München - Rot oder Blau? In München eine gern gestellte Frage. Gemeint ist damit freilich die Fanzugehörigkeit. Während sich die Fans vom FC Bayern und dem TSV 1860 München nicht wirklich riechen können, müssen sich die Verantwortlichen der beiden Vereine seit dem gemeinsamen Stadionbau miteinander arrangieren. Mit mäßigem Erfolg.
Dass sich Uli Hoeneß am vergangenen Montag auf der Jahreshauptversammlung der Bayern in der Wortwahl vergriff, ist bekannt. Neben den Bayern-Fanclubs fühlte sich allerdings auch die 1860-Änhänger auf den Fanschal getreten, weil Hoeneß behauptet hatte, der TSV wäre "mehr oder weniger pleite".
Dass er dies am Montag im Bayerischen Rundfunk zurücknahm, kam zwei Tage zu spät. Löwen-Präsident Albrecht von Linde hatte Hoeneß' unbedachte Aussage schon medial wirksam aufgegriffen und seinen Untergebenen quasi zum Fraß vorgeworfen.
An derselben Stelle, an der Hoeneß sechs Tage zuvor noch gewütet hatte, stand am Samstagabend der 1860-Präsident und sprach zu den Delegierten des Zweitligisten. Sein empörtes Statement auf dem Münchner Nockherberg: Sein Verein wäre mit Nichten kurz vor dem Ableben. Seine Wortwahl war allerdings eben so fragwürdig, wie die des Bayern-Managers ein paar Tage zuvor.
Von Linden attackiert - Hoeneß blockt ab
"Unser Herz schlägt weiterhin kraftvoll", meinte von Linde, "weil bei uns engagierte Mitglieder das Sagen haben und nicht ein Haufen zusammengewürfelter Millionäre." Der 1860-Präsident packte sogar noch eins drauf: "Ich lade Sie gern zu einem unserer Spiele ein, Herr Hoeneß, wenn sie einmal richtige Fußballatmosphäre erleben und nicht nur das Anstoßen von Schampusgläsern hören wollen."
Doch Hoeneß hatte am Montagabend - mit den Aussagen konfrontiert - nur ein müdes Lächeln übrig. "Mit so einem populistischen Geseiere kann ich nichts anfangen. Er hat versucht, wiedergewählt zu werden. Das hat funktioniert", so der trockene Kommentar des Managers.
Nach von Lindes Rede hätten ihn viele 1860-Fans angerufen und "sich entschuldigt, weil sie genau wissen, ohne den FC Bayern hätte er diese Rede gar nicht mehr halten können." Eine Anspielung auf die Finanzspritze der Bayern, die dem Rivalen vor nicht mal zwei Jahren mit dem Abkaufen der Anteile an der Allianz Arena geholfen hatten, überhaupt die Lizenz für die Zweite Liga zu erhalten.
Arena als Druckmittel
Am Dienstag legte Hoeneß in einem Interview mit der Münchner "AZ" nach. Über den 1860-Präsidenten könne er sich gar nicht aufregen, weil er ihn gar nicht ernst nehmen könne. "Allerdings muss ich sagen: Das wird ihm schaden", so der Bayern-Manager.
Das Damoklesschwert, das am seidenen Faden über 1860 schwebt, heißt Allianz Arena und Hoeneß hat die Schere in der Hand. Seit Montag ist bekannt, dass die Löwen nicht vom Rückkaufsrecht der Anteile am Stadion im Jahr 2010 Gebrauch machen werden - die Arena wird also in den alleinigen Besitz der Roten übergehen.
1860 wird allerdings mindestens bis 2025 Mieter der Arena bleiben, daran führt kein Weg vorbei. "Sechzig wird ja wohl kaum im Olympiastadion spielen oder sich ein eigenes Stadion bauen", meinte Hoeneß dieser Tage süffisant.
"Auch mal andere Saiten aufziehen"
Die romantische Vorstellung vieler 1860-Fans, man könne vielleicht doch ins geliebte Stadion an der Grünwalder Straße zurückkehren, steht indes überhaupt nicht zur Debatte. Löwen-Vize Karsten Wettberg erteilte allen Träumereien ein Ende: "Da können unsere Amateure aber nicht die Profis spielen. Wir brauchen die Arena, um unsere Verträge zu erfüllen."
1860 ist also an Wohlwollen der Bayern gekettet. Und Hoeneß droht in der "AZ" gewaltig. "Solange es bei Sechzig vernünftige Leute gibt, da hatte ich in der Vergangenheit keine Probleme. Aber wenn solche Leute wie von Linde da losgaloppieren dürfen, müssen wir unsere Haltung natürlich total überdenken. Dann kann man auch mal andere Saiten aufziehen."
Hoeneß sitzt im Eskalationsfall am längeren Hebel. Und der Bayern-Manager weiß meistens genau, wann es Zeit ist, diesen umzulegen.
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