossenheit, wie auch Fredi Bobic bemängelte (der weiß Gott auch nicht unfehlbar war...). Ein Abstieg könnte einen personellen Selbstreinigungsprozess in Gang setzen, hätte aber für Verein und Stadt in finanzieller Hinsicht verheerende Auswirkungen. Doch es bleibt fraglich, ob sich im Falle des Klassenerhalts an der bisherigen Vereinspolitik und den Entscheidungsträgern etwas ändern würde.
Frank Oschwald (SPOX): Selbstreinigungsprozess? Beim besten Willen, das ist natürlich völliger Quatsch. Ein Abstieg käme einer Vollkatastrophe gleich - aus sportlicher und ökonomischer Sicht. Was sollte das denn bitte bringen? Man könnte bei der Kaderplanung wieder mit einem weißen Blattpapier beginnen. Supertoll. Der VfB hat Qualität und mit Rüdiger und Werner zwei Perlen im Kader. Die hätten dann die längste Zeit den Brustring getragen. Auch eine starke zweite Mannschaft - seit Jahren die Basis beim VfB - könnte man sich in die Haare schmieren.
Florian Regelmann (SPOX): Die Idee, dass ein Abstieg irgendwas Gutes an sich hat, ist einfach nur ein unfassbarer Nonsens! Niemandem tut ein Abstieg gut. Keinem Verein auf der ganzen Welt in keiner Liga auf der ganzen Welt. Ich muss nicht tatsächlich absteigen, um zu kapieren, dass sich grundlegende Dinge verändern müssen. Dazu kommt, dass ein Verein wie der VfB den Anspruch haben muss, auf Sicht wieder CL zu spielen. Was auch gar nicht komplett unrealistisch ist, wenn man nach einem eventuellen Klassenerhalt die Weichen richtig stellt. Steigt Stuttgart dagegen ab, liegt der Verein auf Jahre am Boden.
mySPOX-User SchwabenHH: Aufgrund reduzierter Einnahmen und einem deutlich kleineren Saison-Etat sowie der geringeren sportlichen Perspektive riskiert man einen ungewollten Aderlass von Spielern wie Rüdiger oder Werner, die für einen Neuaufbau fest eingeplant sind. Zudem kann ein Selbstreinigungsprozess nur stattfinden, wenn strukturelle sowie personelle Veränderungen in der Vereinsführung erfolgen. Einfach nur mit einem neuen Trainer und einem Kaderneuaufbau ist den ursächlichen Problemen in Stuttgart nicht beizukommen. Daher ist ein Abstieg für mich keine Lösung.
Sollte Zorniger sofort übernehmen?
Würde Stuttgart ein Abstieg als Selbstreinigungsprozess gut tun?
Reicht die Qualität des Teams überhaupt für die Bundesliga?
Wer taugt in der Krise als Hoffnungsträger?
Steigt der VfB diese Saison tatsächlich ab?
Reicht die Qualität des Teams überhaupt für die Bundesliga?
Daniel Reimann (SPOX): Glasklares Ja. Ich sehe mit Paderborn, Hannover, Hertha und Freiburg mindestens vier Teams hinter Stuttgart. Der VfB zählt haufenweise Nationalspieler und eine Handvoll hochveranlagter Talente. Dass die Offensive oft viel zu harmlos und die Abwehr extrem fehleranfällig ist, ist offensichtlich. Dennoch: In Bezug auf die spielerische Klasse gehört Stuttgart nicht zu den drei schlechtesten Teams der Liga.
Frank Oschwald (SPOX): Das sehe ich genauso. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass Ex-Manager Bobic für seine Neuzugänge Leitner und Schwaab im vorletzten Sommer gelobt wurde. Jung, dynamisch, talentiert - alles jubelte. Mit Romeu, Kostic und Ginczek kamen weitere starke Spieler dazu. Die Qualität ist durchaus vorhanden, das steht außer Frage. Mit diesem Spielerpotenzial wird man jetzt nicht die europäischen Plätze im Sturm erobern, aber es muss reichen, um zumindest drei Mannschaften hinter sich zu lassen.
Florian Regelmann (SPOX): Das ist eine sehr gute Frage. Was ich ja beim VfB schon lange nicht mehr hören kann, sind Sätze wie: Die Mannschaft gehört da von der Qualität her natürlich gar nicht hin, von der individuellen Klasse her ist Stuttgart kein Absteiger. Ich zahle gerne ins Phrasenschwein, aber die Tabelle lügt nicht. Nie. Wenn du nach 23 Spieltagen Letzter bist, mit 19 Punkten, dann spiegelt das auch deine Qualität wider. Alles andere ist Augenwischerei. Ja, der VfB könnte ein paar Plätze besser stehen, aber das war es dann auch schon. Der VfB ist wirklich so schlecht, wie es der Tabellenplatz vermuten lässt, das ist leider die Wahrheit.
mySPOX-User SchwabenHH: Wenn man mit einem geringfügig veränderten Kader von Jahr zu Jahr immer gegen den Abstieg spielt, dann reicht die sportliche Qualität für die 1. Liga ganz offenbar nicht aus. Die Defensive ist definitiv nicht erstligareif. Dem Mittelfeld und Sturm kann man bestenfalls attestieren, dass diese Mannschaftsteile "unter ihren Möglichkeiten" spielen. Allerdings gibt es drei bis vier BL-Kader, die definitiv schwächer sind, ihre geringeren Qualitäten aber effektiver nutzen.
Sollte Zorniger sofort übernehmen?
Würde Stuttgart ein Abstieg als Selbstreinigungsprozess gut tun?
