Jann-Fiete Arp hat mit offenen Worten über seine Zeit beim FC Bayern München und den Wirbel um seinen Abschied vom Hamburger SV gesprochen. Dabei schilderte der 21-Jährige auch, wie sehr ihn die Situation belastete.
"Ich hatte kein Selbstvertrauen, keine Spielpraxis, keine Kontinuität, war mental nicht stark genug. Mich hat es dann irgendwann zerdrückt", sagte Arp in einem 11Freunde-Interview über seine Zeit beim Rekordmeister. Er könne im Nachhinein nicht sagen, ob er den Schritt noch einmal machen würde. "Trotz allem bin ich froh darüber, weil mir der Verein Dinge ermöglicht hat, die vielen anderen Spielern verwehrt bleiben. Insofern: Ich bereue den Wechsel nicht."
Doch schon seine Ankunft im Sommer 2019 stand in seinen Augen unter keinem guten Stern. "Ich kam als Niemand zum FC Bayern. Nicht mal mehr als aufstrebender Bundesligaspieler, sondern als Zweitligaspieler, der zwischen Reservisten- und Rotationsrolle gewippt hat", erinnerte sich Arp, der für drei Millionen Euro Ablöse zum FCB gewechselt war.
Die Entscheidung für den Schritt war allerdings schon ein Jahr zuvor gefallen. "Es gab eine flexible Wechselzeit, die mir Entscheidungshoheit gab, weil ich wirklich beim HSV bleiben wollte, um den direkten Wiederaufstieg zu schaffen", sagte Arp. Der HSV hatte damals eine Vertragsverlängerung bekannt gegeben. "Wie das letztlich öffentlich kommuniziert wurde, war dann sehr unglücklich. Bei vielen Menschen in Hamburg war ich damit unten durch. Trotzdem ist es nicht so einfach, wie es oft dargestellt wurde."
In München habe er dann trotz einer "Bomben-Vorbereitung" einen ersten Rückschlag erlitten, als ihn Trainer Niko Kovac nicht in den Kader für das erste Pflichtspiel im DFB-Pokal bei Energie Cottbus berief. Unter Kovacs Nachfolger Hansi Flick spielte Arp dann bei den Profis kaum noch eine Rolle und kam stattdessen für die zweite Mannschaft zum Einsatz.
gettyArp über FC Bayern: "War keine einfache Zeit"
"Das war keine einfache Zeit", berichtete Arp. "Immer erst am Abend entschied sich, ob ich am nächsten Tag mit der ersten oder der zweiten Mannschaft trainieren würde. Ich musste mein Zeug jeden Tag mit nach Hause nehmen, weil ich keine eigene Kabine hatte. In der Zweiten musste ich beweisen, dass ich nicht der arrogante Profi bin, in der Ersten musste ich zeigen, dass ich nicht der Typ bin, der am Wochenende die kicker-Note Fünf gegen Halle bekommen hatte."
In der folgenden Saison konzentrierte sich der Angreifer freiwillig nur auf die zweite Mannschaft. Den Abstieg aus der 3. Liga in die Regionalliga konnte er aber auch nicht verhindern, beim Saisonfinale fehlte Arp sogar im Kader. "Das war ein Schlag in die Magengrube", so der Angreifer. "Danach befand ich mich in einer Sackgasse: Es war klar, dass ich mit meinem Vertrag nicht in die Regionalliga mitgehen würde", erklärte Arp.
Sein Vertrag beim FC Bayern läuft noch bis 2024, die aktuelle Leihe an Holstein Kiel bezeichnete Arp als "Sechser im Lotto" und fügte an: "Ganz ehrlich: Nichts gegen die Stadt oder den Verein, aber ich habe mich schon in Meppen gesehen."
Zugleich gab Arp auch einen Einblick in sein Seelenleben: "Man kann sich auch mit sehr viel Geld alleine fühlen. Erzählen darf ich das aber nicht. Wenn ich sage, es geht mir schlecht, ich habe Schlafprobleme oder bin sonst wie schwach, dann heißt es: Ja, aber der verdient ja so viel Geld."
gettyHype machte Arp zu schaffen: "Starrte die Bäume an"
Dem jüngsten HSV-Torschützen in der Bundesliga machte auch der frühe Hype um seine Person zu schaffen. Als ihn in der Schule Fünftklässler in der Cafeteria nach Autogrammen gefragt hätten, habe es angefangen zu nerven, meinte Arp: "Ich war nicht mehr der Typ aus der Oberstufe, der gut kicken konnte, sondern der HSV-Spieler. Hatte ich mal einen Scheißtag, war ich der arrogante Fußballer. Meine Lehrer kamen auf mich zu, fragten, was ich für ein Gefühl für den Samstag hätte. Packen wir den Klassenerhalt? In der Summe wurde das irgendwann sehr anstrengend. Die Schule war eigentlich der letzte soziale Umgang, den ich abseits vom Fußball noch hatte und das ist dann Stück für Stück auch noch davon aufgefressen worden."
Den Abstieg des HSV 2018 habe er zweimal durchlebt: "Als Fan und als Spieler", berichtete Arp: "Ich habe zwei Tage das Haus meiner Eltern nicht verlassen, lag mit runtergelassenen Rollos unter der Bettdecke. Dann habe ich gesagt: Ist doch alles scheißegal." Er buchte spontan einen Flug nach Kanada. "Da angekommen, setzte ich mich allein in ein Waldhäuschen, starrte die Bäume an und fragte mich, was eigentlich falsch gelaufen ist. Das war schön."
In der Zwischenzeit komme er besser damit zurecht, im Fokus der medialen Berichterstattung zu stehen. "Wenn ich mich heute mal belohnen will, muss ich das aktiv zulassen", erklärte Arp. "Nach jedem schlechten Spiel schmeiß ich das Handy in die Ecke."