Der 1. FSV Mainz 05 ist die erste Mannschaft, die dem FC Bayern in dieser Saison in der Arena Punkte abknöpft. Im Interview in der Mixed-Zone sprach Kapitän Julian Baumgartlinger über den Plan der Mainzer, die körperliche sowie mentale Leistung, die Feier in der Kabine und neue Saisonziele.
SPOX: Herr Baumgartlinger, ein 2:1-Sieg in München, haben Sie sich schon gezwickt, damit Sie nicht gleich aus einem Traum aufwachen?
Julian Baumgartlinger: Nein, das nicht. Ich spür's auch immer noch, dass das alles real ist. Der Sieg kam nicht von ungefähr, er war ein hartes Stück Arbeit.
SPOX: Sie haben sehr kompakt verteidigt und den Bayern mit Kontern wehgetan. Wie sah ihr Plan aus?
Baumgartlinger: Der Plan war, die Bayern nicht zur Entfaltung kommen zu lassen, je näher sie unserem Tor kommen. Es war klar, dass die Bayern sehr viel Ballbesitz haben und tief in unsere Hälfte kommen werden mit viel Zirkulation, das haben wir auch zugelassen. Aber uns war wichtig, dass wir in den torgefährlichen Räumen da sind, dass wir sie nicht zur Grundlinie kommen lassen, weil es sonst immer brandgefährlich wird. Außerdem wollten wir, dass die Schnittstellen zu sind, wenn sie durch die Mitte kommen, und dass sie nicht mit Fernschüssen agieren können. Das ist uns bis auf das Gegentor super gelungen. Insofern haben wir alles so umgesetzt, wie wir es uns vorgenommen haben.
SPOX: Sie sind 13,8 Kilometer gelaufen, Ihre Mannschaft brachte es insgesamt auf über 125 Kilometer, das sind sieben mehr als die Bayern. War das auch ein Schlüssel zum Sieg?
Baumgartlinger: Der Laufaufwand war notwendig. Dass wir so viel weglaufen, ist für uns gegen jeden Gegner notwendig. In so einem Spiel gegen Bayern vielleicht noch mehr, weil du kaum Ballbesitz hast und keinen Meter weniger laufen kannst, weil sonst der Raum offen ist und der Ball durchgeht. Dafür steht zu viel Qualität auf der anderen Seite. Unsere Physis ist unser absolutes Plus. Aber auch unsere mentale Stärke nach dem 1:1 nicht einzubrechen und dem Druck zu erliegen, sondern sogar nochmal zurückzuschlagen, war großartig.
Julian Baumgartlingers Statistiken im Spiel gegen den FC Bayern
SPOX: Bei dieser körperlichen und mentalen Belastung hilft es sicher, wenn ein Punktgewinn oder ein Sieg winkt.
Baumgartlinger: Mit der Führung läuft es sich leichter, das stimmt. Aber man spürt die Knochen, man merkt, dass man den 20. oder 30. Sprint macht, um ein Loch zu stopfen. Wenn man aber so spielt, wie wir heute und das Spiel so ausgeht, tut man das gerne, auch am Wochenende gleich wieder.
SPOX: Es war auch immerhin noch so viel Kraft da, dass es für den Vorstoß und den Assist zum 2:1 gereicht hat. Wie haben Sie die Szene erlebt?
Baumgartlinger: Wir wussten, dass wir nicht so oft in die gegnerische Hälfte kommen werden. Aber uns war auch klar, dass wenn wir die erste Gegenpressingwelle mal überspielen, wir auch selbst vors Tor der Bayern kommen können. Brosi (Anm. der Red: Daniel Brosinski) war noch frisch und hat sich über außen gut durchgetankt, ich wollte ihn unterstützen und eine Anspielstation bieten. Ich glaube, ich war auch die einzige. (lacht) Dann habe ich versucht, etwas aus der Situation zu machen. Die Drehung hat funktioniert und ich habe gesehen, dass sich Jhon (Cordoba) gut nach hinten fallen lässt. Es hat einfach viel zusammengepasst, aber nur so kann man gegen Bayern gewinnen. Die wenigen Chancen müssen sauber über drei, vier Stationen ausgespielt werden und der Abschluss muss passen, sonst wird man hier nie punkten.
SPOX: Was war in der Kabine los?
Baumgartlinger: Es war gar nicht so wild. Wir hatten kein Bier in der Kabine, sondern nur einen Regenerationsdrink. Der hat aber auch geschmeckt.
SPOX: Da können wir Sie beruhigen. Der Busfahrer hat schon fürs Bier gesorgt.
Baumgartlinger: Ah, okay. Vielleicht werden wir dann ja nochmal auf den Sieg anstoßen.
SPOX: Allzu lange können Sie ohnehin nicht feiern, am Sonntag steht das nächste Heimspiel gegen Darmstadt an. Besteht die Gefahr, nach dem Highlight in München an der Favoritenrolle gegen den Aufsteiger zu scheitern?
Baumgartlinger: Wir haben schon die ganze Rückrunde über einen sehr guten Spirit in der Mannschaft. Außerdem ist unser Stadion eine Festung im Moment. Da wollen wir wieder den Fußball spielen, den wir auch gegen Leverkusen gezeigt haben. Es wird ein anderes Spiel als heute, wir werden sicherlich mehr Ballbesitz haben, aber wir werden wieder topfit sein. Wir haben dieses Mal ein paar Neue gebracht und der Trainer kann auch am Sonntag ein, zwei neue Impulse setzen. Wir sind gut aufgestellt.
SPOX: Nach 24 Spieltagen steht Mainz auf Platz 5. Die 40 Punkte hat die Mannschaft noch nicht ganz erreicht...
Baumgartlinger: Gott sei Dank, sonst müsste ich was anderes sagen als sonst.
SPOX: Aber bei 39 müssen wir über die 40er Marke nicht mehr reden, oder?
Baumgartlinger: Doch, deswegen kann ich's ja noch sagen, weil's noch ein Punkt bis 40 ist.
SPOX: Auch mit 39 Punkten steigt man nicht ab.
Baumgartlinger: Das Saisonziel war jetzt erstmal 40 und das behalten wir jetzt bei, bis es soweit ist. Wenn wir das erreicht haben, können wir uns neue Ziele setzen. Lange können wir uns dahinter eh nicht mehr verstecken, aber noch ist es gut so.
Julian Baumgartlinger im Steckbrief