Reicht die Qualität des Teams überhaupt für die Bundesliga?
Wer taugt in der Krise als Hoffnungsträger?
Steigt der VfB diese Saison tatsächlich ab?
Wer taugt in der Krise als Hoffnungsträger?
Daniel Reimann (SPOX): Serey Die. Wieso? Ganz einfach: Weil er kein Teil der Hinrunde des VfB war. Weil er noch am wenigstens in den Trott und den Abstiegskampf der letzten Jahre und Monate involviert war. Weil er eine andere Mentalität mitbringt und seine Teamkollegen durch seine robuste Spielweise mitreißen kann. Viele andere vermeintliche Führungsspieler oder Hoffnungsträger wirken längst viel zu lethargisch.
Frank Oschwald (SPOX): Ich bin mir sicher, dass ein Ruck durch die Mannschaft gehen würde, wenn Daniel Didavi wieder auf dem Feld steht. Der ist natürlich kein Leader, aber er ist schlicht und ergreifend der mit Abstand beste Spieler bei den Schwaben. Er hat bereits in der Vergangenheit oft bewiesen, dass er für den einen wichtigen Moment sorgen kann. Das Problem dabei ist natürlich, dass er seit zwei Jahren eigentlich durchgehend verletzt ist.
Florian Regelmann (SPOX): Alexandru Maxim. Ich weiß ja nicht genau, was der Kerl falsch macht, dass er es bei jedem Trainer so schwer hat. Aber in der erschreckenden Ungefährlichkeit, die eigentlich inzwischen jedes VfB-Spiel kennzeichnet, ist Maxim eine der wenigen Hoffnungen für einen Geistesblitz. Maxim kann wenigstens mit seinen Standards mal für Gefahr sorgen, und er kann auch die entscheidenden Tore machen, das haben wir letzte Saison schon gesehen.
mySPOX-User SchwabenHH: Ich muss Frank zustimmen: Ein gesunder Daniel Didavi verkörpert so vieles von dem, was dem VfB in dieser Saison bislang gefehlt hat: Dynamik, Spielintelligenz, Torgefahr und Defensivstärke. All diese Qualitäten würden dem VfB in der aktuellen Situation sehr helfen. Eventuell könnte auch Serey Dié mit seinem Selbstvertrauen als Sieger im Afrika-Cup der Mannschaft wieder mehr Sicherheit im Spiel nach vorne vermitteln. Dié ist jemand, der grätscht, kämpft und auch mal den riskanten Pass in die Spitze spielt. Zudem ist er emotional noch nicht so belastet, wie die im langjährigen Abstiegskampf zermürbten Spieler.
Sollte Zorniger sofort übernehmen?
Würde Stuttgart ein Abstieg als Selbstreinigungsprozess gut tun?
Reicht die Qualität des Teams überhaupt für die Bundesliga?
Wer taugt in der Krise als Hoffnungsträger?
Steigt der VfB diese Saison tatsächlich ab?
Steigt der VfB diese Saison tatsächlich ab?
Daniel Reimann (SPOX): Stuttgart braucht einen neuen Impuls, auch weil der Stevens-Effekt verpufft ist. Der VfB hat zwischenzeitlich das Toreschießen komplett verlernt und es dennoch nicht geschafft, die verheerend anfällige Defensive zu stabilisieren. Zumal sich auch der Feuerwehrmann-Effekt von Stevens im vergangenen Jahr schon abgenutzt hat. Spätestens nach der jüngsten Trainerposse kann ich mir nicht vorstellen, dass der VfB noch länger als ein Spiel an Stevens festhält. Ein neuer Coach hätte wenig zu verlieren: Schlechter als Platz 18 geht nicht.
Frank Oschwald (SPOX): Die Schwaben haben es in den letzten Jahren immer irgendwie geschafft, sich da unter rauszumogeln. Aber in dieser Saison sind sie fällig. Zu Hause, wenn man das Spiel machen muss, präsentiert man sich seit Monaten in verheerender Form. Also sollte man die Punkte auswärts holen. Und genau da liegt das Problem. Denn die nächsten Auswärtsspiele sind: Leverkusen, Wolfsburg, Augsburg und Schalke. Mit Glück holt man da ein oder zwei Punkte. Am letzten Spieltag muss man dann noch bei Paderborn ran - da geht's dann um Platz 17.
Florian Regelmann (SPOX): Das Gute für den VfB ist, dass es in den hinteren Tabellenregionen eine Suppe ist. Es gibt genug Teams, die ähnlich schlecht sind und die man noch einholen kann. Der Spielplan spielt dem VfB zudem in die Karten, man hat gerade zuhause noch viele gewinnbare Spiele vor der Brust. Klar, zuhause ist beim VfB so eine Sache, aber wenn sie da den Bock umgestoßen kriegen, sollte es reichen. Ich sag mal: 1:0 und 1:1 in der Hass-Relegation gegen den KSC...
mySPOX-User SchwabenHH: Ich fürchte ja. Zu viel hängt mittlerweile von den direkten Duellen gegen Paderborn, Hamburg, Freiburg und Berlin ab. Bereits 5 Punkte Abstand auf einen Nicht-Abstiegsplatz sowie die mehr oder minder regelmäßig punktende Konkurrenz lassen wenig Hoffnung auf ein versöhnliches Ende. Das höchste der Gefühle wird vermutlich Platz 16 sein, ich persönliche tippe aber eher auf Platz 17.
Sollte Zorniger sofort übernehmen?
Würde Stuttgart ein Abstieg als Selbstreinigungsprozess gut tun?
Reicht die Qualität des Teams überhaupt für die Bundesliga?