Hätte er 1860 retten können?

Haruka Gruber
18. Februar 200915:25
Ilja Kaenzig hat unter anderem als Manager in Leverkusen und Hannover gearbeitetGetty
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EXKLUSIVDas Ende des Chaos' - oder? Nachdem der Einstieg von Investor Nicolai Schwarzer beim TSV 1860 München zunächst auf Eis gelegt wurde, scheint diesem nichts mehr im Weg stehen.

"Ich gehe schwer davon aus, dass bald Vollzug gemeldet wird", erwartet auch Ilja Kaenzig. Der Ex-Manager von Bayer Leverkusen und Hannover 96 hat sich mit der Firma "Boutique Football" darauf spezialisiert, als Vermittler interessierte Unternehmer mit Fußball-Klubs zusammenzuführen.

Pikanterweise verhandelte 1860 zunächst mit Kaenzig - bevor die Löwen dann doch den Deal mit Schwarzer forciert haben.

Im Interview spricht Kaenzig (35) über das große Potenzial der Münchner, eine Zukunft in der Bundesliga und finanzielle Ausnahmesituationen.

SPOX: Herr Kaenzig, warum hat es mit Ihnen und 1860 München nicht geklappt?

Ilja Kaenzig: Wir waren auf einem guten Weg und führten konstruktive Gespräche. Der Verein zeigte sich interessiert, aber wegen der Finanzkrise kamen die Bemühungen von unserer Seite etwas ins Erliegen.

SPOX: Und dann schneite die Nachricht herein, dass eine Investoren-Gruppe um Nicolai Schwarzer bei den Löwen einsteigen will.

Kaenzig: Von den Absichten des neuen Sportdirektors Miroslav Stevic wusste ich. Aber dass Herr Schwarzer dahintersteht, hat mich auch überrascht. Was neue Geldgeber anging, agierte 1860 in den vergangenen Wochen sehr vorsichtig, aber offenbar wurde die Zurückhaltung in der akuten finanziellen Not aufgegeben.

SPOX: Ärgern Sie sich darüber?

Kaenzig: Wir haben nicht geahnt, dass sich alles so schnell entwickelt. Und wir haben nicht geahnt, dass 1860 auf eine solch schnelle Lösung angewiesen war. Aber wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, kann ich das verstehen. Wir hätten 1860 nicht in so wenigen Stunden helfen können.

SPOX: Warum nicht?

Kaenzig: Wir haben mit einigen US-amerikanischen Interessenten den Einstieg bei den Löwen geplant, wobei sie als strategische Investoren im klassischen Sinn auftreten wollten. Es wäre darum gegangen, zwischen zehn und 30 Prozent zu übernehmen und den Verein strukturell auf Vordermann zu bringen. Der Blickwinkel war demnach eher mittel- als kurzfristig.

SPOX: Worin unterscheidet sich die Schwarzer-Gruppe?

Kaenzig: Während sich der klassische Investor nur für den kommerziellen Aspekt interessiert, verfolgt Herr Schwarzer ein innovatives Modell.

SPOX: Was meinen Sie mit "innovativ"?

Kaenzig: Insofern, dass 1860 ein Darlehen zur Verfügung gestellt wurde, das dann in Spielertransfers floss - wobei die Neuzugänge nur ausgeliehen sind. 1860 muss demnach ein Darlehen abstottern für Spieler, die ihm nicht richtig gehören. Sollte dies nicht gelingen - wovon auszugehen ist - bekommt der Geldgeber Anteile am Verein.

SPOX: Das "innovativ" klingt mehr nach riskant.

Kaenzig: Der Verein hat alle Voraussetzungen, um in der Bundesliga eine wichtige Rolle zu spielen. München ist eine große, wohlhabende Stadt, der Bekanntheitsgrad von 1860 ist immens, die Fankultur und die Tradition stimmen, zudem hat der Klub mehrere Stadionoptionen. Ein Sportinvestor könnte mit wirtschaftlichem Know-how 1860 wieder auf die Beine bringen. Das Sportliche ergibt sich sowieso über kurz oder lang.

SPOX: Aber?

Kaenzig: Obwohl das Problem hauptsächlich in der Buchhaltung liegt, wurde zunächst in die sportliche Integrität eingegriffen. Stichwort Sportdirektor. Stichwort Neuzugänge. So ein Modell ist der kleinste gemeinsame Nenner in einer absoluten Notsituation. Für wen es von Vorteil ist, lass ich mal dahingestellt.

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