"Pep spielt ein Machtspiel"

Andreas LehnerBen Barthmann
30. August 201619:52
Joe Hart fand in Pep Guardiola bei Manchester City keinen Unterstützergetty
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Pep Guardiola übernimmt Manchester City und bootet mit Joe Hart direkt einen Publikumsliebling aus. Der Wechsel zum FC Turin steht unmittelbar bevor. Hat das wirklich sein müssen? Zwei Redakteure diskutieren im SPOX-Kopfballpendel.

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Von Andreas Lehner

Wo kommt plötzlich diese große Fangemeinde für Joe Hart her? Vor zwei Monaten rang ganz England nach Harts Fehler im EM-Achtelfinale gegen Island um Fassung. Das restliche Europa machte sich über einen weiteren Patzer eines englischen Nationaltorhüters lustig.

Als feststand, dass Pep Guardiola Manchester City übernimmt, war klar, dass Hart einer der ersten Streichkandidaten sein wird. Hart passt nicht zum Stil Guardiolas und er ist fehleranfällig - vor allem in wichtigen Spielen. Der 29-Jährige neigt dazu, es zu sehr zu wollen und dann zu verkrampfen. Es ist auch eher nicht zu erwarten, dass er seine Schwächen in diesem Alter noch in den Griff bekommt.

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Hart ist kein fürchterlicher Keeper, aber er ist kein Mann für höchste Ansprüche und die hat ein Trainer des Formats Guardiola nunmal. Schließlich ist er von Manchester City geholt worden, um den Verein auf das nächste Level zu hieven. Die Citizens wollen international eine große Nummer werden und dazu muss ein Henkelpott her.

Dass Guardiola keine Garantie auf den Gewinn der Champions League ist, hat seine Zeit in München gezeigt. Aber wenn ein Verein einen Trainer verpflichtet, muss er ihm auch vertrauen. Guardiola ist dazu da, Entscheidungen zu treffen. Im Leistungssport fallen diese nicht immer zum Wohle des Einzelnen aus.

Guardiola kann keine Rücksicht darauf nehmen, ob Hart aus der Jugend von Mancherster City stammt, oder was er in den vergangenen Jahren für den Verein geleistet hat. Er muss eine Ist-Analyse vornehmen und diese mit seinen Vorstellungen abgleichen. Hart hat diesen Test (erwartungsgemäß) nicht bestanden.

Schon in Barcelona hat Guardiola zu Beginn seiner Amtszeit unpopuläre Maßnahmen getroffen und quasi als erste Amtshandlung Ronaldinho und Deco aussortiert. Er hat sich damals auch auf ein "gewisses Gefühl" berufen, er wollte einen Neuanfang. Ob sich dieser Mut auszahlt oder nicht, ist im Vorfeld nicht abzusehen. Aber bei Guardiola hat diese Art Methode. In Barcelona folgte das Aus von Samuel Eto'o. In München war bald für Mario Mandzukic, Dante und Bastian Schweinsteiger kein Platz mehr.

Hart zu verkaufen, ist damit folgerichtig. Denn Hart wäre keine gute Wahl als zweiter Keeper, dazu war er zu lange die Nummer eins. Diskussionen sind in einem solchen Fall programmiert. Und wer Guardiola drei Jahre lang in München erlebt hat, weiß, dass er kaum mehr hasst, als Debatten über einzelne Personalien. Er hat die Entscheidung getroffen, er weiß, dass er sich damit auch unter Druck setzt. Bravo wird liefern müssen. Aber Guardiola ist bereit, sich diesem Druck zu stellen.

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Von Ben Barthmann

Pep Guardiola hat mehr Ahnung als ich. Wenn er sagt, dass Joe Hart seinen Ansprüchen im Tor der Citizens nicht gerecht wird, dann glaube ich das. Er hat genauere Infos über die Leistung Harts im Spiel, er hat mehr Zahlen, mehr Analysen von Mitarbeitern und ein besseres Auge als ich für solche Details.

Ich als Amateur-Trainer bin da ganz ehrlich: Am Wochenende bin ich froh, wenn meine Mannschaft jemanden findet, der sich für andere 90 Minuten in den Dreck wirft. Da kann ich nicht drüber diskutieren, ob jetzt Torhüter A oder Torhüter B besser mit Ball am Fuß ist oder nicht. Das ist Guardiolas Job, nicht meiner.

Gelegentlich frage ich mich dann aber doch, wie viel Auswirkungen die Position des Torwarts eigentlich hat. Okay, Joe Hart ist nicht gut mit dem Fuß, er ist kein Manuel Neuer und auch kein Marc-Andre ter Stegen. Er ist aber auch kein Oliver Kahn, dem der Ball ein einziger Feind gewesen schien.

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Guardiola ist Perfektionist und will jedes noch so kleine Detail kontrollieren. Das macht ihn so verdammt gut und deshalb muss Hart weg. Doch wenn ich, wie bei derartigen Entscheidungen vielleicht ratsam, eine Pro-und-Contra-Liste aufstellen würde, würde doch die Pro-Seite Harts überwiegen.

Contra: Joe Hart ist schlecht mit dem Ball. Joe Hart ist kein "Sweeper Keeper". Pro: Joe Hart ist im besten Torwart-Alter. Joe Hart ist solide bis gut im klassischen Torwartspiel. Joe Hart ist ein Homegrown-Player. Joe Hart ist Engländer. Joe Hart ist Führungsspieler. Joe Hart ist Publikumsliebling.

Ist Harts Spiel mit dem Ball am Fuß wirklich der Grund? Ich glaube nicht. Willy Caballero machte das in seinen Einsätzen nicht viel besser. Claudio Bravo ist ein Update, klar, aber wer jahrelang Jose Manuel Pinto als B-Torwart aufstellte, sollte sich über Hart eigentlich keine Gedanken machen.

Pep spielt ein Machtspiel, will sich und seinen Fußball mit allen Mitteln etablieren und stolpert, meiner Meinung nach, über seinen eigenen Dickkopf. Hart wird nicht alles einreißen, was Pep aufbaut. Ich gehe sogar weiter: Guardiola würde Hart schon zu einem, auch in seinen Augen, ordentlichen Torwart machen. Er will nur nicht.

Joe Hart im Steckbrief